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Sylvia Unger | News | 24.03.2020

"Kurzarbeit Neu" in Zeiten der "Corona-Krise"

Arbeitsrechts-Expertin und Rechtsanwältin Mag. Sylvia Unger erläutert die wesentlichen Punkte zum neuen vorübergehenden Kurzarbeitsmodell. Welche Änderungen gibt es im Vergleich zu herkömmlicher Kurzarbeit? Was müssen Unternehmen beachten?

Am 15.03.2020 haben Nationalrat und Bundesrat auf Vorschlag der Regierung eine Reihe von Gesetzen, insbesondere das sog COVID-19-Gesetz, sowie Gesetzesänderungen beschlossen, um die Auswirkungen des Coronavirus für unser soziales und wirtschaftliches Leben einzudämmen. Im Zuge dessen kam es auch zur Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes, um ein neues vorübergehendes Kurzarbeitsmodell zu schaffen.

Kurzarbeit jedenfalls möglich

Der Gesetzgeber hat nun klargestellt, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten als Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus vorübergehende nicht saisonbedingte wirtschaftliche Schwierigkeiten iSd § 37b AMSG sind. Die finanzielle Bedeckung der Beihilfen für die Kurzarbeit werden bis 30. September 2020 mit einer Obergrenze von bis zu EUR 400 Mio festgesetzt.

Neues Kurzarbeitsmodell

Aufgrund der Bewältigung der Krise haben sich die Bundesregierung und die Sozialpartner auf ein drei Monate zeitlich befristetes Kurzarbeitsmodell geeinigt. Diese Maßnahme soll den Arbeitsmarkt vor einer Kündigungswelle schützen. Die Arbeitszeit kann – unter fast vollem Lohnausgleich – bis zu null Stunden reduzieren werden.

Am 19.03.2020 wurde die Bundesrichtlinie „Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-COVID-19)“ veröffentlicht. Diese trat rückwirkend mit 01.03.2020 in Kraft und tritt am 30.09.2020 wieder außer Kraft. Bereits vor dem 01.03.2020 laufende Kurzarbeitsprojekte sind gemäß der „alten“ Bundesrichtlinie „Beihilfen bei Kurzarbeit und bei Kurzarbeit mit Qualifizierung (KUA)“ (AMF/16-2018, BGS/AMF/0722/9970/2018) weiter zu administrieren. Nach Ablauf der Befristung für die KUA-COVID-19 mit 30.09.2020 tritt die „alte“ KUA wieder in Kraft.

COVID-19-Kurzarbeitsmodell: Übersicht der Erleichterungen aufgrund der Corona-Krise

