16.10.2023 | Arbeitsrecht | ID: 1147409

Verjährung von Urlaubsansprüchen und „Urlaubssorgepflicht“

Sylvia Unger

Gastautorin Mag. Sylvia Unger erläutert eine aktuelle OGH-Entscheidung zum Thema Verjährung von Urlaubsansprüchen und sog „Urlaubssorgepflicht“ des Dienstgebers. Worauf müssen Unternehmen unbedingt achten?

Hintergrund

Ein Dienstnehmer wurde durch den Dienstgeber gekündigt. Er hatte aus den rund 17 Jahren davor Urlaubstage noch nicht verbraucht. Sein Dienstgeber forderte ihn nie auf, seinen Urlaub zu verbrauchen, und wies auch nicht auf die drohende Verjährung hin. Aufgrund der vom Dienstgeber angenommenen Verjährung wurde nur ein Teil der Urlaubsersatzleistung ausbezahlt.

Der Dienstnehmer klagte daraufhin auf weitere Urlaubsersatzleistung und Verzugszinsen. Der Dienstgeber vertrat die Rechtsansicht, dass der nicht ausbezahlte Urlaub bereits verjährt sei.

Entscheidung des OGH

Gem Urlaubsgesetz (UrlG) hat der Dienstnehmer einen jährlichen Urlaubsanspruch von zumindest 30 Werktagen. Gem § 4 Abs 5 UrlG verjährt dieser Urlaubsanspruch nach Ablauf von 2 Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist. Die Übertragung von nicht konsumierten Urlaubsansprüchen auf die folgenden Urlaubsjahre ist nur so lange möglich, wie sie nicht verjährt sind. Für den tatsächlichen Verbrauch des Urlaubs stehen damit insgesamt 3 Jahre zur Verfügung.

Bei Beendigung des Dienstverhältnisses gebührt dem Dienstnehmer nach § 10 Abs 3 UrlG für den nicht verbrauchten Urlaub aus vorangegangenen Urlaubsjahren eine Ersatzleistung in der Höhe des noch ausständigen Urlaubsentgelts, soweit der Urlaubsanspruch noch nicht verjährt ist.

Der OGH hat nun (in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, EuGH) geurteilt, dass dem Dienstgeber eine „Urlaubssorgepflicht“ trifft. Dh, der Dienstgeber muss den Dienstnehmer auffordern, seinen Urlaub zu verbrauchen oder ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass sein Urlaub am Ende des zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn dieser nicht konsumiert wird. Der Dienstnehmer muss in die tatsächliche Lage versetzt werden, seinen bezahlten Jahresurlaub nehmen zu können. Der Dienstgeber könnte sich sonst seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten gegenüber dem Dienstnehmer entziehen und wäre durch den Urlaubsverfall auch bereichert.

Der Urlaubsanspruch des Dienstnehmers kann daher nicht verjähren, wenn der Dienstgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Dienstnehmer nicht nachkommt.

To-Do für Dienstgeber

Daher ist darauf zu achten, die Dienstnehmer regelmäßig aufzufordern, ihre Urlaube zu verbrauchen und sie klar und rechtzeitig auf die drohende Verjährung ihrer Urlaube zum Ende des Übertragungszeitraumes hinzuweisen. Andernfalls verjähren die Urlaubsansprüche der Dienstnehmer nicht. Bei allfälliger Beendigung des Dienstverhältnisses ist in diesem Fall Urlaubsersatzleistung mit der Endabrechnung auszubezahlen.

Autorin

Mag. Sylvia Unger ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien und langjährige WEKA-Autorin. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Liegenschafts- und Mietrecht, AGB uvm.

Link auf die Kanzlei: 

https://www.unger-rechtsanwaelte.at/

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