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Johann Schöffthaler | News | 07.09.2015

Der intelligente Fahrtenschreiber und die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 – die Zukunft hat bereits begonnen

Gastautor Johann Schöffthaler erläutert, was Unternehmen bezüglich des neuen Fahrtenschreibers beachten müssen. Welche Regelungen gelten durch die neue EU-Verordnung und wann treten diese in Kraft?

„Die Verwendung von Fahrtenschreibern, die an ein globales Satellitennavigationssystem angebunden sind, ist ein geeignetes und kostengünstiges Mittel für die automatische Aufzeichnung des Standorts des Fahrzeugs an bestimmten Punkten während der täglichen Arbeitszeit zur Unterstützung der Kontrolleure bei ihren Kontrollen und sollte daher eingeführt werden.“

Im § 17a Abs 1 und 2 Arbeitszeitgesetz ist geregelt, dass die Arbeitgeberin bzw der Arbeitgeber verpflichtet ist, seine Lenker und Lenkerinnen zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Verwendung des digitalen Kontrollgerätes und der Fahrerkarte ausreichend und nachweislich in der Handhabung zu unterweisen oder die ausreichende Unterweisung nachweislich sicher zu stellen. Weiters müssen Arbeitgeber/innen alle sonst dafür notwendigen Maßnahmen treffen, insbesondere eine Bedienungsanleitung sowie genügend geeignetes Papier für den Drucker zur Verfügung stellen. Alle relevanten Daten aus dem digitalen Kontrollgerät und von der Fahrerkarte eines Lenkers bzw einer Lenkerin müssen lückenlos elektronisch herunter geladen und auf einen externen Datenträger übertragen werden und von allen übertragenen Daten unverzüglich Sicherungskopien erstellt werden, die auf einem gesonderten Datenträger aufzubewahren sind.

Infos für Unternehmer/innen

Die relevante Information für Unternehmer und Unternehmerinnen ist nun folgende:

  1. Entsprechend Artikel 2 der Richtlinie 2006/22/EG müssen mindestens 30 % aller überprüften Arbeitstage bei Straßenkontrollen und mindestens 50 % der überprüften Arbeitstage bei Kontrollen auf dem Betriebsgelände von Unternehmen geprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass bei der Berechnung dieser prozentualen Aufteilung nach Artikel 2 der Richtlinie 2006/22/EG nicht die Mindestzahl der zu überprüfenden Arbeitstage, sondern die Zahl der vom jeweiligen Mitgliedstaat tatsächlich überprüften Arbeitstage zugrunde gelegt wird.
    Allerdings wurden bisher vorwiegend Straßenkontrollen durchgeführt. Durchschnittlich handelte es sich bei mehr als 80 % der Kontrollen um Straßenkontrollen. Somit erfüllt Österreich und auch die meisten EU-Mitgliedsstaaten nicht die geforderte Quote im Sinne der Richtlinie, hingegen wird die Anzahl der zu kontrollierenden Lenktage, welche von der EU vorgegeben sind, von Österreich erfüllt (vgl. Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion).
    Die Aufdeckungsrate bei Kontrollen auf dem Betriebsgelände ist laut dem BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Durchführung der Verordnung (EG) Nr 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und der Richtlinie 2002/15/EG zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben vom 21.11.2014, dreimal so hoch wie bei Straßenkontrollen. Kontrollen auf dem Betriebsgelände sind offenbar wirkungsvoller (bis zu fünfmal so hoch) als zufällige Straßenkontrollen. Abweichungen zwischen den Aufdeckungsraten machen aber deutlich, dass die Europäische Union bei der Durchsetzung noch bei Weitem keinen harmonisierten Rechtsraum geschaffen hat, da hierfür in unterschiedlichem Maße Ressourcen bereitgestellt werden, die Einhaltung der Straßenverkehrsgesetze auf unterschiedliche Weise überprüft wird und Zuwiderhandlungen unterschiedlich sanktioniert werden.

    So ist es auch in Österreich so, dass bei der Strafbemessung für die Übertretungen, die Lenker und Lenkerinnen meist mit höheren Strafsummen als die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen belangt werden (der Autor spricht aus eigener Erfahrung aufgrund seiner fünfzehnjährigen Tätigkeit als Berufskraftfahrer im Fernverkehr).

