11.11.2020 | Zivilrecht | ID: 1076923

Gewährleistungszusagen beim Unternehmenskauf

Barbara Pogacar

Die Gastautorin MMag. Barbara Pogacar erläutert die Besonderheiten von Gewährleistungszusagen beim Unternehmenskauf. Worauf sollte beim Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages geachtet werden?

Beim Unternehmenserwerb sind zwei Grundtypen zu unterscheiden und zwar der so genannte Asset Deal, oder Unternehmenskauf im engeren Sinn, bei dem das Unternehmen selbst Gegenstand des Kaufvertrages ist, und der Share Deal, oder Unternehmenskauf im weiteren Sinn, bei dem alle oder ein Teil der Gesellschaftsanteile an der juristischen Person oder Personengesellschaft erworben werden, die das Unternehmen betreibt. Beim Unternehmenskauf besteht die Besonderheit, dass es an einer ausreichend detaillierten Definition des Unternehmens im österreichischen Recht fehlt. Außerdem gibt es keine speziellen gesetzlichen Bestimmungen für den Unternehmenskauf, sodass dieser den allgemein auf Kaufverträge anwendbaren zivilrechtlichen und unternehmensrechtlichen Bestimmungen unterliegt, die aber natürlich nicht die Besonderheiten beim Unternehmenskauf berücksichtigen. Der nachfolgende Beitrag erläutert die Besonderheiten von Gewährleistungszusagen beim Unternehmenskauf.

Haftung für bedungene und gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften

Gemäß § 922 ABGB haftet der Verkäufer dafür, dass der Kaufgegenstand die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweist. Die Beantwortung der Frage, welche gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften ein Unternehmen aufweisen muss, ist oft nicht so einfach. Es gibt nämlich kein „Standardunternehmen“, das zum Vergleich für die Beurteilung einer allfälligen Mangelhaftigkeit herangezogen werden kann. Auch die Frage nach einer bestimmten Ertragsfähigkeit als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft ist schwer zu beantworten, sodass es sich empfiehlt, den Kaufgegenstand und seine Eigenschaften im Unternehmenskaufvertrag genau zu beschreiben.

Vermutung der Mangelhaftigkeit

§ 924 ABGB enthält im Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit einer Sache eine Beweislastumkehr, sodass bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass ein Mangel, der binnen sechs Monaten ab Übergabe des Kaufgegenstandes hervorkommt, im Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden war. Es liegt in einem solchen Fall am Verkäufer, nachzuweisen, dass dies nicht der Fall war.

In der Literatur[1] wird zwar zu Recht die Ansicht vertreten, dass diese Bestimmungen auf den Unternehmenskauf nicht anwendbar sind, doch sollte im Rahmen der Vertragsgestaltung auf Verkäuferseite darauf geachtet werden, dass die Anwendbarkeit des § 924 ABGB ausgeschlossen wird.

Gewährleistungszusagen als echte oder unechte Garantie

Wenn die Gewährleistungsvorschriften von den Vertragsparteien dahingehend geändert wurden, dass sie gegenüber den gesetzlichen Regelungen erweitert werden, dann liegt eine Garantie vor. Bei der unechten Garantie wird nur die Haftung erweitert im Vergleich zur Gesetzeslage. Bei der echten Garantie handelt es sich um einen eigenen Verpflichtungsgrund, dh, es wird eine selbstständige Schuld unabhängig von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses begründet. Bei der echten Garantie haftet der Verkäufer verschuldensunabhängig für das Erfüllungsinteresse, wenn der garantierte Erfolg nicht eintritt. Ob eine Gewährleistungszusage als echte Garantie zu verstehen ist, hängt davon ab, ob ein redlicher Erklärungsempfänger die Erklärung als Garantieversprechen verstehen durfte oder nicht.