  • Beschleunigte Bewilligung: Arbeitgeber und Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat die einzelnen Arbeitnehmer, vereinbaren schriftlich die Kurzarbeit (Dauer und das Ausmaß). Diese Vereinbarung wird den kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers zur Unterschrift vorgelegt. Die Betriebs- bzw Einzelvereinbarung stellt daher gleichzeitig die Sozialpartnervereinbarung dar. Nach Abschluss der Gespräche im Betrieb (Vorliegen einer Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung) soll die Bewilligung innerhalb von 48 Stunden erfolgen.
  • Rückwirkender Beginn: Sofern es die Sozialpartnervereinbarung vorsieht, kann das COVID-19-Kurzarbeitsmodell auch rückwirkend mit 01.03.2020 beginnen.
  • Herabsetzung auf 0 % bei Durchrechnung: Im gesamten Durchrechnungszeitraum kann die Arbeitszeit wie bisher um maximal 90 Prozent reduziert werden (auch bei Teilzeitbeschäftigten). Die Normalarbeitszeit kann nun jedoch in den einzelnen Wochen auch auf 0 % herabgesetzt werden. Die Normalarbeitszeit kann im Durchrechnungszeitraum somit auch schwanken, wenn sie im Durchschnitt nicht unter 10 % fällt. Die Dauer des Durchrechnungszeitraumes darf nicht länger sein als der Zeitraum für die Kurzarbeitszeit.
  • Dauer: Die Vereinbarung ist für 3 Monate möglich. Es besteht auch die Möglichkeit einer Verlängerung um weitere 3 Monate.
  • Urlaub und Zeitguthaben: Alturlaub sowie Zeitguthaben sind tunlichst abzubauen. Alturlaube und Zeitguthaben können auch während des Kurzarbeitszeitraumes abgebaut werden. Den Verbrauch von Urlaub und Zeitguthaben kann daher der Arbeitgeber nicht einseitig anordnen. Bei einer Verlängerung um weitere 3 Monate ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich ernsthaft um den Abbau von Urlaub zu bemühen.
  • Nettoersatzrate: Die ausgefallenen Arbeitsstunden erhalten Arbeitnehmer ausgeglichen. Diese bemisst sich am Nettoentgelt des Arbeitnehmers vor der Kurzarbeit:
    • Bei einem Bruttoentgelt bis zu EUR 1.700,00: 90 % des bisherigen Nettoentgelts.
    • Bei einem Bruttoentgelt bis zu EUR 2.685,00: 85 % des bisherigen Nettoentgelts.
    • Bei einem Bruttoentgelt bis zu EUR 5.370,00: 80 % des bisherigen Nettoentgelts.
    • Bei Lehrlingen: 100 % des bisherigen Nettoentgelts.
    • Für Einkommensanteile über EUR 5.370,00 gebührt keine Beihilfe.
  • Überstunden: Soll die Möglichkeit zur Erbringung von Überstunden während der Kurzarbeit vereinbart werden, so müssen in der Sozialpartnervereinbarung die Betriebsbereiche, in denen Überstunden erlaubt sein sollen, ausdrücklich angeführt werden (siehe Muster der Sozialvereinbarungen von WKO und ÖGB). Geleistete Überstunden sind jedoch von den im jeweiligen Abrechnungsmonat angefallenen Ausfallsstunden abzuziehen.
  • Sozialversicherungsbeiträge: Diese fallen auf Basis des Entgelts vor der Kurzarbeit an. Diese Mehrkosten werden vom AMS ab dem ersten Monat übernommen.
  • Beschäftigungsgarantie und Behaltefrist: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, während der Kurzarbeit den Beschäftigtenstand aufrecht zu erhalten. In der Vereinbarung kann eine über den Kurzarbeitszeitraum hinausgehende Behaltefrist vereinbart werden. Für diese vereinbarte Behaltefrist ist auch ein eingeschränkter sachlicher und personeller Geltungsbereich möglich. Von der Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes kann das AMS ausnahmsweise absehen, wenn wichtige Gründe vorliegen, welche die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes unmöglich erscheinen lassen.
  • Lehrlinge: Kurzarbeit kann im Rahmen des COVID-19-Kurzarbeitsmodell auch für Lehrlinge vorgesehen werden, wenn sie von der Sozialpartnervereinbarung umschlossen sind. Dies war nach dem „alten“ Kurzarbeitsmodell nicht möglich.
  • Mitglieder des geschäftsführenden Organs: Auch Mitglieder des geschäftsführenden Organs sind förderbar, wenn sie ASVG-versichert sind.
  • Diese Regelung ist rückwirkend mit 01.03.2020 in Kraft getreten.
  • Den AMS-Begehren sowie weitere Dokumente des AMS finden Sie hier: https://www.ams.at/unternehmen/personalsicherung-und-fruehwarnsystem/kurzarbeit/downloads-kurzarbeit

Weiterführende Informationen zum Thema erhalten Sie auf der Website von RA Mag. Sylvia Unger: Sonder-Newsletter II - COVID-19-GESETZ

Über die Autorin

Unger-Sylvia

Mag. Sylvia Unger ist Rechtsanwältin in Wien:

office@unger-rechtsanwaelte.at

https://www.unger-rechtsanwaelte.at/

Tätigkeiten

  • Arbeitsrecht
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  • Verwaltungsrecht/Verwaltungsstrafrecht
  • Zivilprozesse/Prozessführung/Forderungseintreibung

Vortragstätigkeit zu unbarem Zahlungsverkehr und Zahlkarten