06.10.2020 | Arbeitsrecht | ID: 1075146

Kündigungsschutz bei geteilter Elternkarenz

Andreas Gerhartl

Der OGH entschied, wann die Voraussetzungen für eine Väterkarenz im unmittelbaren Anschluss an die Karenz der Mutter (und somit für das Bestehen des Kündigungsschutzes) vorliegen. Dabei kommt es nicht auf den Wortlaut der Erklärung an.

Beginn der Väterkarenz

Nach § 3 Abs 1 VKG kann die Karenz zweimal geteilt und vom Vater abwechselnd mit der Mutter in Anspruch genommen werden. Ein Karenzteil muss dabei mindestens zwei Monate betragen. Die Väterkarenz beginnt im Regelfall (abgesehen von den gesetzlich geregelten Ausnahmen) im unmittelbaren Anschluss an eine Karenz der Mutter. Darunter ist der auf den Ablauf der Karenz der Mutter folgende Kalendertag zu verstehen. Im konkret zu beurteilenden Fall endete die Karenz der Mutter am 31.08.2018 und der Arbeitnehmer erklärte, ab 03.09.2018 in Karenz gehen zu wollen. Unmittelbarkeit iSd gesetzlichen Erfordernisse lag daher nicht vor.

Auslegung der Erklärung

Der OGH entschied aber auch, dass die Erklärung des Arbeitnehmers im konkreten Fall von einem redlichen Arbeitgeber und Erklärungsempfänger nur so verstanden werden konnte, dass der Vater unabhängig von dem bekanntgegebenen Datum eine Karenz nach dem VKG im unmittelbaren Anschluss an das Karenzende der Mutter beabsichtigte. Dies folgte daraus, dass der 01.09. und 02.09.2018 zwei arbeitsfreie Tage (Samstag und Sonntag) waren.

Der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung ist am Empfängerhorizont zu messen, wobei maßgeblich ist, wie die Erklärung bei objektiver Betrachtung der Sachlage durch einen redlichen und verständigen Menschen zu verstehen war. Nach diesen Umständen konnte im konkreten Fall kein Zweifel daran bestehen, dass der Arbeitnehmer eine unmittelbar anschließende Karenz iSd § 3 Abs 1 VKG beabsichtigte. Die (auf einem jederzeit aufklärbaren Irrtum beruhende) unrichtige Datumsbezeichnung war daher für den Beginn der Karenz ohne Bedeutung.

Beginn des Kündigungsschutzes

Der Kündigungsschutz gem § 7 VKG beginnt mit der Bekanntgabe der Karenz (frühestens vier Monate vor Antritt der Karenz). Im konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer am 07.05.2018 bekanntgegeben, ab 03.09.2018 Väterkarenz in Anspruch zu nehmen. Am 08.05.2018 wurde der Arbeitnehmer zum 30.06.2018 gekündigt. Da die Voraussetzungen für eine Väterkarenz vorlagen, genoss der Arbeitnehmer am 08.05.2018 daher bereits Kündigungsschutz. Die Kündigung war somit unwirksam.

OGH 28.11.2019, 9 ObA 70/19p

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