25.01.2022 | Wohnrecht | ID: 1108554

Zur Benützungsvereinbarung über einen allein nutzbaren Stiegenaufgang

Eva-Maria Hintringer

OGH zur Frage, ob die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigt sind, wenn eine Benützungsvereinbarung für Wohnungseigentümer einer Dachgeschosswohnung die alleinige Nutzung des zur Wohnung führenden Stiegenaufgangs vorsieht.

Norm

§ 38 WEG 2002

Leitsatz

Quintessenz:

Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentumsbewerber- und Eigentümer untereinander sind nur dann nach § 38 WEG 2002 zu beurteilen, wenn es sich um Spätwirkungen der Vertragsübermacht des Wohnungseigentumsorganisators handelt. Die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer sind jedenfalls nicht unbillig beeinträchtigt, wenn eine Benützungsvereinbarung für alle Wohnungseigentümer einer Dachgeschosswohnung gleichermaßen die alleinige Nutzung des zur jeweiligen Wohnung führenden Stiegenaufgangs vorsieht.

OGH: Die Streitteile sind jeweils Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum. Die Beklagte ist Wohnungseigentümerin einer Dachgeschosswohnung, zu der ein Stiegenaufgang führt. Der Bauträger hatte dort – wie auch in sieben anderen Dachgeschossobjekten – eine Geländertür vorgesehen, die auch in der Bau- und Ausstattungsbeschreibung aufschien. Laut Wohnungseigentumsvertrag dürfen alle faktisch allein nutzbaren und zugänglichen Zugangsbereiche ab der ersten verschließbaren Tür von den jeweiligen Wohnungseigentümern allein benützt werden.

Vereinbarungen und Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, sind gemäß § 38 Abs 1 WEG 2002 unwirksam. Beschränkungen, die ein Wohnungseigentümer oder Wohnungseigentumsbewerber auch bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich genommen hätte, die also einer vernünftigen umfassenden Interessenabwägung entsprechen, sind im Sinn dieser Generalklausel nicht unbillig. Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentumsbewerber und Wohnungseigentümer untereinander sind nur dann nach § 38 WEG zu beurteilen, wenn es sich um Spätwirkungen der Vertragsübermacht des Wohnungseigentumsorganisators handeln sollte.

An diesen Grundsätzen orientierte sich das Berufungsgericht. Dass es selbst dann, wenn der Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags noch vom Wohnungseigentumsorganisator unter Ausnutzung von Vertragsübermacht veranlasst worden wäre, die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht als unbillig beeinträchtigt ansah, ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Die Benutzungsvereinbarung regelte für alle sieben Dachgeschossobjekte gleichermaßen die alleinige Nutzung durch den jeweiligen Wohnungseigentümer hinter der verschließbaren Geländertür. Dass diese zwischen den Wohnungseigentumsbewerbern selbst vereinbarte exklusive Nutzung dieses (geringen) Teils allgemeiner Flächen, die die übrigen Wohnungseigentümer nach den Feststellungen nicht benötigen, das Ergebnis der Vertragsübermacht der Wohnungseigentumsorganisatorin gewesen wäre, wurde weder behauptet noch festgestellt. Im Hinblick auf den fehlenden Bedarf der übrigen Wohnungseigentümer an der hinter der Geländertür liegenden Fläche bedarf auch die Auffassung des Berufungsgerichts, es liege jedenfalls keine unbillige Nutzungseinschränkung vor, keiner Korrektur. Der Umstand allein, dass für die Nutzung dieses exklusiv zugewiesenen Bereichs kein gesondertes Entgelt zu entrichten ist, reicht dafür nicht aus.

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