23.06.2022 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1117079

Wochenruhe und Ersatzruhe – Beispiele aus der Praxis

Johann Schöffthaler

Gastautor Johann Schöffthaler, BA MA, erläutert hierzu die Probleme in der Praxis. Wann besteht Anspruch auf Ersatzruhe und worauf müssen Unternehmen achten, damit kein Verstoß gegen die Arbeitsruhe vorliegt?

Wenn man sich über diese Begriffe informieren will, bekommt man stets folgende gleichlautende Antworten von Interessensvertretungen.

Wirtschaftskammer:

Arbeit an Wochenenden: Wird die Normalarbeitszeit überschritten, liegen Überstunden mit Zuschlag vor. Kollektivverträge sehen oft erhöhte Zuschläge für Arbeit am Wochenende vor. Anstelle der Wochenendruhe hat der Arbeitnehmer Anspruch auf 36 Stunden Wochenruhe in derselben Woche. Wird der Arbeitnehmer auch während der Wochenruhe beschäftigt, gebührt ihm Ersatzruhe in der folgenden Arbeitswoche. Diese wird auf die Arbeitszeit angerechnet.

Kammer für Arbeiter und Angestellte:

Wochenruhe: ArbeitnehmerInnen, die im Rahmen der Normalarbeitszeit erlaubterweise am Wochenende arbeiten, haben statt dem Wochenende während der Woche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden (Wochenruhe). Die Wochenruhe muss einen ganzen Kalendertag einschließen.

Ersatzruhe: Wochenendruhe und Wochenruhe nennt man wöchentliche Ruhezeit. Der Arbeitnehmer, der während seiner wöchentlichen Ruhezeit beschäftigt wird, hat Anspruch auf Ersatzruhe.

Diese Ersatzruhe ist im Ausmaß der während der wöchentlichen Ruhezeit geleisteten Arbeit, die innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche erbracht wurde, zu gewähren. Sie muss unmittelbar vor dem Beginn der folgenden Wochen(end)ruhezeit liegen, soweit kein anderer Zeitpunkt vereinbart wurde.

Die Ersatzruhe ist auf die Arbeitszeit jener Woche anzurechnen, in der sie konsumiert wird.

Probleme in der Praxis zur Wochenruhe

Die Probleme fangen an, wenn nicht klar ist, welcher Teil der Kalenderwoche zur Wochenruhe zu zählen ist, da diesbezügliche Aufzeichnungen in den meisten Betrieben schlichtweg fehlen und somit die Auslegung des Gesetzgebers heranzuziehen ist, welcher die Lage sehr begrenzt.

Die Schwierigkeit liegt in der Definition des Begriffes Wochenruhe sowie Ersatzruhe und deren Schutzziele, dadurch kommt es oft zu Irritationen.

Unterscheidung Wochenendruhe – Wochenruhe

Die Arbeitswoche im Sinne des § 6 ARG beginnt nicht am Montag um null Uhr, sondern mit der Wiederaufnahme der Arbeit nach Ende der vorgesehenen Wochenruhezeit. Entscheidend ist also, wann die nächste Arbeitswoche beginnt, um festzustellen, wann zB Anspruch auf Ersatzruhezeiten bestehen und somit der Zeitraum der Wochenruhe klar erkennbar ist.

Die normale (regelmäßige) betriebliche Arbeitseinteilung muss aufgrund der Bestimmungen des ARG für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer entweder

  • Wochenendruhe (ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat, § 3 ARG) oder
  • Wochenruhe (Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden pro Kalenderwoche, die einen ganzen Wochentag einzuschließen hat, § 4 ARG) vorsehen.

Verstoß gegen die Arbeitsruhe

Ist eine solche vorher bestimmte Arbeitszeiteinstellung für eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer nicht getroffen worden, so liegt ein Verstoß gegen die Arbeitsruhe im Sinne des § 27 ARG und damit Verwaltungsstrafbarkeit vor:

  • § 24 ARG: Der Arbeitgeber hat an einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugänglichen Stelle einen Aushang über den Beginn und das Ende der wöchentlichen Ruhezeit gut sichtbar anzubringen oder den Arbeitnehmern mittels eines sonstigen Datenträgers samt Ablesevorrichtung, durch geeignete elektronische Datenverarbeitung oder durch geeignete Telekommunikationsmittel zugänglich zu machen.
  • § 25 Abs 1 ARG: Der Arbeitgeber hat zur Überwachung der Einhaltung der Ruhezeiten Aufzeichnungen über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung aller während der Wochenend-, Wochen-, Ersatz- oder Feiertagsruhe beschäftigten Arbeitnehmer sowie über die gemäß § 6 gewährte Ersatzruhe zu führen. Bei schriftlich festgehaltener fixer Arbeitszeiteinteilung ist § 26 Abs 5a des Arbeitszeitgesetzes anzuwenden.

