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Johann Schöffthaler | News | 23.11.2011

„Arbeitszeitaufzeichnung“ – ein oft missverstandenes Wort!

Gastautor Johann Schöffthaler erläutert in seinem Beitrag ausführlich, was bezüglich Arbeitsaufzeichnungen alles zu beachten ist. Denn Vorsicht: Sie als Arbeitgeber können haftbar gemacht werden, wenn die Aufzeichnungen nicht stimmen.

Grundsätzlich gilt:

Arbeitszeitaufzeichnungen sind ein Beweismittel für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften. Das gesetzliche Gebot zur Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Grenzen richtet sich in erster Linie an den Arbeitgeber, wie schon aus der Strafbestimmung zu erkennen ist. Der Arbeitgeber hat die Verpflichtung, für die schriftlichen Aufzeichnungen zu sorgen. Der Arbeitgeber kann mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser selbst die Aufzeichnungen führt (Achtung: dafür gibt es bestimmte Voraussetzungen), doch bleibt selbst bei einer solchen Vereinbarung die Verantwortung für ein gesetzeskonformes Ergebnis der Aufzeichnungspflicht beim Arbeitgeber.

D.h.: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Aufzeichnungen auf Vollständigkeit und Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu kontrollieren (vgl. OGH GZ 9ObA5/95).

Folgende Angaben müssen in der Arbeitszeitaufzeichnung ersichtlich sein:

  • der tatsächliche Beginn der täglichen Arbeitszeit,
  • das tatsächliche Ende der täglichen Arbeitszeit und
  • die Lage der Ruhepausen (ebenso Beginn und Ende)
    (bei den Ruhepausen gibt es eine Ausnahmenregelung im AZG).

Bei automationsunterstützten Arbeitszeiterfassungen können auch solche Zeiten erfasst werden, die vom Arbeitgeber nicht als Arbeitszeit angeordnet sind (z.B. Privatgespräche am Arbeitsplatz nach Arbeitsschluss). Es sollte daher jedenfalls eine laufende Bestätigung durch den Vorgesetzten oder eine Korrekturmöglichkeit bei solchen Aufzeichnungssystemen vorgesehen werden. Werden die Zeiten nicht korrigiert, gelten sie für die Behörde bis zum Beweis des Gegenteils als vermutete Arbeitszeiten.

Feststehende fixe Arbeitszeitgrenzen (z.B.: Büroarbeitszeiten, welche Montag bis Freitag immer die gleichen sind) entbinden nicht von der Aufzeichnungspflicht. Die im Vorhinein erstellten Dienstpläne sind schon grundsätzlich nicht geeignet, die tatsächlich geleisteten und daher erst im Nachhinein feststellbaren Arbeitszeiten und Ruhepausen zu dokumentieren (VwGH 27.9.2007, 2005/11/0183).

-> Dienstpläne sind keine Arbeitszeitaufzeichnungen!

Wenn die geleisteten Arbeitszeiten mit der fixierten Arbeitszeiteinteilung uhrzeitmäßig übereinstimmen, reicht es aus, dass die Arbeitszeitaufzeichnung die Information enthält, dass ein bestimmter (bestimmbarer) Arbeitnehmer an einem bestimmten Tag die festgelegte Arbeitszeit eingehalten hat. Zusatzinformationen sind dann nur erforderlich, wenn Mehrarbeit oder Überstunden geleistet wurden. Ein bloßer Hinweis auf die generelle Arbeitszeiteinteilung reicht aber nicht als Arbeitszeitaufzeichnung. Der Arbeitgeber muss Sorge dafür tragen, dass für jeden Tag die individuellen Arbeitszeiten nachvollziehbar sind.

Es gibt viele Handels- und Bürobetriebe, die die geleistete Arbeitszeit pauschal angeben – in Form eines Dienstplanes (im Handel oft mit einer Zeitzugabe der Vor- bzw Nacharbeitszeit zB für den Kassaabschluss). Stimmt jetzt der Zeitpunkt des Kassaabschlusses (Handel) oder eines verschickten Fax bzw Emails (Büro), welcher auf dem Kassaabschlussbeleg bzw Fax/Email ersichtlich ist, nicht mit der „Arbeitszeitaufzeichnung“ überein, so ist eine schlüssige Kontrolle der Arbeitszeiten durch die Behörde nicht mehr möglich. Dies ist somit für jeden Arbeitnehmer/in einzeln zu bestrafen (siehe § 28 Abs 8 Arbeitszeitgesetz).

