03.08.2022 | Wohnrecht | ID: 1120049

Neuerungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG)

Andrea Weisert

Aufgrund einiger Unklarheiten in der Praxis schien es notwendig, das WGG anzupassen, was Ende Juni 2022 erfolgte. Lesen Sie mehr zur WGG-Novelle im Gastbeitrag von RA Dr. Andrea Weisert.

Wichtigste Änderung ist jene in Zusammenhang mit dem Weiterverkauf bzw Vermietung einer erworbenen Genossenschaftswohnung.

Ankauf von Genossenschaftswohnungen

Genossenschaftswohnungen können unter bestimmten Voraussetzungen an bisherige Mieter verkauft werden, wobei seit der WGG-Novelle 2019 Mieter sogar – ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen – einen Anspruch auf eine nachträgliche Übertragung haben (§§ 15b, 15c WGG). Damit jedoch verhindert werden kann, dass Genossenschaftswohnungen, die relativ günstig erworben werden können, in Kürze weiterverkauft werden, wurde mit der WGG-Novelle 2016 ein Vorkaufsrecht zugunsten der gemeinnützigen Bauvereinigungen für einen Zeitraum von 10 Jahren geschaffen. Durch die WGG-Novelle 2019 wurden die Spekulationsfrist von 10 Jahre auf 15 Jahre erweitert.

Vorkaufsrecht der Genossenschaft

Ein Vorkaufsrecht bedeutet im Bereich des WGG, dass jemand, der von der Bauvereinigung nachträglich eine Wohnung oder Geschäftsräumlichkeiten in sein Eigentum übertragen hat lassen (Miteigentum, Wohnungseigentum) bei einer Weiterübertragung innerhalb der Spekulationsfrist, der gemeinnützigen Bauvereinigung die Differenz aus dem Verkehrswert, zu dem er selbst die Wohnung erworben hat, und dem Preis, zu dem er die Wohnung nun weiterveräußern will, zu bezahlen hat.

Das Vorkaufsrecht wird bei Rechtsgeschäften unter Lebenden ausgelöst, dh bei einem Weiterverkauf, bei einer Schenkung (auch Schenkung auf den Todesfall), etc.

Begünstigte Weitergaben sind nach wie vor von der Spekulationsfrist ausgenommen, diese liegen dann vor, wenn die Übertragung unter Lebenden erfolgt, wobei die Übertragung an den Ehegatten, eingetragenen Partner, Verwandte in gerader Linie, einschließlich Wahlkinder oder Geschwister, sowie den Lebensgefährten erfolgt. Hier liegt eine Weiterübertragung vor, die die Spekulationsfrist nicht auslöst.

Vermietung von erworbenen Genossenschaftswohnungen

Durch die WGG-Novelle 2019 wurde eine weitere Bestimmung, die mit dem Erwerb von Genossenschaftswohnungen in Zusammenhang steht, eingeführt (§ 15h WGG), wonach auch hinsichtlich etwaiger Vermietungen eine Schranke für die Erwerber einer Genossenschaftswohnung gesetzt wurde. Damit sollte auch die Spekulation mit Genossenschaftswohnungen verhindert werden.

§ 15h WGG normiert, dass Wohnungen, die nachträglich in das Eigentum eines bisherigen Mieters übertragen werden (durch Erwerb dieser Wohnung) für einen Zeitraum von 15 Jahren ab Abschluss des ersten Kaufvertrages, in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen. Dies bedeutet aber auch, dass Erwerber von Genossenschaftswohnungen, die diese vermieten wollen, an den Richtwertmietzins gebunden sind und keinen entsprechend angemessenen Mietzins für ihre Wohnungen verlangen können.

Fallvariante: Nichtmieter erwirbt Eigentum von einer Genossenschaft

Die nicht geplante Lücke, dass die oben erwähnten Einschränkungen auch gelten sollen, wenn nicht nachträglich Eigentum von der Genossenschaft erworben wird (so zum Beispiel, wenn der bisherige Mieter nach der Wartefrist die Wohnung anwirbt), sondern eben auch, wenn unmittelbar von der Genossenschaft erworben wird, wurde nunmehr durch die Novelle 2022 geschlossen.

Vor allem war die Entwicklung zu beobachten, dass WGG begünstigte Käufe von den Erwerbern nicht zu einer dauernden eigenen Wohnversorgung, sondern spekulativ zu gewinnmaximierenden Weiterveräußerungen genutzt worden sind. Derartige Spekulationskäufe widersprechen aber den Zielsetzungen der Wohnungsgemeinnützigkeit und sollten daher auch verhindert werden.

Es sollte daher in Analogie zu den bereits geltenden Vorschriften bei nachträglichem Eigentumserwerb, nun auch für sofortige Eigentumsübertragungen normiert werden, dass eine WGG rechtliche Preisbegünstigung im Zeitpunkt des Eigentumserwerbes, sohin der Differenzbetrag zwischen Verkehrswert und tatsächlichem Kaufpreis, im Falle einer Weiterveräußerung an nicht begünstigte Personen binnen 15 Jahren zu einer Nachbesserungspflicht führt, die mit Hilfe eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes zugunsten der gemeinnützigen Bauvereinigung grundbücherlich abzusichern ist.

Auch die Rechtsfolgen des vorher zitierten § 15h WGG sollen zur Anwendung gelangen, wonach binnen eines Zeitraumes von 15 Jahren ab Abschluss des ersten Kaufvertrages im Fall einer Vermietung der Vollanwendungsbereich des MRG gilt (sohin Vermietung nur zum Richtwertmietzins).

Durch die Novelle erfolgte nun eine Erweiterung auf „errichtete oder finanzierte Wohnungen, die sofort in das Eigentum übertragen werden“.

Fazit

Grundsätzlich bedeutet dies, dass bei Erwerb einer Genossenschaftswohnung, ob nun von einem bisherigen Mieter oder direkt von der Genossenschaft ohne vorheriges Mietverhältnis, eine Spekulationsfrist von 15 Jahren zu beachten ist (Weiterübertragung an Nichtbegünstigte innerhalb von 15 Jahren führt zu einer Nachbesserung des Kaufpreises, der an die Genossenschaft zu bezahlen ist) und dass Wohnungen, innerhalb dieses Zeitraumes auch nur gemäß dem Vollanwendungsbereich des MRG weitervermietet werden können.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.

www.weisert.at

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