18.07.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1085321

Altersteilzeit – welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten gelten?

Cornelia Perzinger - WEKA (aga)

Der Beitrag beinhaltet aktuelle Informationen zur Altersteilzeit: Vom Mindestalter, über das Beschäftigungsausmaß bis hin zum Urlaubsanspruch.

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Altersteilzeit 

Mindestalter des Dienstnehmers

Altersteilzeitgeld gebührt nur mehr für längstens fünf Jahre für Personen, die nach spätestens sieben Jahren das Regelpensionsalter (Männer 65 Jahre, Frauen 60 Jahre) vollenden.

Ab 01.01.2019 wurde das Zugangsalter für die Altersteilzeit angehoben. Altersteilzeitgeld gebührt ab 2019 für Personen, die 2019 nach spätestens sechs Jahren und ab 2020 nach spätestens fünf Jahren das Regelpensionsalter vollenden; dh für Männer gilt 2019 ein Zugangsalter von 59 Jahren, 2020 von 60 Jahren. Bei Frauen ist die sukzessive Anhebung des Regelpensionsalters zu berücksichtigen.

Konkret bedeutet dies, dass Frauen, die

  • von 02.06.1964 bis 01.12.1964 geboren sind, frühestens ab einem Alter von 54 Jahren,
  • von 02.12.1964 bis 01.06.1965 geboren sind, frühestens ab einem Alter von 54 Jahren und 6 Monaten

in die Altersteilzeitarbeit übertreten können. Für Frauen, die nach dem 01.06.1965 geboren sind, erhöht sich das Zugangsalter in die Altersteilzeit jeweils um jene 6 Monate, da auch das Regelpensionsalter ansteigt.

15 Jahre Vollversicherung in den letzten 25 Jahren

Der Dienstnehmer muss in den letzten 25 Jahren mindestens 780 Wochen (15 Jahre) arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. Zu den erforderlichen 15 Jahren zählen die Versicherungszeiten als

  • echter Dienstnehmer über der Geringfügigkeitsgrenze,
  • freier Dienstnehmer (jedoch nur, wenn das freie Dienstverhältnis nach dem 31.12.2007 abgeschlossen wurde),
  • Bezieher von Wochen- oder Krankengeld (wenn dieses aufgrund eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gebührt),
  • arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigter in einem EU- bzw EWR-Staat.

Arbeitslosenversicherungsfreie Zeiten der Betreuung von Kindern bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres verlängern den Beobachtungszeitraum von 25 Jahren.

Beschäftigungsausmaß

Die Arbeitszeit muss im letzten Jahr vor Inanspruchnahme der Altersteilzeit mindestens 60 % der gesetzlichen (40 Stunden/Woche) oder kollektivvertraglichen (zB 38,5 Stunden/Woche) Arbeitszeit betragen haben. Dabei ist nicht nur die Beschäftigung im Unternehmen, mit dem die Altersteilzeitregelung abgeschlossen werden soll, ausschlaggebend, sondern es sind alle Dienstverhältnisse im letzten Jahr bei der Überprüfung miteinzubeziehen.

Ob ein Teilzeitbeschäftigter Altersteilzeit in Anspruch nehmen kann oder nicht, ist abhängig vom Stundenausmaß seiner Tätigkeit. Hat im letzten Jahr die Arbeitszeit weniger als 60 % der Normalarbeitszeit betragen, dann ist eine Altersteilzeitregelung nicht möglich. Bei einer 40 Stunden/Woche beträgt daher das notwendige Stundenausmaß bei Teilzeit 24 Stunden/Woche bzw bei 38,5 Stunden/Woche 23,1 Stunden/Woche.

Reduzierung der Arbeitszeit

Bei einer Altersteilzeitregelung muss die Arbeitszeit des Dienstnehmers vertraglich auf 40 % bis 60 % der Normalarbeitszeit verringert werden. Als Basis für die Berechnung dieser Bandbreite ist durchschnittliche Normalarbeitszeit der letzten zwölf Monate vor Beginn der Altersteilzeit heranzuziehen (vgl Marek, Spezialfragen zur Altersteilzeit in ARD 6651/4/2019).

Gewährung eines Lohnausgleichs

Der Dienstnehmer erhält während der Altersteilzeit zusätzlich zum Lohn bzw Gehalt einen Lohnausgleich für die reduzierte Arbeitszeit. Der Lohnausgleich beträgt mindestens 50 % des Differenzbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden durchschnittlichen Entgelt und dem der reduzierten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt. Vom AMS wird lediglich jener Teil des Lohnausgleichs rückerstattet, der die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage nicht übersteigt (2021: EUR 5.550,–).

Vergleichsmaßstab ist dabei das Entgelt, das dem Dienstnehmer in den letzten zwölf Monaten vor Reduzierung der Arbeitszeit zustand. Bei kürzerer Beschäftigungszeit im Betrieb ist das durchschnittliche Entgelt während dieser kürzeren, mindestens drei Monate betragenden Zeit heranzuziehen.

Bezahlung der SV-Beiträge in voller Höhe durch den Dienstgeber

Der Dienstgeber hat während der Altersteilzeit die SV-Beiträge von der Beitragsgrundlage vor Herabsetzung der Normalarbeitszeit zu berechnen.

