04.07.2023 | Gesellschaftsrecht | ID: 1139024

Neues Startup-Paket – die Flexible Kapitalgesellschaft

Milka Milicic - Carla Zimmermann-Gassner

Mag. Milka Milicic und Mag. Carla Zimmermann-Gassner, LL.B. erläutern die wichtigsten Eckpunkte zum neuen Startup-Gesetzespaket: Geplant sind insb die Einführung einer neuen Gesellschaftsform sowie die Absenkung des Stammkapitals.

Nach vielfachen Ankündigungen wurde zuletzt ein neues Startup-Gesetzespaket vorgestellt. Mit dem Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 soll nun unter anderem ein neues Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft oder Flexible Company (kurz: FlexKapGG) geschaffen werden. Daneben soll das erforderliche Mindeststammkapital bei der Gründung einer GmbH von EUR 35.000,– auf EUR 10.000,– abgesenkt werden. Der Ministerialentwurf befindet sich im Begutachtungsverfahren, die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen läuft noch bis 7. Juli 2023. Sowohl das FlexKapGG als auch die Absenkung des Stammkapitals sollen zeitgleich mit 1. November 2023 in Kraft treten. Der nachstehende Beitrag verschafft einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der neuen Kapitalgesellschaftsform.

Dem Gesetzesentwurf folgend werden auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen nur in weiblicher Form angeführt, diese beziehen sich selbstverständlich auf alle Geschlechter in gleicher Weise.

Warum eine neue Gesellschaftsform?

Erklärtes Ziel ist die Einführung einer neuen Kapitalgesellschaftsform, die auf internationalen Beispielen aufbaut und besonders für innovative Startups und Gründerinnen in der Frühphase eine international wettbewerbsfähige Option bietet. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft mit Fokus auf KMU gestärkt werden. Diese Maßnahme ist im aktuellen Regierungsprogramm enthalten.

Die neue Gesellschaftsform kann durch eine oder mehrere Personen gegründet werden. Zudem kann eine bereits bestehende GmbH in eine FlexCo umgewandelt werden. Die inhaltlichen Unterschiede zwischen FlexCo und GmbH sind rechtlich so gestaltet, dass es weder besonderer Maßnahmen zum Schutz der Gläubigerinnen (wie Umwandlungsbilanz, Sicherstellungsanspruch oder Gründungsprüfung), noch eines Barabfindungsanspruchs für mit der Umwandlung nicht einverstandene Gesellschafterinnen bedarf.

Eine Umwandlungspflicht der FlexCo (in eine GmbH oder AG) ist nicht vorgesehen, sodass die Rechtsform auf Dauer bestehen bleiben kann.

FlexCo oder FlexKapG?

Die Firma der Gesellschaft hat entweder die Bezeichnung „Flexible Kapitalgesellschaft“ (kurz: FlexKapG) oder „Flexible Company“ (kurz: FlexCo) zu enthalten. Der Gesetzesentwurf selbst spricht von der FlexKapG, den Verfasserinnen dieses Beitrags erscheint die Bezeichnung FlexCo deutlich leserfreundlicher.

Das neue Gesetz: FlexKapGG

Gleich zu Beginn werden die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes (GmbHG) für maßgeblich erklärt, sofern in dem FlexKapGG keine abweichenden Regelungen enthalten sind. Damit kann für die neue Rechtsform in vielen Bereichen auf den reichen Erfahrungsschatz des GmbH-Rechts zurückgegriffen werden.

Bei den Bestimmungen des FlexKapGG handelt es sich weniger um Abweichungen zum GmbHG als um zusätzliche inhaltliche Regelungen, die im GmbHG bislang nicht vorgesehen waren. Dafür wurden Bestimmungen aus dem Aktiengesetz übernommen und angepasst. Die Erläuterungen zum Ministerialentwurf sprechen in weiterer Folge von der neuen Rechtsform auch als Hybridform zwischen der GmbH und der Aktiengesellschaft. Die weitgehende Ähnlichkeit der FlexCo zur GmbH liegt dennoch auf der Hand.

Stammkapital und Stammeinlagen 

Die Änderung des Stammkapitals im GmbHG ist auch für die FlexCo maßgeblich. Anstelle von bisher EUR 35.000,– muss das Mindeststammkapital nur mehr EUR 10.000,– betragen. Analog dazu soll der einzuzahlende Betrag von EUR 17.500,– auf EUR 5.000,– reduziert werden. Damit werden einerseits die Gründungskosten für Gründerinnen maßgeblich gesenkt. Andererseits geht damit auch eine Absenkung der Mindestkörperschaftssteuer einher, die 5 % des Mindeststammkapitals beträgt.

Die Errichtung einer GmbH mit Gründungsprivilegierung kommt mit 1. November nicht mehr in Betracht. Für die rund 32.000 bestehenden gründungsprivilegierten Gesellschaften gibt es eine Übergangsregelung.

