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Josef Schaffer | News | 26.05.2011

Gefährdungsbeurteilung – immer die gleichen Diskussionen

DI Josef Schaffer erläutert, welche Probleme und Argumentationen bei unterschiedlichen Auf-fassungen bezüglich einer Gefährdung möglich sind.

Kennen Sie das Problem? Sie machen einen Betriebsrundgang und stellen eine Gefährdung fest, der Ansprechpartner für den Bereich oder die Geschäftsleitung erklärt Ihnen jedoch, dass das gar nicht sein kann, da hier die letzten Jahre keine Unfall passiert ist.

Zugegebener Maßen gibt es bei diesem Themenkomplex Unterschiede, je nachdem ob man als interne oder externe SFK tätig ist. Bei internen SFK’ wird meist ein „mildes“ Lächeln geerntet, da die Handelnden oft die Relevanz nicht erkennen wollen oder können. Bei externen Sicherheitsfachkräften wird dieser Punkt meist übersprungen und zumeist ist der Ansprechpartner in der Geschäftsleitung ange-siedelt. Dadurch spricht man meist mit Personen, die wenig vom Ort der Gefährdung wissen und die-sen des öfteren nicht einmal genau kennen.

Der weitere Ablauf ist dann wieder gleich.

Zuerst müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass es wenig Verständnis für Ihre Ausführungen gibt. Die handelnden Personen müssen etwas unternehmen, niemand will einen „schwarzen Punkt“ bekommen und zumeist ist eine Beseitigung der Gefahrenstellen schwierig – sonst würde es diese gar nicht geben.

Wenn Sie schon einmal ein solches Problem hatten – versuchen Sie folgende Vorgangsweise:

  1. Erläutern Sie, welche Gefährdung vorliegt.
  2. Nehmen Sie Ihrem Gesprächspartner die Angst, dass sofort gravierende Maßnahmen gesetzt werden müssen.
  3. Stellen Sie klar, dass Sie der Fachmann oder die Fachfrau für das Erkennen und Beurteilen von Gefahren, Gefährdungen oder Belastungen sind.
  4. Machen Sie den Zuständigen zu Ihrem Verbündeten, den dieser kann Ihnen bei einer Lösung am besten helfen, da er den Arbeitsplatz oder die Tätigkeit sehr gut kennt.
  5. Führen Sie eine Risikobewertung durch (zumeist reicht eine Matrix mit Unfallschwere und Eintrittswahrscheinlichkeit).
  6. Entwickeln Sie an das Risiko angepasste Maßnahmen.

Beginnen Sie mit einem Beispiel, bei dem als Maßnahme eine einfache Lösung festgelegt wird. Eines meiner liebsten Themen ist die Stolperstelle bei einer Türschwelle (österreichisch: Türstaffel) – darauf stoße ich zumeist, wenn ich bei einem neuen Kunden die ersten Begehungen durchführe.

Beispiel – Stolperstelle Türschwelle:

Türen, insbesondere in älteren Gebäuden, sind zumeist mit einer Türschwelle ausgestattet, oft als Türanschlag oder Teil des Türstockes.

Zweifelsfrei handelt es sich dabei um eine Stolperstelle.

Argumente der Ansprechpartner:

Dieses Gebäude steht nun bereits seit Jahrzehnten und bisher ist noch niemand hier gestolpert bzw hat sich verletzt. Weiters sei es technisch gar nicht möglich die Türschwelle mit vertretbarem Aufwand zu entfernen (zumeist gibt es natürlich viele solcher Türen im Gebäude).

Stellen Sie klar, dass diese Beurteilung dokumentiert wird und nun die Verantwortung für mögliche Unfälle oder Verletzungen beim Bereichszuständigen liegt.

Beurteilung und Risikobewertung

Stellen Sie klar, dass es sich trotzdem um eine Stolperstelle handelt (Sie sind die Fachkraft) und dass vorerst noch keine Investitionen notwendig sind.

Beurteilen Sie die Eintrittswahrscheinlichkeit -> wie oft wird die Tür verwendet, mit welcher Geschwindigkeit gehen die Leute an dieser Stelle, ist die Schwelle gut sichtbar (z.B. andere Farbe, Höhe der Schwelle, etc), ist ausreichend Licht bzw Helligkeit vorhanden, welches Schuhwerk tragen die Personen, fragen Sie nach möglichen Vorfällen in der Vergangenheit, etc

Beurteilen Sie die mögliche Unfallschwere -> gibt es im Raum Stellen, an denen sich Personen verletzen könnten (z.B. Tischkanten, Stufen, oä), tragen die Personen möglicherweise gefährliche Dinge, Flüssigkeiten, etc

Maßnahmen festlegen

Entwickeln Sie die Maßnahmen gemeinsam mit den Verantwortlichen, Sie benötigen deren Akzeptanz für die Maßnahmen und müssen anerkennen, dass die Verantwortlichen in ihrem Bereich die Fachleute sind.

Bei den meisten Türschwellen werden Sie feststellen, dass das Risiko keine unmittelbaren Maßnahmen erfordert. Als die häufigsten Maßnahmen ergeben sich dann:

  1. Sichtbarkeit der Türschwelle (soweit nicht gegeben): Diese wird durch einen anderen Belag oder durch eine entsprechende Kennzeichnung (z.B. gelber oder schwarz/gelber Streifen) erreicht. Das bewirkt, dass die Bodenunebenheit wahrgenommen wird.
  2. Unterweisung der MitarbeiterInnen: Dies ist nur dann sinnvoll, wenn wenige Personen auf diesen Durchgang angewiesen sind. Nicht zielführend sind zumeist Hinweisschilder auf der Tür selbst, den diese werden entweder nicht wahrgenommen bzw gelesen oder sie lenken den Blick der Personen von der Gefahrenstelle ab.

Fazit:

Versuchen Sie andere Wege zum Ziel, stellen Sie klar dass infragen der Gefährdungsbeurteilung Sie die Fachkraft sind und verwenden Sie die Zeit für die Festlegung der gelindesten Maßnahmen und nicht für unnötige Diskussionen.