Dokument-ID: 491852

WEKA (bli) | News | 23.11.2012

Abberufung einer Sicherheitsfachkraft ohne Zustimmung des Arbeitsschutzausschusses?

Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofes befasste sich mit der Frage, ob die Abberufung einer Sicherheitsfachkraft als unwirksam zu erklären ist, weil vom Dienstgeber unterlassen wurde, den Arbeitsschutzausschuss damit zu befassen.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall übte ein Vertragsbediensteter eine Nebentätigkeit als Sicherheitsfachkraft aus. Nachdem der Dienstgeber eine Ausweitung der Stunden als Sicherheitsfachkraft bzw eine Ausübung der Tätigkeit außerhalb der regulären Dienstzeit forderte, weigerte sich der Vertragsbedienstete und übte die Funktion nur eingeschränkt aus.

Daraufhin kündigte der Dienstgeber die Vereinbarung, dass der Vertragsbedienstete in Form einer Nebentätigkeit als Sicherheitsfachkraft tätig sei. Der Vertragsbedienstete (Kläger) begehrte daraufhin in einem gerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass seine Teiltätigkeit als Sicherheitsfachkraft weiterhin aufrecht und die Kündigung der Teiltätigkeit als Sicherheitsfachkraft für rechtsunwirksam zu erklären sei. Dies begründete er unter anderem damit, dass die Beklagte vor dem Ausspruch der Kündigung nicht den Arbeitsschutzausschuss befasst habe, wie dies gemäß § 87 Abs 1 ASchG gesetzlich vorgesehen ist. Außerdem sei die Beklagte gesetzlich verpflichtet eine Sicherheitsfachkraft zu bestellen.

Die Beklagte hielt dem entgegen, dass die vom Kläger ausgeübte Nebentätigkeit als Sicherheitsfachkraft in keinem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gestanden hat.

Betriebseigene Sicherheitsfachkraft gemäß § 73 Abs 1 Z 1 ASchG?

Zu allererst musste gerichtlich geklärt werden, ob es sich bei der dienstvertraglichen Nebentätigkeit des Klägers um eine Tätigkeit als betriebseigene Sicherheitsfachkraft gemäß § 73 Abs 1 Z 1 ASchG gehandelt hat. Dies wurde vom OGH bejaht, denn die in diesem Paragraph verwendete Wortfolge, wonach betriebseigene Sicherheitsfachkräfte solche sind, die „im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses“ beschäftigt werden, muss schon infolge des weiten Arbeitnehmerbegriffs des § 2 Abs 1 ASchG weit ausgelegt werden.

Zustimmung des Arbeitsschutzausschusses bei Abberufung erforderlich?

Prinzipiell sieht das Gesetz (§ 87 Abs 1 ASchG) bei Abberufung einer Sicherheitsfachkraft vor, dass sich der Arbeitsschutzausschuss damit zu befassen hat. Eine Zustimmung zur Abberufung ist aber nicht erforderlich, denn im Grunde geht es bei der „Befassung“ nur darum, dass der Arbeitsschutzausschuss über die geplante Abberufung informiert wird.

Weiters besagt § 92a Abs 3 Satz 3 ArbVG, der die Folgen der Unterlassung der Befassung des Betriebsrats und des Arbeitsschutzausschusses regelt, dass die Sanktion der Unwirksamkeit nur für die Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern, nicht aber für deren Abberufung gilt. Somit hat die Unterlassung der „Befassung“ des Arbeitsschutzausschusses nicht die Unwirksamkeit der Abberufung zur Folge.

Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke?

Laut OGH liegt keine planwidrige Lücke vor, denn die Interessen der einzelnen Sicherheitsfachkräfte sind anderwärtig geregelt, etwa durch § 9 AVRAG und § 105 Abs 3 Z 1 lit g ArbVG.

Das Interesse an der „wirksamen“ Bestellung einer Sicherheitsfachkraft durch den Arbeitgeber wird außerdem durch Verwaltungsstrafen abgesichert (§ 130 Abs 1 Z 27 ASchG).

Zusammenfassend

Laut OGH stellt somit die Unterlassung der Befassung des Arbeitsschutzausschusses mit der Abberufung als Sicherheitsfachkraft keine Unwirksamkeit der Beendigung der Nebentätigkeit des Klägers dar. Der Kläger kann sich nicht auf Sittenwidrigkeit berufen.

OGH 24.04.2012, 8 ObA 31/11h