Die Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafterinnen müssen mindestens EUR 1 betragen und sind damit deutlich niedriger als bei der GmbH, bei der eine Stammeinlage mindestens EUR 70 betragen muss. Die für die Übertragung von Anteilen und für die Übernahme neuer Anteile im Zuge einer Kapitalerhöhung an einer GmbH vorgesehene Notariatsaktpflicht ist im FlexKapGG nicht vorgesehen. Es muss jedoch eine Rechtsanwältin oder eine Notarin bei der Errichtung der Urkunde mitwirken, die Zulässigkeit der Übertragung prüfen sowie die Parteien über die Folgen der Erklärung aufklären.

Einführung von Unternehmenswert-Anteilen 

Neu ist die Möglichkeit der Ausgabe von so genannten „Unternehmenswert-Anteilen“ im Ausmaß von bis zu 25 % des Stammkapitals. Diese können insbesondere an Mitarbeitende ausgegeben werden, welche damit am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös beteiligt werden können. Den Gesellschafterinnen kommt grundsätzlich keine Mitwirkung an der Willensbildung in der Gesellschaft zu. Sie verfügen über gewisse Informations- und Einsichtsrechte und sind zur Teilnahme an Generalversammlungen berechtigt, ohne dass ihnen prinzipiell ein Stimmrecht zukommt.

Die Stammeinlagen der einzelnen Unternehmenswert-Beteiligten müssen mindestens 1 Cent betragen. Für die Übernahme oder Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen besteht nur ein Schriftformerfordernis, die Mitwirkung einer Notarin ist nicht notwendig.

Neue Form der Kapitalaufbringung

Bisher lag ein wesentlicher Vorteil der AG gegenüber der GmbH in der Möglichkeit, genehmigtes Kapital und bedingtes Kapital aufzubringen. Für die FlexCo wird diese Form der Kapitalaufbringung nun ebenfalls ermöglicht. Genehmigtes Kapital dient der Ausgabe von neuen Anteilen ohne Mitwirkung der Gesellschafterversammlung. Bedingtes Kapital ermöglicht die Einräumung von Aktienoptionen an Mitarbeitende und die Gewährung von Umtausch- und Bezugsrechten an Gläubiger von Finanzierungsinstrumenten (insb „Convertible Loans“).

Pflicht zur Bestellung eines Aufsichtsrats

Die Pflicht zur Bestellung eines Aufsichtsrates soll bereits dann bestehen, wenn die FlexCo als mittelgroße Kapitalgesellschaft iSd § 221 Abs 2 UGB anzusehen ist. Im Ergebnis kommt die zusätzliche Aufsichtsratspflicht dann zum Tragen, wenn eine Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch einen externen Abschlussprüfer besteht. Die Verpflichtung folgt aus den neuen Gestaltungsmöglichkeiten, die bislang Aktiengesellschaften vorbehalten waren.

Flankierende steuerliche Maßnahmen

Gleichzeitig mit dem GesRÄG 2023 wurde auch das Start-up-Förderungsgesetz in Begutachtung geschickt. Es sieht eine steuerliche Begünstigung für unentgeltlich ausgegebene Anteile an Mitarbeitende vor, sofern das Unternehmen diverse Größenkriterien nicht überschreitet und nicht länger als 10 Jahre existiert. Insbesondere soll der Zufluss bei den Mitarbeitenden in Folge der Anteilsausgabe erst bei Veräußerung oder beim Eintreten vergleichbarer Umstände erfolgen. Außerdem sollen 75 % des Veräußerungserlöses bzw des Anteilswertes mit einem Steuersatz von 27,5 % besteuert werden. Nur die übrigen 25 % sollen nach dem regulären Einkommensteuertarif des jeweiligen Mitarbeitenden besteuert werden.

Fazit

Ob der Ministerialentwurf in dieser Form umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Insbesondere die im ursprünglichen Diskussionsentwurf noch nicht enthaltenen Bestimmungen zu den Unternehmenswert-Anteilen und zur Form von Anteilsübertragungen und Übernahmeerklärungen werden in der Praxis breit diskutiert.

Die Absenkung des Mindeststammkapitals von EUR 35.000,– auf EUR 10.000,– führt neben einer Verringerung des wirtschaftlichen Risikos von Gesellschafterinnen zu einer Verschlechterung der Gläubigerschutzes, dem der Gesetzesentwurf derzeit nicht Rechnung trägt.

Die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich und die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich sind selbstverständlich zu begrüßen. Ob die Einführung einer neuen Rechtsform für diesen Zweck erforderlich war, oder die damit verfolgten Ziele nicht auch mit einer Novelle des GmbH-Rechts hätten erreicht werden können, kann hinterfragt werden. Eine gründungsprivilegierte GmbH gab es schließlich bereits vor dem nun vorliegenden Ministerialentwurf. Die bestehenden österreichischen Kapitalgesellschaftsformen GmbH und AG genießen sowohl national als auch international eine hohe Reputation. Ob die neue Kapitalgesellschaftsform davon profitieren wird, bleibt abzuwarten.

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