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WEKA (bli) | News | 24.05.2011

Novelle AM-VO – 4. Abschnitt – Gefahrenstellen an Arbeitsmitteln

Durch die Novelle der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) kommt es zu einer Neuregelung der Gefahrenstellen an Arbeitsmitteln. Dabei wird dieser Teil der AM-VO übersichtlicher strukturiert als bisher.

Mit § 43 neu AM-VO und Anhang C (Sicherheitsabstände) wird die bisher in §§ 41 bis 45 AM-VO geregelte Sicherung von Gefahrenstellen an Arbeitsmitteln neu geregelt, um eine verbesserte Lesbarkeit und somit bessere Anwendung der Vorschriften zu gewährleisten.
Grundsätzlich sind Gefahrenstellen an den für die Arbeitnehmer zugänglichen bzw erreichbaren Stellen zu sichern, also von den für die Bedienung im Normalbetrieb vorgesehenen Standplätzen aus, weiters von anderen Arbeitsplätzen oder von Verkehrswegen aus. Schutzmaßnehmen bei Abweichungen vom Normalbetrieb, wie zB Störungsbeseitigung, Wartung oder Reinigung, regeln die §§ 15, 16, § 17 und 24 AM-VO.

Die Struktur der neuen Regelung folgt drei Fragen:

  1. Liegt eine Gefahrenstelle innerhalb der auf den Menschen bezogenen Sicherheitsabstände?
  2. Wie wird für die Einhaltung des Sicherheitsabstandes gesorgt? (Die Sicherung muss je nach Gefahr immer unüberwindlicher werden.)
  3. Bestehen technologische (fertigungstechnische) Einschränkungen, die einen vollständigen Schutz nicht zulassen?

Gefahrenstellen

  1. Gefahrenstellen im Sinne dieser Bestimmung sind alle Stellen an bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, bei denen bei mechanischem Kontakt eine Verletzungsgefahr besteht. Gefahrenstellen im Sinne dieser Bestimmung sind insbesondere:

    a) bewegte Teile von Kraftübertragungseinrichtungen, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden,

    b) sonstige bewegte Teile von Arbeitsmitteln, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen, wie zB Bewegungsbahnen von Gegen- und Schwunggewichten, bilden,

    c) vorstehende Teile an bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, wie Stellschrauben, Bolzen, Keile, Schmiereinrichtungen,

    d) rotierende Teile von Arbeitsmitteln,

    e) bewegte Teile eines Arbeitsmittels, die der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder der Zuführung oder Abführung von Stoffen oder Werkstücken dienen (zB Werkzeuge), die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden,

    f) bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden.

    Hier werden die bisher in § 43 Abs 1 und 2, § 44 Abs 1 bis 6 sowie § 45 Abs 1, 3 bis 6, 8 und 9 AM-VO im Einzelnen detailliert beschriebenen Gefahrenstellen zusammengefasst.

  2. Keine Gefahrenstelle liegt vor, wenn

    a) die Leistung des Arbeitsmittels so gering ist, dass bei Berührung keine Verletzungsgefahr besteht,

    b) die an der Gefahrenstelle wirkende Kraft unter Berücksichtigung der Form der Gefahrenstelle so gering ist, dass bei Berührung keine Verletzungsgefahr besteht, oder 3. die Einhaltung des nach Anhang C jeweils erforderlichen Sicherheitsabstands gewährleistet ist. Bisher sind die Sicherheitsabstände in § 42 Abs 1 und in den Anhängen 1 bis 4 geregelt. Diese Regelungen sind nunmehr in Anhang C zusammengeführt worden.

Schutzeinrichtungen

  1. Gefahrenstellen sind durch Schutzeinrichtungen so zu sichern, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird. Primär sind Gefahrenstellen durch Verkleidungen, Verdeckungen oder Umwehrungen zu sichern, die das Berühren der Gefahrenstelle verhindern:

    a) Verkleidungen müssen das Erreichen der Gefahrenstelle von allen Seiten verhindern und die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicherheitsabstands gewährleisten.

    b) Verdeckungen müssen das Berühren der Gefahrenstelle von jenen Seiten verhindern, die im Normalbetrieb von den vorgesehenen Standplätzen aus, von anderen Arbeitsplätzen aus oder von Verkehrswegen aus zugänglich sind. Verdeckungen müssen die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicherheitsabstands gewährleisten.

    c) Umwehrungen müssen ein unbeabsichtigtes Annähern an die Gefahrenstelle verhindern und die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicherheitsabstands gewährleisten.
    Verkleidungen – Verdeckungen – Umwehrungen waren auch in § 43 Abs 3 AM-VO alt geregelt. Die nunmehr allgemein formulierte Bestimmung zur Sicherung von Gefahrenstellen an bestimmten Maschinenteilen ist nach dem Stand der Technik und entsprechend der derzeit geltenden AM-VO wie folgt auszulegen:

