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Gleitende Arbeitszeit – was ist zu beachten?
Gastautor Johann Schöffthaler beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der Frage, wann per Gesetz von gleitender Arbeitszeit gesprochen werden kann und in welchen Fällen eigentlich Überstundenarbeit zu vergüten wäre.
Einige Betriebe (vor allem im Handel) haben in letzter Zeit die Unart entwickelt, insbesondere für deren Teilzeitbeschäftigte, ihr Arbeitszeitmodell auf so genannte Gleitzeitmodelle umzustellen. Gleitzeit mit der Begründung, da Beschäftigte früher nach Hause geschickt werden, weil es ja öfters vorkommt, dass der Geschäftsgang sehr gering ist und, da ja nichts mehr zu tun ist und man die Beschäftigten nicht zwingen will, bis zum offiziellen Arbeitszeitende im Betrieb zu verbleiben. Dafür wird die fiktive Tagesnormalarbeitszeit auf 10 Stunden am Tag erhöht. Das Ergebnis ist vor allem gewinnbringend für die Arbeitgeberin, da ja sämtliche Mehrarbeitszeit- und Überstundenzuschläge entfallen. Aber dabei werden oft folgende Regelungen übersehen bzw übergangen:
§ 4b. Abs 1 Arbeitszeitgesetz (AZG):
Gleitende Arbeitszeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann.
§ 4b. Abs 2 AZG:
Die gleitende Arbeitszeit muss durch Betriebsvereinbarung, in Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, durch schriftliche Vereinbarung geregelt werden (Gleitzeitvereinbarung).
§ 4b. Abs 3 AZG:
Die Gleitzeitvereinbarung hat zu enthalten:
1. die Dauer der Gleitzeitperiode,
2. den Gleitzeitrahmen,
3. das Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode und
4. Dauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit.
§ 4b. Abs 4 AZG:
Die tägliche Normalarbeitszeit darf zehn Stunden nicht überschreiten. Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf innerhalb der Gleitzeitperiode die wöchentliche Normalarbeitszeit gemäß § 3 AZG im Durchschnitt nur insoweit überschreiten, als Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben vorgesehen sind.
Das heißt, bei der Gleitzeit lässt der Gesetzgeber die zuschlagsfreie, 1:1 in Zeitausgleich wettzumachende Mehrarbeit auch ohne kollektivvertragliche Grundlage deswegen zu, weil es hier grundsätzlich die Arbeitnehmerin selbst ist, die die flexible Gestaltung der Arbeitszeit in der Hand hat (§ 4b Abs 1 AZG). Die Arbeitnehmerin bestimmt, an welchen Tagen sie länger als acht Stunden arbeitet; die Arbeitnehmerin teilt sich die Arbeit so ein, dass diese von ihr selbst eingeteilten Mehrarbeitsspitzen durch entsprechenden Zeitausgleich zu von ihr gewählten Zeitpunkten wieder „abgefeiert“ werden. Auf Grund dieser am Vorteil des Arbeitnehmers orientierten Grundausrichtung der Gleitzeit hat der Gesetzgeber die Gestaltung der Grundparameter der Gleitzeit recht weitgehend in die Hand der Partner auf betrieblicher oder sogar einzelvertraglicher Ebene gelegt.
Das Gesetz aber definiert Gleitzeit so, dass die Arbeitnehmerin „innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende ihrer täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann“. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, wird die Arbeitszeit an einem Tag zB durch die Wahrnehmung einer Warenanlieferung oder sonstige unaufschiebbare Arbeiten wie zB eine tägliche Inventur, betrieblich vorgegeben, ist die gesetzliche Bedingung für die Zulässigkeit der Flexibilisierung weggefallen und dementsprechend eine Überschreitung der sonst gültigen Grenzen der Normalarbeitszeit an diesem Tag als Überstundenarbeit zu behandeln.
Beispiel:
Gleitzeitrahmen in einem Bürobetrieb ist von 07:30 bis 16:30 Uhr täglich. Die Arbeitgeberin veranschlagt eine Besprechung um 17:00 Uhr mit einer Dauer von 1,5 Stunden. Beginnt nun eine Mitarbeiterin an diesem Tag mit ihrem selbstgewählten Arbeitszeitbeginn um 08:00 Uhr, macht eine halbe Stunde Mittagspause und nimmt an der Besprechung teil, so hat sie eine geleistete Tagesarbeitszeit von insgesamt 10 Stunden. Die Zeit von 16:30 Uhr bis 18:30 Uhr ist nun aber nicht als Gleitzeit zu rechnen, sondern als Überstundenarbeit zu vergüten, da das Ende der Tagesarbeitszeit von der Mitarbeiterin nicht selbst bestimmt, sondern von der Arbeitgeberin durch die Besprechung vorgegeben wurde.
Diese Übertretungen betreffen somit auch die Sozialabgaben (Krankenkassa) und die Lohnsteuer (Finanzamt).