Anspruch auf Ersatzruhe

Gemäß § 6 ARG entsteht ein Anspruch auf Ersatzruhe dann, wenn innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche während der wöchentlichen Ruhezeiten (Wochenendruhe oder Wochenruhe) eine Arbeitsleistung erbracht wird. Die Dauer der wöchentlichen Ruhezeit ist anhand der betrieblichen Arbeitseinteilung festzustellen; gleiches gilt für den Arbeitsbeginn in der nächsten Woche, der immer der Beginn der Normalarbeitszeit ist. Aufgrund der innerbetrieblichen Arbeitszeiteinteilung kann daher die wöchentliche Ruhezeit auch mehr als 36 Stunden betragen; jedenfalls muss dem einzelnen Arbeitnehmer jedoch eine mindestens 36-stündige Ruhezeit gewahrt bleiben.

Nach der Konstruktion des Arbeitsruhegesetzes hat die Ersatzruhe in einem Arbeitsverhältnis nicht der Regelfall zu sein, sondern ein Ausnahmefall zu bleiben. Gemäß § 9 ARG behält der Arbeitnehmer für die infolge der Ersatzruhe ausgefallene Arbeit seinen Entgeltanspruch.

Ergänzt wird in diesem Zusammenhang, dass Arbeitnehmer während der Wochenend- bzw Feiertagsruhe ausschließlich mit erlaubten Arbeiten (§§ 10 bis 18 ARG) beschäftigt werden dürfen. Für die Beschäftigung an Feiertagen besteht aufgrund des ARG jedoch kein Ersatzruheanspruch.

Somit entsteht Anspruch auf Ersatzruhe dann, wenn innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche während der wöchentlichen Ruhezeit eine Arbeitsleistung erbracht wird.

Beispiel:

Eine Arbeitnehmerin wird laut Dienst- bzw Schichtplan in einen Betrieb mit vollkontinuierlichen Schichtbetrieb, dh es gibt keine Wochenendruhe, sondern Wochenruhe, von Mittwoch 12:00 Uhr bis Samstag 12:00 Uhr, beschäftigt. Die Dienstgeberin möchte nun, dass diese Arbeitnehmerin bereits am Mittwoch 06:00 Uhr ihre Arbeit beginnt. In diesem Fall hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf Ersatzruhe, obwohl sie von Samstag 12:00 Uhr bis Mittwoch 12:00 Uhr, also insgesamt 120 Stunden, Freizeit hatte.

Der Anspruch ergibt sich daraus, dass, im Sinne des Gesetzgebers und des Schutzzieles, die Ruhezeit der Teil der Kalenderwoche zu sein hat, der unmittelbar vor dem nächsten Wochenarbeitsbeginn liegt. Somit ist in diesem Fall davon auszugehen, dass die Wochenruhe von 36 Stunden am Dienstag 00:00 Uhr beginnt und am Mittwoch um 12:00 Uhr endet.

Entsprechend dem klaren Gesetzeswortlaut ist von jenen Stunden auszugehen, die in den letzten 36 Stunden vor der nächsten Wochenarbeitszeit liegen. Entscheidend ist also, wann die nächste Arbeitswoche begonnen hat. Dies war hier der Mittwoch um 12.00 Uhr. Der Gesetzgeber hat die Lage der ersatzruhepflichtigen Stunden definiert und auf den Beginn der „nächsten Arbeitswoche" abgestellt (vgl. 9ObA164/91; 9ObA157/98y; 8ObA220/98f; 8ObA96/06k; 9ObA123/14z vom 28.08.1991).

Fazit

Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während der Wochenend-, Wochen-, Ersatz- oder Feiertagsruhe beschäftigt, so sind Aufzeichnungen über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung sowie der gewährten Ersatzruhe zu führen. Bei fixer Arbeitszeiteinteilung haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Einhaltung ebenfalls zu bestätigen und es sind lediglich die Abweichungen laufend aufzuzeichnen. Störungen der Wochenendruhe, Wochenruhe, Feiertagsruhe und Ersatzruhe gelten jedenfalls als laufend aufzuzeichnende Abweichungen.

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