12.12.2023 | Wohnrecht | ID: 1152527

„Kaufoption“ im WGG – Aktuelle Judikatur zum Erwerb von KFZ-Stellplätzen

Martin Brunnhauser

Gastautor Mag. Martin Brunnhauser von der MVÖ bietet einen Überblick über die Kaufoption für Wohnungen im WGG und erläutert Besonderheiten zu KFZ-Stellplätzen anhand aktueller Judikatur.

Mieter:innen haben bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Recht, ihre Wohnung frühestens nach 5 Jahren zu kaufen (§§ 15b ff WGG). Dabei handelt es sich jedoch um keinen Mietkauf im eigentlichen Sinne, da bis zu diesem Zeitpunkt geleistete Mietzinse nicht kaufpreismindernd berücksichtigt werden. Auch die gängige Bezeichnung „Kaufoption“ ist irreführend, da eine einseitige Erklärung der Mieter:innen nicht ausreicht. Das Objekt kann nur dann gekauft werden, wenn die Bauvereinigung ein Kaufanbot unterbreitet.

Wesentlich ist, dass die Bauvereinigung einen Kaufpreis verlangen kann, der dem ortsüblichen Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte entspricht (§ 18 Abs 3b WGG). Ein Anspruch, bereits im Mietvertragsabschlusszeitpunkt den künftigen Kaufpreis zu kennen, besteht nicht.

Grundsätzlich kann eine Bauvereinigung ihre Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume, unter den Voraussetzungen des § 15b WGG, nachträglich in das Wohnungseigentum übertragen. Das gilt auch für Garagen und Abstellplätze, auch wenn diese anders als im § 13 Abs 1 WGG nicht ausdrücklich erwähnt sind (5 Ob 54/16a).

Die Voraussetzungen für die Übertragung lauten (§ 15b WGG):

  1. die erste Überlassung muss in Miete erfolgt sein,
  2. die Baulichkeit muss vor mehr als fünf Jahren erstmals bezogen worden sein,
  3. die Bauvereinigung darf nicht bloß Bauberechtigte sein,
  4. die Erwerber:innen müssen alle Verpflichtungen der Bauvereinigung, wie insbesondere von zur Finanzierung der Herstellung der Baulichkeit oder deren Erhaltung und Verbesserung gewährten Darlehen (anteilig) übernehmen und
  5. der Preis muss nach den Grundsätzen des § 23 WGG angemessen sein.

Freiwilliger Verkauf

Eine Bauvereinigung kann ihren Mieter:innen gem § 15c lit b WGG freiwillig ein verbindliches Fixpreisangebot unterbreiten. Dies könnte sie auch, wenn sie bloß Baurechtsberechtigte wäre. Das Angebot kann von einer Mindestzahl von verbindlichen Annahmeerklärungen abhängig gemacht werden (etwa mindestens 60 Prozent der Mieter:innen des Hauses müssen die Wohnungen kaufen).

Erwerb durch Antrag der Mieter:innen

Der Anspruch der Mieter:innen nach § 15c lit a WGG auf Übertragung von Bestandsobjekten in ihr Eigentum setzt neben den Voraussetzungen des § 15b WGG weitere Kriterien voraus.

Seit der WGG-Nov 2019 ist bezüglich dieser Voraussetzungen aufgrund der Übergangsbestimmung § 39 Abs 37 WGG zwischen „Altmietverträgen“, also Mietverträgen die vor 01.08.2019 abgeschlossen wurden, und jenen ab diesem Zeitpunkt zu unterscheiden.

Bei Mietverträgen, die ab dem 1. August 2019 geschlossen wurden, gibt es folgende weitere Voraussetzungen für den Erwerb der Mietwohnung:

  • Seit dem Erstbezug des Hauses sind nicht mehr als 30 Jahre vergangen.
  • Die Nutzfläche des Objekts beträgt mehr als 40 Quadratmeter.
  • Bei Abschluss des Mietvertrages war eine Wohnbauförderung aufrecht.
  • Die Mieter:innen haben bei Anmietung mehr als 82,82 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche als Finanzierungsbeitrag bezahlt (Stand 1. April 2023). Der Betrag bezieht sich bei Erstbezugsmieter:innen auf die Grund- und Baukosten, bei späteren Mieter:innen nur auf die Grundkosten.
  • Zudem dürfen an dieser Stelle § 8 Abs 4 und 5 WGG nicht übersehen werden: Die Mieter:innen müssen österreichische Staatsbürger:innen oder gleichgestellte Personen wie zB EU-Bürgerin oder EU-Bürger sein.

