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WEKA (lve) | News | 15.01.2018

Flexibel arbeiten – Bereicherung oder Ballast?

Für Arbeitnehmer ist heute ein hohes Maß an Flexibilität unerlässlich. Hinter diesem Modell verbergen sich aber oft zahlreiche Stolpersteine. Welche das sind und wie man Flexibilität vorteilhaft nutzen kann, erfahren Sie hier.

Flexibel zu arbeiten wird immer mit einer gewissen Freiheit über das eigene Arbeitsschaffen assoziiert. Sich seine Arbeit selber einzuteilen kann dabei helfen, Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen. Doch sind flexible Arbeitszeiten wirklich so flexibel? Häufig stecken hinter dem Wunsch nach Flexibilität der Arbeitnehmer, Anforderungen der Kunden und Arbeitgeber, für das Unternehmen jederzeit verfügbar zu sein.

Schwierige Vereinbarkeit trotz Flexibilität

Flexibilität verspricht, dass sich das berufliche und private Leben besser organisieren lässt. Leider sieht das in der Realität häufig ganz anders aus. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zu den Folgen geschlechterspezifischer Folgen flexibler Arbeitszeiten fand heraus, dass Frauen durch die Flexibilität auch zuhause arbeiten zu können, abends schwerer abschalten können. Sie können auch dadurch, dass sie Arbeit mit nach Hause nehmen, schwerer am Familienalltag partizipieren und sind dadurch automatisch gestresster. Männer hingegen arbeiten bei totaler Flexibilität tendenziell mehr. Eine spontane Dienstplanänderung, die mit flexiblen Arbeitszeiten einhergeht, verursacht vor allem bei Frauen mit Familien eine hohe Organisationsfähigkeit. In Betrieben fehlen oftmals die Rahmenbedingungen sowie das Verständnis und die Anerkennung von wirklicher Flexibilität in der Arbeitspraxis.

Probleme mit Erschöpfung und Demotivation

Die Forschungs- und Beratungsstelle (FORBA) beschäftigte sich bereits 2016 mit der Problematik rund um die Flexibilität der Arbeitnehmer. Sie fand heraus, dass diese Form der Arbeitsgestaltung zahlreiche unerfreuliche Stolpersteine für den Arbeitnehmer bereithält:

  • Arbeitnehmer, bei denen Arbeitszeitflexibilität hauptsächlich durch den Arbeitgeber bestimmt wird, leiden häufiger unter körperlicher Erschöpfung und bewerten ihre Berufszukunft pessimistischer.
  • Mitarbeiter, die kurzfristig über Arbeitszeitänderung informiert werden, haben ein höheres Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigung.
  • Beschäftigte gestalten ihre Gleitzeit primär nach der Arbeitsmenge und orientieren sich eher nicht an den persönlichen Bedürfnissen.
  • Personen mit flexiblen Arbeitszeiten sehen die Möglichkeit, ihre derzeitige Beschäftigungsform bis in die Pension auszuführen als weniger wahrscheinlich an als jene Personen, die über weniger Über- und Mehrstunden verfügen.

Selbstbestimmung ist wichtig

Wie kann also Flexibilität für den Betrieb und Arbeitgeber vorteilhaft genutzt werden? Das Stichwort lautet hier Selbstbestimmung. Flexibilität der Arbeitszeiten kann nur dann einen positiven Einfluss auf die körperliche (Blutdruck, Schlaf etc) und seelische Gesundheit (Wohlbefinden, Arbeitszufriedenheit usw) nehmen, wenn Arbeitnehmer Einfluss darauf haben. Flexibilität in der Arbeitswelt ist nämlich keine Einbahnstraße, die nur Arbeitgebern und Wirtschaft nutzen soll. Die Voraussetzung für Arbeits- und Lebenszufriedenheit bildet also die Selbstbestimmung bei flexibler Arbeit.

Zentrale Kriterien für die optimale Nutzung von Flexibilität

Flexibilität kann durchaus vorteilhaft für den Betrieb genutzt werden und auch als Chance begriffen werden, für den Arbeitnehmer günstigere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Um dies überhaupt möglich zu machen, müssen folgende Kriterien erfüllt werden:

  • Weiterbildung
  • Erhalt der Gesundheit
  • Gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Faire Bezahlung und Erhalt des Überstundenzuschlags
  • Eine abgesicherte Mitbestimmung bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiten

Win-Win-Lösungen schaffen

Das Ziel flexibler Arbeitszeiten ist, dass beide Seiten – sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber – davon profitieren können. Eine Herausforderung hier ist, die persönlichen Anforderungen der Kollegen nicht gänzlich den wirtschaftlichen Interessen der Betriebe unterzuordnen. Personalverantwortliche wissen manchmal nicht, welche Möglichkeiten es bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gibt. Bei einem guten Arbeitszeitenmodell steht der Mensch im Vordergrund. Man muss versuchen, nicht nur die Produktionszeiten der Arbeitnehmer zu planen, sondern auch seine Freizeit. Die Bedürfnisse der einzelnen Arbeitnehmer sind dabei unterschiedlich und individuell. Aus diesem Grund sollte ein gewisser Gestaltungsspielraum für jeden Arbeitnehmer geschaffen werden, der einerseits Freiheiten zulässt und auch fixe Produktionszeiten miteinrechnet. Mit einem gut funktionierenden Arbeitszeitmodell wird die Gesundheit der Mitarbeiter gewährleistet und die Produktivität des Unternehmens aufrechterhalten.

Quelle:

Magazin gesunde arbeit (Ausgabe 4/2017)

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