Dokument-ID: 904027

Johann Schöffthaler | News | 04.04.2017

Lenkpausen, wöchentliche Ruhezeit & Überschreitung der Einsatzzeit – Bestimmungen der LenkzeitenVO

Gastautor Johann Schöffthaler erläutert, was es diesbezüglich zu beachten gilt und klärt dabei ständig wiederkehrende Missverständnisse im Zusammenhang mit der LenkzeitenVO (VERORDNUNG (EG) Nr. 561/2006) auf.

Bei Kontrollen von Lenker/innen durch die Arbeitsinspektion und der Polizei, welche mit Fahrzeugen unterwegs waren die derVERORDNUNG (EG) Nr 561/2006 unterliegen, wurden im Jahr 2015 seitens des Arbeitsinspektorates 8.821 Übertretungen festgestellt. Insgesamt mussten 1.996 Strafanzeigen erstattet werden (vgl. www.arbeitsinspektion/Taetigkeitsberichte vom 05.03.2017; die aktuellen Zahlen von 2016 sind noch nicht veröffentlicht, befinden sich aber statistisch auch 2016 in dieser Größenordnung).

Deshalb werden hier drei übliche Fallen beschrieben und näher erklärt, in welche Lenker/innen immer wieder reingeraten und in Konflikt mit der Polizei kommen und folglich ebenso der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin mit der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde:

1. Lenkpause:

Nach einer Lenkdauer von höchstens 4,5 Stunden ist eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen. Eine Teilung der Lenkpause in einen ersten Teil von mindestens 15 Minuten und einen zweiten Teil von mindestens 30 Minuten ist möglich. Der Beginn des zweiten Teils der Lenkpause darf die Lenkzeit von 4,5 Stunden noch nicht überschritten haben. Nach der Lenkpause oder der Lenkpausenteile beginnt die Lenkzeit neu zu laufen. Somit sind bei einer Tageslenkzeit von mehr als 9 Stunden jedenfalls zwei Lenkpausen von mindestens 45 Minuten einzuhalten.

Zulässig wäre zum Beispiel die folgende Einteilung:

1. Lenkzeit 2 Stunden - 1. Lenkpausenteil 30 Minuten;

2. Lenkzeit 2 Stunden – 2. Lenkpausenteil 30 Minuten (nach Einhaltung dieses zweiten Lenkpausenteils beginnt die Lenkzeit von maximal 4,5 Stunden bei Weiterfahrt wieder neu zu laufen),

nicht zulässig ist hingegen folgender Ablauf:

1. Lenkzeit 2 Stunden - 1. Lenkpausenteil 30 Minuten

2. Lenkzeit 2 Stunden - 2. Lenkpausenteil 15 Minuten (der zweite Teil muss jedenfalls mindestens 30 Minuten betragen!),

ebenfalls nicht zulässig:

1. Lenkzeit 2,5 Stunden – 1. Lenkpausenteil 40 Minuten

2. Lenkzeit 2,5 Stunden – 2. Lenkpausenteil 30 Minuten (der zweite Teil der Lenkpause muss vor Überschreitung von 4,5 Stunden Lenkzeit begonnen werden!!).

2. Die wöchentliche Ruhezeit:

Oft verbringen Lenker/innen ihre wöchentliche Ruhezeit in ihren Fahrzeugen auf den verschiedensten Rastplätzen in Österreich. Den wenigsten Lenker/innen und deren Arbeitgeber/innen ist bekannt, dass nur die verkürzten wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden dürfen. Für die Polizei ist es ein leichtes am Montag in der Früh Kontrollen auf den Rastplätzen durchzuführen. Bei diesen Kontrollen werden die Lenker/innen befragt, warum sie die Zeit im Fahrzeug verbringen und zu 99 % lautet die Antwort „1. Weil ich muss, 2. weil mein/e Chef/in es so will bzw 3. weil die Dispo es so eingeteilt hat!“, also nicht freiwillig aufgrund eigener Entscheidung durch den oder die Lenkerin.

Artikel 8 Abs 8 der VERORDNUNG (EG) Nr 561/2006 lautet:

Sofern sich ein Fahrer hierfür entscheidet, können nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt.

