30.10.2020 | Wirtschaftsrecht | ID: 1076585

Gröblich benachteiligendes Pay-TV

Michael F. Damitner - Teresa Maria Atzelsdorfer

Nach einer Verbandsklage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) erklärte der OGH 27 Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sky Österreich Fernsehen GmbH (Sky) sowie eine bestimmte Vorgangsweise für unzulässig.

Sachverhalt

Das Unternehmen bietet unterschiedliche Programme, welche sowohl über Satellit als auch über Kabel empfangen werden können. In Österreich zählen rund 400.000 Personen zum Kundenkreis des beklagten Pay-TV-Anbieters. Im gegenständlichen Verfahren ging es einerseits um mehrere rechtswidrige Klauseln in den AGB und andererseits um die unzulässige Geschäftspraktik von Sky sich auf telefonische Vertragsabschlüsse über Dienstleistungen nach von Sky getätigten Anrufen zu berufen. Der Fernsehanbieter wollte Forderungen geltend machen, obwohl Verbraucher ihm keine schriftliche Erklärung über die Annahme des Angebots auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt haben.

Da die Entscheidung des OGH sehr umfangreich ist, werden nur besondere Problemstellungen beispielhaft aufgezeigt. 

Eigentumsvorbehalt an Empfangsgerät soll erst erlöschen nachdem alle Abonnementbeiträge bezahlt sind

In Klausel 2 findet sich eine Möglichkeit, vom TV-Anbieter Empfangsgeräte zu reduzierten Preisen erwerben zu können – „die Kaufangebote sind in diesen Fällen untrennbar aber mit dem Abonnementabschluss verbunden“. Erwirbt der Abonnent das Empfangsgerät, bleibt dieses bis zur Bezahlung aller Abonnementbeiträge für die vereinbarte Mindestvertragslaufzeit im Eigentum des Unternehmens. „Der Erwerb kann auch an eine Erweiterung eines bestehenden Abonnements und/oder eine Mindestvertragslaufzeit gebunden sein. Im letztgenannten Fall gilt der Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung aller Abonnementbeiträge für die vereinbarte Mindestvertragslaufzeit.“

Die Vereinbarung eines erweiterten Eigentumsvorbehalts wird nach korrekter Einschätzung der Vorinstanzen in Lehre und Rechtsprechung als rechtsunwirksam beurteilt, weil sie zwingenden sachenrechtlichen Grundsätzen widerspreche und das Zug-um-Zug-Prinzip verletze. Der Kläger brachte zudem vor, dass die Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB sei, weil der in ihr für ein zu reduzierten Preisen erworbenes Empfangsgerät vereinbarte Eigentumsvorbehalt auf die Bezahlung – entgegen der Argumentation des beklagten Unternehmens – aller Abonnementbeiträge erweitert werde. Für einen Konsumenten sei es auch überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB, dass er nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit und Zahlung des Kaufpreises nicht Eigentum an dem Empfangsgerät erwerbe, sondern erst nach Begleichung aller Abonnementbeiträge für die Mindestlaufzeit. Außerdem wurde bereits in einer früheren höchstgerichtlichen Entscheidung klargestellt, dass eine Vereinbarung, wonach der Eigentumsvorbehalt erst erlöschen solle, wenn alle oder ein bestimmter Teil von Forderungen aus einer Geschäftsverbindung beglichen seien, nach österreichischem Recht den pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften widerspreche und deshalb unwirksam sei.

Unverzügliche Rügepflicht des Verbrauchers über alle Schäden

Nach Klausel 10 sei der Abonnent verpflichtet, das beklagte Unternehmen „über alle Schäden an einem zur Verfügung gestellten Empfangsgerät samt Zubehör oder dessen Verlust unverzüglich zu unterrichten. Die gleiche Pflicht trifft ihn, wenn sonstige Empfangsstörungen auftreten und diese länger als drei Tage andauern“.

Das Erstgericht folgte der Einschätzung des VKI dahingehend, dass die Klausel, je nachdem, welchen Bedeutungsinhalt man ihr unterstelle und ob man Rechtsfolgen aus ihr ableite, entweder gröblich benachteiligend oder intransparent sei. Das Berufungsgericht und auch der OGH sahen in der Bestimmung ausdrücklich eine diesbezügliche „Pflicht“, die den Abonnenten treffen würde. Auch könne die von Sky dafür vorgebrachte Qualitätssicherung nicht die Belastung des Kunden mit einer unverzüglichen Meldepflicht rechtfertigen. Vielmehr belastet diese Pflicht den Kunden bereits deshalb in gröblich benachteiligender Weise, weil die Qualitätssicherung, der die Klausel dienen soll, nicht dessen Aufgabe, sondern ohnehin jene des beklagten Unternehmens ist.

Zahlung ausschließlich über Kreditkarte, PayPal oder im Sepa-Basislastschriftverfahren

Besonders intensiv (und nicht im Sinne des beklagten Pay-TV-Anbieters) setzte sich der OGH mit der Klausel 13 auseinander – demnach erfolgen „die Zahlungen im Rahmen der Geschäftsbeziehung, insbesondere der Abonnementbeiträge sowie der Entgelte für abgerufene kostenpflichtige Programminhalte im Rahmen von Zusatzdiensten, über Kreditkarte, PayPal oder im SEPA Basislastschriftverfahren“.