Nach § 15e WGG können Mieter:innen mit Mietverträgen ab 01.08.2019 jeweils einen Antrag auf Übertragen des Eigentums und Legen eines Kaufangebots durch die Genossenschaft ab dem Beginn des 6. bis zum Ablauf des 10. Jahres, ab dem Beginn des 11. bis zum Ablauf des 15. Jahres und ab dem Beginn des 16. bis zum Ablauf des 20. Jahres des Mietverhältnisses stellen.

Für Altverträge (vor 01.08.2019) gelten folgende Abweichungen:

  • Der Anspruch der Mieter:innen endet nicht jedenfalls dreißig Jahre nach erstmaligem Bezug der Baulichkeit.
  • Die Förderung muss zum Zeitpunkt der Antragstellung und eben nicht zum Mietvertragsabschlusszeitpunkt noch aufrecht sein.
  • Es bedarf keiner Mindestnutzfläche von 40 m2.
  • Der Anspruch entsteht erst nach Ablauf von zehn Jahren (§ 15e idF vor der WGG -Nov 2019), bis zum Ablauf des 20. Jahres des Mietverhältnisses. Die Mieter:innen können nunmehr zwei Anträge, einmal ab dem Beginn des 11. bis zum Ablauf des 15. Jahres, und einmal ab dem Beginn des 16. bis zum Ablauf des 20. Jahres des Mietverhältnisses stellen.

Rechtsdurchsetzung

  1. Sollte die Bauvereinigung bei einem entsprechenden Antrag der Mieter:innen nicht fristgerecht (§ 15e WGG) ein Fixpreisangebot unterbreiten, können Mieter:innen einen Antrag auf Festsetzung des Preises gem § 22 Abs 1 Z 2a WGG bei Gericht bzw bei der Schlichtungsstelle (§ 39 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG) einbringen.
  2. Wenn die Bauvereinigung zwar fristgerecht ein Fixpreisangebot unterbreitet, dieses jedoch der Höhe nach den ortsüblichen Preis gleichartiger frei finanzierter Objekte überschreitet (§ 18 Abs 3b), können Mieter:innen bei Gericht oder Schlichtungsstelle binnen sechs Monaten ab Zugang des Fixpreisangebotes (§ 15d WGG) Einwendungen gem § 22 Abs 1 Z 6a WGG gegen den Preis erheben.

Sonderfall KFZ-Stellplätze

Nach § 15c WGG erfasst der Anspruch auf nachträgliche Eigentumsübertragung nur Wohnungen und Geschäftsräume. Ob KFZ-Stellplätze einzubeziehen sind, war bislang strittig.

In der bereits oben angeführten Entscheidung 5 Ob 54/16a lag eine nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum durch die Bauvereinigung unter den Voraussetzungen des § 15b WGG zugrunde. Die Bauvereinigung hat dem Mieter das gemietete Reihenhaus und den dazugehörigen Pkw-Abstellplatz zum Kauf und zur Übertragung ins Wohnungseigentum angeboten.

Der Fachsenat sprach aus, dass die nachträgliche Übertragung in das Eigentum nach § 15b WGG, auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt sind, auch für Garagen und KFZ-Abstellplätze gilt. Mit dieser Bestimmung wird der Bauvereinigung das Recht zur nachträglichen Übertragung eingeräumt. In einem solchen Fall sind die Preisbildungsnorm des § 15d WGG sowie die damit im Zusammenhang stehenden Bestimmungen des § 18 Abs 3, 3a und 3b WGG (analog) heranzuziehen.

Ob Mieter:innen einen Rechtsanspruch auf (nachträgliche) Übertragung einer Garage oder eines KFZ-Abstellplatzes in das Wohnungseigentum nach § 15c WGG (analog) haben hat diese Entscheidung aber nicht beantwortet.

Nun gibt es zum Rechtsanspruch, bzw nicht bestehenden Rechtsanspruch aktuelle Judikatur zu 5 Ob 50/23y.

