12.11.2020 | Bau & Immobilien | ID: 1075539

COVID-19-Pandemie: Auswirkungen auf die Immobilienbewertung

Astrid Grantner-Fuchs

Die Corona-Krise hat auch auf dem Immobilienmarkt Spuren hinterlassen. Mag. Astrid Grantner MSc MRICS hat sich mit den aktuellen Marktentwicklungen auseinandergesetzt und erläutert, welche Folgen die COVID-19-Pandemie auf die Immobilienbewertung hat.

Im Rahmen einer Immobilienbewertung erfolgt in einem ersten Schritt eine eingehende Analyse und Prüfung einer Liegenschaft nach ihren wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Gegebenheiten. Für die richtige Feststellung des Verkehrswertes sind weiters profunde Kenntnisse des Gutachters über das spezifische Immobilienmarktsegment mit seinen aktuellen, zum Stichtag relevanten Marktdaten und Kennzahlen eine Grundvoraussetzung. Die Ergebnisse aus Liegenschaftsanalyse, Marktkenntnis sowie Erfahrungssätzen des Gutachters fließen letztlich in eine fundierte Verkehrswertermittlung ein. Die COVID-19-Pandemie stellt nunmehr auch die Immobilienbewertung vor neue Herausforderungen.

Fehlende Marktevidenz

Seit der Finanzkrise vor mehr als 10 Jahren hatte die Dynamik an den Immobilienmärkten – nicht nur in Österreich, sondern auch international – deutlich zugenommen. Die Preisentwicklungen der vergangenen Jahre waren in vielen Assetklassen von laufend sinkenden Immobilienrenditen geprägt. Meldungen über Höchstpreise, die erzielt wurden, prägten den Markt. Völlig unerwartet hat die Corona-Krise dieses Immobilienmarktgeschehen im März 2020 abgebremst, und kurzfristig sogar völlig zum Stillstand gebracht. Für die Immobilienbewertung ergibt sich daraus eine erhebliche Herausforderung, da ein richtiges Bewertungsergebnis wesentlich auf aktueller Marktevidenz aus abgeschlossenen Transaktionen oder Mietverträgen beruht. Zwischenzeitlich haben sich verschiedene Assetklassen durchaus unterschiedlich entwickelt – so weisen der Bereich der Wohnimmobilien, oder auch der Wiener Zinshausmarkt, bereits wieder deutlich gestiegene Marktaktivitäten auf, da Investments in diesen Segmenten als besonders robust, stabil und langfristig werthaltig eingeschätzt werden.

Auswirkungen auf die Immobilienbewertung

Eine Einschätzung der künftigen Auswirkungen dieser Krisensituation kann derzeit nicht vollumfänglich getroffen werden. Wir befinden uns weiterhin mitten im Geschehen. Die Rahmenbedingungen, im Hinblick auf Beschränkungen im täglichen Leben, Reisewarnungen sowie Regelungen für die Wirtschaft, ändern sich in Österreich und international laufend, und ziehen erhebliche Folgeeffekte nach sich. Einige generelle Trends werden zwar – differenziert je nach Assetklasse – von vielen Marktteilnehmern durchaus ähnlich eingeschätzt, in der Immobilienbewertung stehen jedoch das einzelne Objekt und der spezifische Standort mit dem lokalen Marktumfeld im Fokus.

In der Wertermittlung sind sowohl kurzfristige, als auch mittel-bis langfristige Auswirkungen zu berücksichtigen. Kurzfristig sind Auswirkungen auf den erwarteten Ertrag möglich. Mietausfälle, Mietreduktionen und Stundungsvereinbarungen beeinflussen Höhe und Zeitpunkt künftiger Cashflows. Darüber hinaus kann es durch erschwerte Vermarktungsbedingungen zu verlängerten Leerstandsphasen kommen. Derartige kurzfristige, temporäre Effekte lassen sich in der Wertermittlung klar darstellen. Mittel- bis langfristige Auswirkungen, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Miet- und Renditeniveaus, sind offen und können lediglich in Szenarien oder Sensitivitätsanalysen abgebildet werden.

Fazit

Höchste Marktkompetenz in der Immobilienbewertung ist wichtiger denn je, um die weiteren Marktentwicklungen richtig, und vor allem bezogen auf das konkrete Objekt, zu interpretieren. Der objektiven und neutralen Gutachtersicht kommt gerade jetzt eminente Bedeutung zu: Risiken dürfen weder übersehen, aber auch nicht, zB durch pauschale Abwertungen, falsch bewertet werden.

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