Artikel 4 lit h VERORDNUNG (EG) Nr 561/2006 definiert die „wöchentliche Ruhezeit“ als den wöchentlichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ und eine „reduzierte wöchentliche Ruhezeit“ umfasst, wobei eine „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ eine Ruhepause von mindestens 45 Stunden und eine „reduzierte wöchentliche Ruhezeit“ eine Ruhepause von weniger als 45 Stunden ist, die vorbehaltlich der Bedingungen des Artikels 8 Absatz 6 auf eine Mindestzeit von 24 aufeinander folgenden Stunden reduziert werden kann.

3. Überschreitung der Einsatzzeit bzw der Tageshöchstarbeitszeit:

In vielen Firmen ist es gängige Praxis, dass Lenker/innen oftmals zu abgestellten Fahrzeugen mit ihrem Privatfahrzeug fahren um von diesen Standplätzen, welche weder dem Wohnort noch einem offiziellem Standplatz der Firma zuzuordnen sind, mit der Fahrt oder mit der Arbeit zu beginnen. Dies betrifft auch Branchen wie Kranwagenfahrer, die nach dem Kollektivvertrag für Güterbeförderung eingestellt sind. Sehr oft werden die Kranwägen auf der Baustelle abgestellt und die Kranwagenlenker/innen fahren während der Dauer der Baustelle mit ihrem Privatfahrzeug zu und von der Baustelle nach Hause. Diese Zeiten werden häufig nicht in der Arbeitszeitaufzeichnung dokumentiert. Dadurch ist die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit nicht mehr möglich, dh der oder die Arbeitgeberin führt keine Arbeitszeitaufzeichnungen im Sinne des § 26 Abs 1 AZG, Verfallsfristen werden gehemmt (§ 26 Abs 9 AZG) und im Falle eines Unfalles am Ende des Arbeitstages besteht die Gefahr der Überschreitung der Einsatzzeit bzw der Tageshöchstarbeitszeitgrenze.

Die von einem Fahrer oder Fahrerin verbrachte Zeit, um zu einem in den Geltungsbereich der VERORDNUNG (EG) Nr 561/2006 fallenden Fahrzeug, das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Betriebstätte des Arbeitgebers, dem der Fahrer normalerweise zugeordnet ist, befindet, anzureisen oder von diesem zurückzureisen, ist nur dann als Ruhepause oder Fahrtunterbrechung anzusehen, wenn sich der Fahrer in einem Zug oder auf einem Fährschiff befindet und Zugang zu einer Koje oder einem Liegewagen hat.

Art 9 Abs 2 VERORDNUNG (EG) Nr 561/2006 betrifft Zeiten, die ein Lenker oder eine Lenkerin damit verbringt, zu einem VO-Fahrzeug, das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Fahrerin oder der Betriebsstätte des oder der Arbeitgebers/in befindet, anzureisen oder von diesem wieder zurückzureisen. Solche Zeiten sind nach § 20b Arbeitszeitgesetz Reisezeit und somit Arbeitszeit. Die Lenkzeiten-VO, 561/2006 lässt jedoch die Wertung als Ruhepause oder Ruhezeit zu, sofern sich der Fahrer oder die Fahrerin in einem Zug oder auf einem Fährschiff befindet und Zugang zu einer Koje oder einem Liegewagen hat. An der entgeltrechtlichen Qualifikation als Reise- und damit Arbeitszeit ändert sich dadurch nichts.

Verbringt ein Lenker zum Zweck der An- bzw Rückreise Zeiten auf einem sonstigen Fahrzeug (z.B. das Privatfahrzeug), so sind diese als andere Arbeiten und somit als Arbeitszeit anzusehen (Art 9 Abs 3 VERORDNUNG (EG) Nr 561/2006).

Art 9 Abs 3 VERORDNUNG (EG) Nr 561/2006 lautet:

Die von einem Fahrer verbrachte Zeit, um mit einem nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallenden Fahrzeug zu einem in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallenden Fahrzeug, das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers, dem der Fahrer normalerweise zugeordnet ist, befindet, anzureisen oder von diesem zurückzureisen, ist als andere Arbeiten anzusehen.