    Somit wird auch in Österreich bald der Ruf nach einer gesteigerten Kontrolle in den Betrieben durch befugte Kontrollbehörden seitens der EU-Kommission laut werden.

  2. Es erfolgt gemäß VO (EU) Nr 165/2014 vom 4. Februar 2014 zukünftig (Stichtag sollte der 2. März 2016 sein) durch den intelligenten Fahrtenschreiber eine Aufzeichnung des Fahrzeugstandorts an bestimmten Punkten bzw Zeitpunkten während der täglichen Arbeitszeit. Um die Überprüfung der Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu erleichtern, wird der Standort des Fahrzeugs an folgenden Punkten bzw Zeitpunkten oder am nächstgelegenen Ort, an dem das Satellitensignal verfügbar ist, automatisch aufgezeichnet:
    • Standort zu Beginn der täglichen Arbeitszeit;
    • nach jeweils drei Stunden kumulierter Lenkzeit;
    • Standort am Ende der täglichen Arbeitszeit.
  1. 15 Jahre nachdem neu zugelassene Fahrzeuge mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet sein müssen, statten die Mitgliedstaaten ihre Kontrollbehörden mit den Geräten zur Früherkennung per Fernkommunikation aus, die für die Datenkommunikation benötigt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt steht es den Mitgliedstaaten frei, ihre Kontrollbehörden mit den Fernkommunikationsgeräten für die Früherkennung auszustatten.
  • Bei der Kommunikation dürfen nur Daten übertragen werden, die für die Zwecke der gezielten Straßenkontrolle von Fahrzeugen notwendig sind, deren Fahrtenschreiber mutmaßlich manipuliert oder missbraucht wurde. Diese Daten müssen sich auf folgende vom Fahrtenschreiber aufgezeichnete Ereignisse oder Daten beziehen:
    • letzer Versuch einer Sicherheitsverletzung,
    • längste Unterbrechung der Stromversorgung,
    • Sensorstörung,
    • Datenfehler Weg und Geschwindigkeit,
    • Datenkonflikt Fahrzeugbewegung,
    • Fahren ohne gültige Karte,
    • Einstecken der Karte während des Lenkens,
    • Zeiteinstellungsdaten,
    • Kalibrierungsdaten einschließlich des Datums der zwei letzten Kalibrierungen,
    • amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
    • vom Fahrtenschreiber aufgezeichnete Geschwindigkeit.

Hinweis VO (EU) Nr 165/2014 vom 4. Februar 2014

Diese Verordnung enthält die Pflichten und Vorschriften betreffend die Bauart, den Einbau, die Benutzung, die Prüfung und die Kontrolle von Fahrtenschreibern im Straßenverkehr, um die Einhaltung der Verordnung (EG) Nr 561/2006, der Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) und der Richtlinie 92/6/EWG des Rates (5) zu überprüfen.

Hinweis zur Richtlinie 2002/15/EG

Diese Richtlinie enthält unter anderem Vorschriften zur Einhaltung angemessener Ruhepausen während der Arbeitszeiten, zur durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit und zur Nachtarbeit. Sie ergänzt die Vorschriften über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten, die in der Verordnung (EG) Nr 561/2006 niedergelegt sind.

Da in dieser Richtlinie bestimmte Vorschriften über die Arbeitszeiten niedergelegt sind, die sich spezifisch auf den Straßenverkehrssektor beziehen, gilt sie als „lex specialis“ zur allgemeinen Richtlinie 2003/88/EG13 über die Arbeitszeit, in der grundlegende Regelungen für die Arbeitszeitgestaltung aller Arbeitnehmer vorgeschrieben sind. Allerdings sieht auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Artikel 31 Bestimmungen zu Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen vor, die bei der Umsetzung des EU-Rechts beachtet werden müssen. Darüber hinaus sind auch eine Reihe grundlegender Schutzvorschriften, die in der allgemeinen Arbeitszeitrichtlinie beispielsweise über den Jahresurlaub und unentgeltliche Untersuchungen des Gesundheitszustands für Nachtarbeiter niedergelegt sind, auf im Straßenverkehr tätiges Fahrpersonal anwendbar.