12.10.2021 | Öffentliche Verwaltung | ID: 1101705

Kündigung oder Entlassung bei Impf- oder Testverweigerung?

Katrin Korak-Kohl

Können Vertragsbedienstete gekündigt werden, wenn sie sich weigern sich impfen oder testen zu lassen? Kann eine falsche Angabe zum Impfstatus bei einer Bewerbung einen Entlassungsgrund darstellen? Informieren Sie sich hierzu in diesem Beitrag.

Unwahre Angaben zum Impfstatus bei der Bewerbung als Kündigungs-/Entlassungsgrund

Beim Impfstatus handelt es sich um gesundheitliche Daten, an deren Geheimhaltung die Dienstnehmer grundsätzlich ein besonders geschütztes Interesse haben.

In Fällen, in denen die Interessen des Dienstgebers die Geheimhaltungsinteressen des Dienstnehmers überwiegen, wird eine wahrheitsgemäße Auskunftspflicht angenommen.

Eine falsche Auskunft könnte in diesem Fall den Dienstgeber zur Entlassung und/oder zur Kündigung berechtigen.

Als Entlassungstatbestand kommt insbesondere § 34 Abs 2 lit a VBG in Betracht, wonach ein zur Entlassung berechtigender wichtiger Grund vorliegt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Vertragsbedienstete die Aufnahme in das Dienstverhältnis durch unwahre Angaben, ungültige Urkunden oder durch Verschweigen von Umständen erschlichen hat, die seine Aufnahme nach den Bestimmungen dieses Gesetzes oder anderer Vorschriften ausgeschlossen hätten.

Weiters könnte auch die Vertrauensunwürdigkeit des Dienstnehmers iSd § 34 Abs 2 lit b VBG als Entlassungsgrund herangezogen werden.

Kündigung wegen Impfverweigerung

Zumal bisher keine gesetzliche Impfpflicht vorgesehen ist, ist die Weigerung sich impfen zu lassen an sich nicht rechtswidrig bzw müsste eine diesbezügliche Weisung des Dienstgebers als rechtwidrige Weisung vom Dienstnehmer nicht befolgt werden.

Ob die Impfverweigerung ungeachtet dessen einen der in § 32 VBG angeführten Kündigungsgründe verwirklichen kann, lässt sich (noch) nicht eindeutig beantworten.

Infrage kämen allenfalls die Kündigungsgründe des § 32 Abs 2 Z 1 (gröbliche Dienstpflichtverletzung), Z 2 (der Dienstnehmer erweist sich für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben als gesundheitlich ungeeignet) oder Z 6 (Vertrauensunwürdigkeit).

Im allgemeinen Arbeitsrecht wird nach herrschender Meinung die Möglichkeit der Anfechtung einer Kündigung wegen Impfverweigerung wegen Sittenwidrigkeit argumentiert.

Ob eine Kündigung sittenwidrig ist, richtet sich nach der geltenden Rechtsprechung nach ihrem Beweggrund. Ob dieser sittenwidrig ist, ist nach den zu § 879 ABGB herausgebildeten Grundsätzen zu beurteilen. Eine sittenwidrige Kündigung kann nur dann angenommen werden, wenn der AG von seinem Kündigungsrecht aus gänzlich unsachlichen und insbesondere aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu missbilligenden Motiven, etwa wegen des Religionsbekenntnisses oder der politischen Einstellung des AN, Gebrauch gemacht hätte.

Bei der Frage, ob ein unsachlicher und damit sittenwidriger Beweggrund vorliegt, wird es im Wesentlichen darauf ankommen, welche Tätigkeiten der betroffene Dienstnehmer verrichtet, ob mit seiner Tätigkeit der Kontakt mit anderen Menschen – und wenn ja, in welchem Ausmaß - verbunden ist, bzw ob ein Kontakt mit so genannten vulnerablen Personengruppen verbunden ist. Wenn dies der Fall ist und durch die Kündigung eines nicht geimpften Dienstnehmers Schäden im Betrieb hintangehalten werden können, könnte eine sachliche Rechtfertigung/ein sachlicher Beweggrund angenommen werden, der die Kündigung rechtfertigt.

Eine Kündigung aufgrund der Weigerung des Dienstnehmers sich impfen zu lassen könnte auch als verpöntes Motiv die Kündigung anfechtbar machen.

Zu beachten ist aber auch, dass der Dienstgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verpflichtet ist, zunächst sämtliche gelinderen Schutzmaßnahmen auszuschöpfen.

Aktuelle Rechtsprechung zur Kündigung wegen Testverweigerung

In der am 28.09.2021 veröffentlichten Entscheidung zu GZ 8 ObA 42/21s vom 14.09.2021 nimmt der Oberste Gerichtshof erstmals zur Frage Stellung, ob eine Kündigung wegen der Weigerung des Dienstnehmers sich einmal wöchentlich einem Corona-Test zu unterziehen, rechtswirksam war. Der Dienstgeber, der Betreiber eines Alten- und Pflegeheimes, hat auf Basis der damals in Geltung gestandenen Covid-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBI II. 2020/479, den Dienstnehmer, einen angestellten Diplomkrankenpfleger, angewiesen sich einmal wöchentlich testen zu lassen und den Dienstnehmer aufgrund dessen Weigerung gekündigt. Der Dienstnehmer hat die Kündigung wegen eines verpönten Motivs angefochten.

Der Oberste Gerichthof hat klargestellt, dass Dienstgeber und Dienstnehmer an die in der Verordnung vorgesehenen Schutzmaßnahmen gebunden sind.

Eine bei einem Grundrechtseingriff gebotene Interessenabwägung wegen der Schutzbedürftigkeit der in einer Pandemie besonders vulnerablen Heimbewohner jedenfalls zugunsten der Testpflicht ausfallen müsse. Die Rechtswirksamkeit der Kündigung wurde bestätigt.

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