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Johann Schöffthaler | News | 21.11.2012

„Falsche“ Arbeitszeitaufzeichnungen – Rechtliche Folgen

Gastautor Johann Schöffthaler gibt in seinem Beitrag einen Überblick darüber, was unter die Arbeitszeit fällt und welche rechtlichen Folgen falsche Arbeitszeitaufzeichnungen für ArbeitgeberInnen mit sich bringen können.

Ein Grundrecht jedes/r Arbeitnehmers/in ist die Entlohnung für die geleistete Arbeit. Damit ein/e ArbeitnehmerIn feststellen kann, ob die Entlohnung ordnungsgemäß erfolgte, muss der/die ArbeitgeberIn Arbeitszeitaufzeichnungen führen. Diese Arbeitszeitaufzeichnungen müssen den tatsächlichen Beginn der Arbeitszeit, das tatsächliche Ende der Arbeitszeit und die Lage der Ruhepausen enthalten. (Eine Ausnahme dieser Regelung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, welche in § 26 Abs 5 Arbeitszeitgesetz beschrieben sind).

Wie wird Arbeitszeit im Gesetz definiert?

Gemäß § 2 Abs 1 und 2 Arbeitszeitgesetz ist:

  1. Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen;
  2. Tagesarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von vierundzwanzig Stunden;
  3. Wochenarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag.

Arbeitszeit ist auch die Zeit, während der im Übrigen Betrieb Beschäftigte in ihrer eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt werden. Werden ArbeitnehmerInnen von mehreren ArbeitgeberInnen beschäftigt, so dürfen die einzelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten.

So weit, so klar!

Was zählt zur Arbeitszeit?

Schwierig wird es, wenn man versucht herauszufinden, was nun wirklich alles zur Arbeitszeit gezählt werden kann. Wann oder wo beginnt bzw endet die Arbeitszeit tatsächlich?

Die Judikatur zu diesem Thema ist sehr ausführlich und bei näherer Betrachtung ergibt sich ein klares Bild, dass Arbeitszeit auch mit dem „Ausfluss“ des Arbeitsvertrages (vgl. zB OGH 30.06.1994, RdW 1995, 67 und VwGH 17.06.1993, ARD 4487/35/93) zu tun hat.

Als Beispiel eine KFZ-Werkstätte:

Im Arbeitsvertrag stehen die klassischen Vereinbarungen bzgl Entlohnung, Verpflichtungen, etc

Eine der Verpflichtungen bezieht sich auf die Betriebsordnung, in welcher geschrieben steht, dass ArbeitnehmerInnen pünktlich und in der von der/dem ArbeitgeberIn zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung seine Tätigkeit aufzunehmen haben.

In der Praxis sieht das meistens so aus, dass die ArbeitnehmerInnen in der Früh in der Betriebsstätte ankommen, sich umziehen, einstempeln (für die Arbeitszeiterfassung) und pünktlich um 08:00 Uhr am definierten Arbeitsplatz mit der Arbeitstätigkeit beginnen, am Ende des Arbeitstages sich ausstempeln, umziehen und nach Hause fahren.

Umkleiden:

Das Umkleiden ist Arbeitszeit, denn das An- und Ablegen der in der Betriebsordnung beschriebenen Arbeitskleidung ist lediglich fremdnützig und damit zur Arbeitszeit zu zählen (vgl. Bundesarbeitsgericht vom 10.11.2009, 1 ABR 54/08).

Arbeitszeiterfassung:

Der nächste Punkt ist die Positionierung des Zeiterfassungssystems. Die Arbeitszeit beginnt, sobald man sich im Einflussbereich des Dienstgebers befindet, das heißt, das Zeiterfassungssystem ist dort zu installieren, wo man die Betriebsanlage betritt.

„Der Weg zwischen tatsächlichem Ort der Arbeitsverrichtung und dem Kontrollpunkt (Stechuhr) ist in die Arbeitszeit einzurechnen“, damit ist gemeint, das Betätigen der Stechuhr ist jeweils erste und letzte tägliche Arbeitshandlung, die dazwischenliegende Zeit ist als Arbeitszeit zu qualifizieren (vgl. Erkenntnis VwGH vom 23.05.1989, GZ 88/08/0005).

Rechtsfolgen

Die daraus resultierenden Rechtsfolgen im beschriebenen Fallbeispiel wären folgende:

1) Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit ist nicht feststellbar, da die Dauer des Umkleidens und der Weg von der Stechuhr bis zum eigentlichen Einsatzort für das befugte Kontrollorgan im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar sind. Verstöße gegen die Aufzeichnungspflichten gemäß § 26 Abs 1 bis 5 Arbeitszeitgesetz sind hinsichtlich jedes/r einzelnen ArbeitnehmerIn gesondert zu bestrafen, wenn durch das Fehlen der Aufzeichnungen (Umkleiden und Wegdistanz) die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar wird (Strafrahmen 218 Euro bis 2180 Euro, im Wiederholungsfall 360 Euro bis 3600 Euro).

2) Unterschlagung von Arbeitszeit ist Unterschlagung von Sozialabgaben hinsichtlich der Bestimmungen der Gebietskrankenkassen.

3) Unterschlagung von Arbeitszeit ist Unterschlagung von Lohnsteuer hinsichtlich der Bestimmungen des Finanzamtes.

4) Ist wegen Fehlens von Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unzumutbar, werden Verfallsfristen gehemmt. Somit kann jede/r betroffene Arbeitnehmer/in die entgangene Entlohnung der letzten 3 Jahre (Arbeitsvertragsrecht) nachfordern.

Der Gesetzgeber ist sehr streng mit der Auslegung und sehr restriktiv in der Bestrafung, da es sich nicht um „Kavaliersdelikte“ handelt.

Dass in der gängigen Praxis bezüglich der Art und Weise, wie die Dienstgeber Arbeitszeitaufzeichnungen führen, seitens der Kontrollbehörden (insbesondere des Arbeitsinspektorates), viel toleriert wird, entbindet nicht von der Verpflichtung.