Da die Arbeitszeitaufzeichnungen als Beweismittel gegenüber der Behörde und für Entgeltansprüche gelten, sind schuldhaft falsche Eintragungen oder Verfälschungen für den jeweils Verantwortlichen jedenfalls rechtswidrig. Für den Arbeitgeber sind damit verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen verbunden.

Mangelhafte Aufzeichnungen können auch zur Nachzahlung von Versicherungsbeiträgen an die Sozialversicherung oder zur Nachversicherung führen. Ist der Arbeitgeber nicht in der Lage, Aufzeichnungen der geleisteten Arbeitsstunden vorzulegen, darf der Versicherungsträger von seinem Recht auf Schätzung Gebrauch machen (§ 42 Abs 3 ASVG). Ein konkretes Ermittlungsverfahren muss in diesen Fällen nicht durchgeführt werden (VwGH 21.6.2000, GZ 95/08/0050).

Beispiel:

Ein österreichweit tätiges Restaurantunternehmen beschäftigt insgesamt 1000 Arbeitnehmer/innen. Diese müssen sich bei Arbeitsbeginn und Ende ein- bzw ausstempeln. Die Stempeluhr ist in der Küche montiert. Bevor man aber die Küche betreten darf, muss man sich desinfizieren (waschen) und das zur Verfügung gestellte Arbeitsgewand anziehen, diese Vorgänge dauern insgesamt ca 10 Minuten. Das gleiche gilt beim Verlassen des Restaurants. Das heißt, das Unternehmen registriert ca 20 Minuten geleistete Arbeitszeit pro Arbeitnehmer/in pro Tag nicht. Wenn man jetzt vom Gleichzeitigkeitsfaktor von 50 % ausgeht (tatsächliche Beschäftigung) reden wir hier von 1000 Minuten geleisteter Arbeitszeit, das sind 16 Stunden und 40 Minuten pro Tag, welche vom Versicherungsträger nachgefordert werden können.

Ebenso können sämtliche Arbeitnehmer/innen diese Arbeitszeit geltend machen und da der tatsächliche Arbeitsbeginn und das tatsächliche Arbeitsende nicht ersichtlich sind, kann dies hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitnehmers seitens der Behörde gestraft werden (Mindeststrafe gemäß Arbeitszeitgesetz pro Arbeitnehmer/in 218 Euro).

Durch die vertragliche Verlagerung der Aufzeichnungspflicht auf den Arbeitnehmer kann sich der Arbeitgeber nicht der Verantwortung für die Aufzeichnungen entledigen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer anzuleiten, wie die Aufzeichnungen zu führen sind, er hat ihn dabei zu unterstützen und auch durch Stichproben zu kontrollieren, ob die Aufzeichnungen ordnungsgemäß geführt werden. Bei Mängeln in den Arbeitszeitaufzeichnungen ist der Arbeitgeber dennoch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wenn er nicht nachweist, dass ihn nicht einmal leichte Fahrlässigkeit an den fehlerhaften Aufzeichnungen in Form mangelhafter Anleitung oder unzureichender Kontrolle trifft. Es liegt hier ein typischer Fall der Beweislastumkehr bei Nichterfüllung von Verpflichtungen vor (§ 1295 Abs 2 ABGB als allgemeiner Rechtsgrundsatz).

Deshalb als Rat für jedes Unternehmen:

Es rentiert sich auf alle Fälle, das eigene Zeiterfassungssystem für die geleisteten Arbeitszeiten zu hinterfragen, ob es noch auf dem aktuellen Stand ist, ob sämtliche gesetzlich geforderten Angaben enthalten sind (bei den meisten hapert es bei der Lage der Ruhepausen) und natürlich ob es laufend kontrolliert wird.