Dies gilt auch dann, wenn ein Dienstnehmer in der Einarbeitungsphase im Rahmen von Blockzeitvereinbarungen erkrankt. Diese Regel ist auch dann anzuwenden, wenn der Dienstnehmer zB aufgrund einer Krankheit nur mehr einen 50%igen Entgeltfortzahlungsanspruch hat und auch nur mehr ein vermindertes Altersteilzeitgeld erhält.

Entgeltänderung

Der Dienstgeber hat Biennalsprünge, Umreihungen oder sonstige Gehaltserhöhungen dem AMS zu melden, wenn die monatliche Entgeltdifferenz den Betrag von EUR 20,– brutto übersteigt. Alle Entgeltänderungen, die KV-Anpassungen darstellen, sind dem AMS nicht zu melden. Ebenso sind SV-Beitragsgruppenänderungen (zB Entfall des AlV-Beitrages, UV-Beitrages, IESG-Zuschlages) dem AMS zu melden.

Veränderung der Voraussetzungen

Bei Wegfall einer der Voraussetzungen ist das Altersteilzeitgeld einzustellen, bei Änderung von für die Höhe maßgeblichen Voraussetzungen ist das Altersteilzeitgeld neu zu bemessen. Die Zuerkennung wird rückwirkend widerrufen oder neu bemessen, wenn sich Zuerkennung oder Bemessung nachträglich als nicht begründet herausstellen.

Urlaubsanspruch

Bei kontinuierlicher Altersteilzeit wird der Urlaub so berechnet, wie im Fall des Wechsels von einer Voll- zu einer Teilzeitbeschäftigung. Auch bei geblockten Altersteilzeitmodellen entsteht in der Freizeitphase ein Urlaubsanspruch im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß. Der Urlaubsanspruch in der Freizeitphase wird jedoch durch den tatsächlichen Urlaubsverbrauch in der Arbeitsphase bereits konsumiert. Verbraucht der Dienstnehmer den gesamten bis zum Ende der Arbeitsphase entstehenden Urlaub, so verbleibt kein offener (nicht verbrauchter) Urlaub in der Freizeitphase, für den der Dienstnehmer Anspruch auf Urlaubsersatzleistung geltend machen könnte (OGH 29.09.2009, 8 ObA 23/09d).

Für Dienstnehmer mit einer Altersteilzeitvereinbarung besteht auch Anspruch auf Urlaubsersatzleistung. Unter Urlaubsersatzleistung versteht man die Abgeltung des nicht konsumierten Urlaubs bei Beendigung eines Dienstverhältnisses. Für die Berechnung der Urlaubsersatzleistung ist das Entgelt zum Zeitpunkt des Endes des Dienstverhältnisses (inklusive Lohnausgleich) heranzuziehen. Der in der Urlaubsersatzleistung enthaltene Lohnausgleich wird jedoch nicht vom AMS gefördert.

Krankenstand

Ein Arbeitnehmer, der infolge Krankheit, Freizeit- oder Arbeitsunfall an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei kontinuierlicher Arbeitszeitverkürzung berechnet sich die Entgeltfortzahlung auf Basis des reduzierten Entgelts plus Lohnausgleich. Im Falle der halben Entgeltfortzahlung reduziert sich auch der Lohnausgleich auf die Hälfte. Sind die Entgeltfortzahlungen des Arbeitgebers ausgeschöpft, erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse. Das von der Krankenkasse ausbezahlte Krankengeld wird auf Basis der voll abgeführten Sozialversicherungsbeiträge (dh auf Basis der Arbeitszeit, die vor der Altersteilzeit geleistet wurde) berechnet.

Auch bei geblockten Altersteilzeitmodellen erhält der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase das Krankenentgelt auf der Basis des Teilzeitentgeltes zuzüglich des Lohnausgleiches. Auch hier bezahlt die Krankenkasse das danach zustehende Krankengeld auf Basis der vollen Beitragsleistung.

Kündigung

Während der Altersteilzeit besteht kein besonderer Kündigungsschutz. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann aber Auswirkungen auf das Altersteilzeitgeld haben. Bei einer vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wird das Altersteilzeitgeld vom AMS zurückgefordert, wenn

  • der Arbeitnehmer gekündigt wird,
  • das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst wird,
  • der Arbeitnehmer berechtigt vorzeitig austritt

und eine Anpassung von Arbeits- und Freizeitphase nicht rechtzeitig erfolgte.

Auslaufen einer Altersteilzeitvereinbarung

Das Auslaufen einer Altersteilzeitvereinbarung bewirkt nicht zwingend die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Auslaufen der Altersteilzeitvereinbarung ohne weitere Vereinbarung bewirkt nur, dass das Arbeitsverhältnis wieder in Vollbeschäftigung bzw mit dem ursprünglichen Beschäftigungsausmaß (vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung) fortgesetzt wird (OGH 9 ObA 51/11g). Soll das Arbeitsverhältnis gleichzeitig mit der Altersteilzeit beendet werden, ist eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer notwendig.

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