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WEKA (bli) | News | 21.06.2017

Haftet der Bauherr auf einer Baustelle, wenn der Verunfallte sorglos gehandelt hat?

Eine aktuelle OGH-Entscheidung zeigt, dass nicht nur der Bauherr haftbar gemacht werden kann, sondern auch den Verunfallten selbst eine Mitschuld treffen kann, wenn er auf einer Baustelle sorglos handelt.

Sachverhalt

Der Bauherr bestellte für seine Baustelle einen Baumeister zum Baustellenkoordinator, der für die Sicherheit auf der Baustelle sorgen sollte. Dieser gab die Anweisung einen Lichtschacht, der sich unmittelbar neben einer vorbeiführenden Betonsteige befand, absturzsicher abzudecken, so dass die Abdeckung nicht verschoben werden kann. Eine Absicherung durch eine Absturzsicherung (Wehr) am Podest und ein Geländer bzw einen Handlauf an der betonierten Stiege wurde jedoch verabsäumt.

Ein für Betonarbeiten beauftragter selbstständiger Unternehmer, der im betroffenen Bereich arbeitete, ging anstatt über die Betonstiege – weil durch einen Arbeitstisch der Durchgang dorthin erschwert wurde –über die Abdeckung. Dabei rutschten die Abdeckbretter von der Abdeckung und er stürzte vier Meter in die Tiefe und verletzte sich schwer.

Wer haftet für den Arbeitsunfall?

Laut Obersten Gerichtshof trifft den Bauherren eine Haftung, auch wenn er einen Baustellenkoordinator bestellt hat. Eine Haftungsbefreiung läge nur dann vor, wenn ein ihm unterstehender Arbeitnehmer verunfallt wäre. Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um einen selbstständigen Unternehmer. Deshalb trifft den Bauherrn in diesem Fall die allgemeine Fürsorgepflicht des Werkbestellers.

Unterlassene Absturzsicherung

Außerdem ist dem Bauherrn anzulasten, dass der von ihm betraute Fachmann die korrekte Absicherung der Abdeckung unterlassen hat. Denn wäre eine Absicherung in gebotener Form vorhanden gewesen, hätte der verunfallte Kläger gar nicht erst die Möglichkeit gehabt, die Abdeckung zu betreten.

Mitverschulden des Verunfallten?

Trotzdem ist dem Verunfallten ein Mitverschulden anzulasten, weil es ihm möglich gewesen wäre, den sicheren Weg über die Stiege zu nehmen, auch wenn der Arbeitstisch den Weg etwas erschwerte. Es ist ihm somit die Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten im Sinne des § 1304 ABGB vorzuwerfen.

OGH 10.02.2017, 1 Ob 174/16v

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