Rechtlich würde nach Ansicht der Vorinstanzen die Einschränkung auf die drei genannten Zahlungsarten (ohne die Möglichkeit von Barzahlungen oder Überweisungen) eine gröbliche Benachteiligung des Abonnenten iSd § 879 Abs 3 ABGB darstellen. Nach der Klausel sei für Konsumenten, die keine Kreditkarte hätten und PayPal nicht verwendeten, das SEPA-Lastschriftverfahren de facto die einzig zulässige Zahlungsart. Da Barzahlungen hier verkehrsunüblich sind, wäre Sky nach § 6a Abs 1 Satz 1 KSchG grundsätzlich verpflichtet, seinen Kunden – um ihnen die Wahlmöglichkeit des § 907a ABGB (Übergabe oder Überweisung) sicherzustellen – ein Bankkonto zu benennen. Daneben ist die Zahlungsmöglichkeit mittels „PayPal“ im Vergleich zum etablierten Institut der Überweisung weniger gebräuchlich. Verbraucher, die damit keine Erfahrung haben, keinen weiteren Account unter Offenlegung ihrer Daten errichten wollen und daher vor dieser ihnen neuen Zahlungsmöglichkeit zurückschrecken, werden nach Ansicht des OGH dadurch faktisch hier gezwungen, Einzüge von ihrem Konto hinzunehmen. Die Klausel ist für den Verbraucher somit gröblich benachteiligend, da eine Beschneidung der Wahlmöglichkeit bei den Zahlungsarten vorliegt.

Kündigungsmöglichkeiten sind Ablauf der Mindestvertragsdauer für ein weiteres Jahr nach ausgeschlossen

Klausel 27 legt fest, dass „der Vertrag erstmals zum Ablauf des Monats, mit welchem die vereinbarte Mindestvertragslaufzeit endet, gekündigt werden kann (z.B. Mindestvertragslaufzeit 12 Monate und Vertragsbeginn am 15.7: erste Kündigungsmöglichkeit zum 31.7. des drauffolgenden Jahres). Danach kann er jeweils zum Ablauf von 12 Monaten gekündigt werden (z.B. zum 31.7. der jeweils darauffolgenden Jahre)“.

Vorweg ist allgemein zu erwähnen, dass eine gewisse Planungssicherheit bei Abonnementbeiträgen durch Mindestvertragslaufzeiten zugestanden werden kann. Besonders den Erwägungen des Berufungsgerichtes wurde diesbezüglich nun vom OGH gefolgt, nach denen auch hier eine bereits vorliegende Entscheidung Anwendung findet: Die sachliche Rechtfertigung einer solchen Bestimmung hat aufgrund einer eingehenden Interessenabwägung zu erfolgen. Auch wenn demnach ein Dienstleister keine relevanten mehrjährigen Lizenzkosten zu tragen hat, so hat er doch durchaus mit hohen Technikkosten und entsprechend langfristigen Investitionen zu rechnen. Dass ein Vertrag aber selbst nach Ablauf der vereinbarten Mindestlaufzeit jeweils erst nach Ablauf von weiteren zwölf Monaten gekündigt werden könne, mache es dem Kunden unmöglich kurzfristig auf Angebote der Konkurrenz reagieren zu können. Die Bindungsfrist von zwölf Monaten nach Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer lasse sich jedoch nicht mehr mit dem Bedürfnis nach Planungssicherheit rechtfertigen, wodurch diese Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG verstieß.

Vertragsänderungen sind über eine Zustimmungsfiktion unbeschränkt zulässig

Die letzte Klausel (Klausel 29) lautet: Die beklagte Partei „kann Vertragsänderungen auch einvernehmlich mit dem Abonnenten vereinbaren. Der Abonnent erhält ein Angebot zur einvernehmlichen Vertragsänderung mindestens 1 Monat vor Inkrafttreten der geplanten Änderungen in schriftlicher Form. In diesem Angebot sind sämtliche Änderungen abgebildet. Zusätzlich findet der Abonnent einen Hinweis auf die Volltext-Version“ auf der Website des Unternehmens. Gleichzeitig informiert die beklagte Partei „den Abonnenten über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der geplanten Änderungen. Das Angebot gilt als angenommen, wenn der Abonnent nicht bis zum Inkrafttreten der geplanten Änderungen schriftlich widerspricht„ und die Abonnenten werden „in diesem Angebot über diese Frist sowie über die Bedeutung seines Verhaltens informiert“.

Die Klausel entspricht somit zwar der Regelung über den Modus gem § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, doch lässt dies eine inhaltliche Prüfung nach § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB nicht überflüssig werden. Der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes wurde nach Ansicht des OGH nicht entgegengetreten. Demnach entspricht eine Klausel nicht dem Transparenzgebot, wenn die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zugelassen sind und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennbar ist. Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass der OGH auch die Geschäftspraktiken des Unternehmens verbot, sich weiterhin auf Verträge zu berufen, welche es über Telefonate abgeschlossen hatte. Hinsichtlich der Leistungsfristen teilen sich diese einerseits in die Leistungsfrist für die Unterlassung der Verwendung der unzulässigen Klauseln und andererseits in jene für das Verbot der Berufung auf diese Klauseln. Für beide wurde hier vom OGH eine Zeitspanne von 6 Monaten als ausreichend angesehen.

OGH vom 23.9.2019, 9 Ob 38/19g

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