Es empfiehlt sich jedenfalls eine eindeutige, klarstellende Regelung im Unternehmenskaufvertrag, etwa durch Verweis auf § 880a ABGB oder durch ausdrückliche Anordnung einer verschuldensunabhängigen Haftung bei Nichtvorliegen bestimmter Eigenschaften, damit es zu keinen Auslegungsfragen oder Streitigkeiten kommt, wie eine abgegebene Zusage zu verstehen ist.

Umfang der Gewährleistung

Auf Unternehmenskaufverträge sind grundsätzlich §§ 922 ff ABGB betreffend die Gewährleistung anwendbar, doch muss bei der Anwendung der Bestimmungen doch auf die Eigenheiten des Unternehmens als Sachgesamtheit Bedacht genommen werden. Auch bei Unternehmenskaufverträgen hat der Käufer die Mangelhaftigkeit des Unternehmens zu behaupten und zu beweisen. Dies gilt auch hinsichtlich des Vorliegens von Rechtsmängeln.

Im Unternehmenskaufvertrag wird in der Regel vereinbart, dass der Verkäufer seine Leistung innerhalb einer bestimmten Frist nachzubessern, oder wenn dies nicht möglich ist oder nicht binnen einer festgelegten Frist erfolgt, Geldersatz zu leisten hat. Beim Unternehmenskaufvertrag scheidet jedenfalls der Austauschanspruch betreffend das gesamte Unternehmen aus, bei einer zB nur mangelhaften Produktionsmaschine könnte es aber durchaus zu einem Austauschanspruch kommen, sofern dies vertraglich nicht ausgeschlossen wurde.

Preisminderung

Beim Unternehmenskaufvertrag bereitet die für eine Preisminderung erforderliche Feststellung des objektiven Werts der mangelfreien und der mangelhaften Sache oft große Schwierigkeiten, dh, es wird in der Regel die Beiziehung eines Sachverständigen notwendig sein. Es empfiehlt sich daher eine vertragliche Regelung, dass die Preisminderung sich zB nach der Höhe der Verbesserungskosten richtet, oder dass ein prozentueller Abschlag gebührt. Es sollten sohin die Voraussetzungen, der Umfang und die Art der Preisminderung vertraglich geregelt werden.

Wandlung

Die Wandlung, dh, die schuldrechtliche ex tunc wirkende Aufhebung des Kaufvertrages mit nachfolgender Rückabwicklung ist beim Unternehmenskauf oft schwierig durchführbar, wenn der Käufer seit der Übernahme das Unternehmen geführt und wirtschaftliche Entscheidungen getroffen hat, denn damit würde der Verkäufer nicht nur das Haftungsrisiko, sondern auch das wirtschaftliche Risiko der Unternehmensfortführung durch den Käufer seit der Übergabe tragen müssen. Daher wird in Unternehmenskaufverträgen die Wandlung in der Regel nur bei besonders schwerwiegenden Mängeln zugelassen und dafür ein gesondertes Rückabwicklungsverfahren vorgesehen.

Conclusio

Aufgrund der Besonderheiten von Unternehmen als Kaufgegenstand empfiehlt sich sowohl für die Käufer- als auch für die Verkäuferseite eine detaillierte vertragliche Regelung, für welche Eigenschaften des Unternehmens der Verkäufer die Gewährleistung übernimmt und für welche nicht und es sollte eine klare Vorgehensweise festgelegt werden, wie allfällige Mängel festgestellt und geltend gemacht werden sollen, um bei einer möglichen Mangelhaftigkeit Rechtsstreitigkeiten weitgehend hintanzuhalten.

Über die Autorin

MMag. Barbara Pogacar war viele Jahre als Rechtsanwältin in Wirtschaftsrechtskanzleien mit dem Schwerpunkt Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht tätig und ist derzeit Leiterin der Abteilung Beratung, Betreuung und Koordination Ware des Österreichischen Genossenschaftsverbandes und dort für die rechtliche Beratung der Mitgliedsgenossenschaften und die Betreuung von Neugründungen zuständig.

Fußnote:

[1] Egermann/Winkler, Gewährleistung neu beim Unternehmenskauf, RdW 2002, 197.

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