Keine Gesetzeslücke – keine Analogie

Der OGH führt mit nachstehenden Erläuterungen aus, dass keine Gesetzeslücke vorliegt und daher die Voraussetzung für eine Analogie fehlt:

Die WRN 2002, mit der die Vorschriften über die nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum neu geregelt wurden, trat zwar kurz vor dem WEG 2002 in Kraft. Schon im Gesetzwerdungsprozess zum WEG 2002 war sich der Gesetzgeber aber darüber im Klaren, dass mit dessen Inkrafttreten Anpassungen unter anderem des WGG an die dadurch neu geschaffene Rechtslage erforderlich sind.

Damit kann der Umstand, dass der Gesetzgeber weder mit dem WE-Begleitgesetz 2002, noch mit einer der nachfolgenden Novellen zum WGG den Wortlaut des § 15c WGG um KFZ-Ein- oder Abstellplätze erweiterte, obwohl das Gesetz an anderer Stelle auf diese ebenfalls WE-tauglichen Objekte ausdrücklich Bezug nimmt (wie etwa in § 13 Abs 1 und § 15 Abs 1 WGG; auch § 10a Abs 1 lit d WGG), nur als bewusste Entscheidung darüber gewertet werden, den Mieter:innen insoweit keinen Rechtsanspruch auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum zu gewähren.

Für eine analoge Anwendung des § 15c WGG auf nicht mit der Wohnung oder einem Geschäftsraum mitvermietete Ein- und Abstellplätze verbleibt kein Raum.

Weiterer Rechtsweg

Sollte es einen vertraglichen Anspruch, allenfalls neben einem gesetzlichen Anspruch auf Eigentumserwerb nach § 15c WGG geben, so muss zu dessen Durchsetzung der streitige Rechtsweg zum Erwerb der Wohnung bzw des KFZ-Stellplatzes gewählt werden.

Bei dem in § 15c WGG normierten Anspruch des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf Übertragung des Mietobjekts ins Wohnungseigentum handelt es sich um einen besonderen gesetzlichen Anspruch, der die auf einer anderen Rechtsgrundlage beruhenden Ansprüche auf Erwerb von Wohnungseigentum unberührt lässt (RS0114513).

Nach der Rechtsprechung sind nur solche Ansprüche auf nachträgliche Übertragung von Wohnungen in das Wohnungseigentum im außerstreitigen Verfahren nach § 22 WGG zu prüfen, die sich auf das Gesetz stützen. Zur Durchsetzung vertraglicher Ansprüche haben die Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten demgegenüber den streitigen Rechtsweg zu beschreiten (RS0113518).

Kritik

Teile der Lehre stehen der Entscheidung kritisch gegenüber. Sie würde dem Zweck des WGG widersprechen. Novellen im WGG wären immer wieder von Versäumnissen begleitet gewesen. Die Berücksichtigung der Abstellplätze in § 13 Abs 1 und § 15 Abs 1 WGG fand sich bereits vor der Novelle. Ein Verkauf von Abstellplätzen an Investoren/Dritte und nicht an die, die Stellplätze benötigenden Mieter:innen, wäre im Lichte des § 23 Abs 1 WGG als Nebengeschäft gem § 7 Abs 3 Z 6 WGG genauso fragwürdig wie das Horten der Stellplätze bei der Bauvereinigung (vgl. Prader, ImmoZak 2023, 80).

Abschließendes

Die aktuelle Entscheidung lässt die Frage offen, ob Mieter:innen mit einem einheitlichen Bestandverhältnis über eine Wohnung samt Stellplatz einen Anspruch auf Kauf des Stellplatzes haben. Dieser Sachverhalt ist in der Praxis jedoch selten. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass im Fall der Mitvermietung eines KFZ-Stellplatzes dieser das Schicksal der Wohnung teilt und damit gemeinsam mit ihr der Bestimmung des § 15c WGG unterliegt (vgl. Molnar, immo aktuell 2021, 63).

Andererseits kann bei einem gegebenen Anspruch oder einem freiwilligen Anbot der GBV der Mieter nicht gezwungen werden, mehr als seine Wohnung bzw Geschäftsräumlichkeit zu kaufen. So kann die GBV ein Fixpreisangebot nicht unter der Bedingung legen, dass der Mieter auch einen gesondert angemieteten Kfz-Stellplatz erwirbt (Ortbauer/Puhr in GeKo Wohnrecht III § 15c WGG Rz 4).

Autor

Mag. Martin Brunnhauser ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.

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