    Bei Flachriemen bis 25 mm Breite, Rundriemen bis 10 mm Durchmesser sowie bei einfachen, nicht gekreuzten, glatten Keilriemen mit einem Querschnitt bis 100 mm2 genügt, soweit es sich nicht um Riementriebe in Kopfhöhe handelt, eine Sicherung der Riemenauflaufstelle. (§ 43 Abs 2 AM-VO alt)

    Einzugsstellen von bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, wie Einzugsstellen von Walzen oder Auflaufstellen von Förderbändern auf Trommeln, müssen über die gesamte Breite durch Schutzeinrichtungen gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein; runde Einlaufsicherungen, wie Rohre, sind nicht zulässig. (§ 44 Abs 2 AM-VO alt)

    Vorstehende Wellenenden müssen verkleidet sein; dies ist nicht erforderlich bei Wellenenden, die glatt und abgerundet sind, wenn sie nicht länger als 50 mm sind oder nicht weiter als ein Viertel ihres Durchmessers vorstehen. (§ 44 Abs 4 AM-VO alt)

    Bohrungen an Wellenenden müssen ausgefüllt oder verdeckt sein; ausgenommen hiervon sind Hohlwellen von Arbeitsmaschinen, wie Drehmaschinen, die zum Durchstecken von Material oder Werkstücken oder zum Anbringen von Vorrichtungen dienen sowie Körner-Senkbohrungen zum Ansetzen von Drehzahlmessern. (§ 44 Abs 4 AM-VO alt)

    Bewegungsbahnen von Gegen- und Schwunggewichten müssen verkleidet, verdeckt oder umwehrt sein; dies gilt auch für Fallbahnen von auf Seilen u. dgl aufgehängten Gegengewichten. Bewegungs- und Fallbahnen von Gegen- und Schwunggewichten, die nicht in Schienen oder in ähnlicher Weise geführt sind und die bei Bruch des Tragmittels außerhalb des gesicherten Bereiches herabfallen können, müssen in ihrer gesamten Länge gesichert sein. Gegen- und Schwunggewichte müssen gegen Herabfallen gesichert sein; Klemmschrauben ohne zusätzliche Sicherungselemente genügen nicht als Sicherung. Die Verkleidung der Bewegungsbahnen von Gegengewichten von Handkonterzügen in bühnentechnischen Einrichtungen darf in den notwendigen Arbeitsbereichen der Züge bis zu einer Höhe von 2,30 m unterbrochen sein. (§ 44 Abs 5 AM-VO alt)

    Rotierende Behälter, wie Scheuertrommeln oder Fässer, mit vorstehenden Teilen müssen durch Schutzeinrichtungen, wie abnehmbare Umwehrungen oder bewegliche Schutzgitter, gesichert sein. (§ 44 Abs 6 AM-VO alt)

    Lassen sich bei bühnentechnischen Einrichtungen im Einzelfall aus zwingenden Gründen Gefahrenstellen nicht sichern, muss sichergestellt sein, dass zwischen festen und beweglichen Teilen ein ausreichender Sicherheitsabstand vorhanden ist oder die Steuerstelle so angeordnet ist, dass zwischen ihr und den bewegten Teilen Sicht- oder Sprechverbindung gewährleistet ist. (§ 44 Abs 9 AM-VO alt)

  2. Sofern sich Schutzeinrichtungen nach Abs 3 ohne fremde Hilfsmittel öffnen oder abnehmen lassen, müssen sie so beschaffen sein, dass

    a) sie sich entweder nur aus der Schutzstellung bewegen lassen, wenn das Arbeitsmittel still steht oder das Öffnen der Schutzeinrichtung das Arbeitsmittel bzw den Teil des Arbeitsmittels zwangsläufig still setzt, wobei ein Gefahr bringender Nachlauf verhindert sein muss,

    b) das in Gang setzen des Arbeitsmittels nur möglich ist, wenn sich die beweglichen Schutzeinrichtungen in der Schutzstellung befinden und

    c) die Verriegelungen der Schutzeinrichtungen so gestaltet und angeordnet sind, dass sie nicht leicht unwirksam gemacht werden können. (entspricht § 43 Abs 6 sowie § 45 Abs 6 AM-VO alt)

  3. Ist eine Sicherung der Gefahrenstellen mit Schutzeinrichtungen nach Abs 3 aufgrund der Arbeitsvorgänge nicht möglich, sind die Gefahrenstellen durch Schutzeinrichtungen zu sichern, die ein Gefahr bringendes in Gang setzen oder Berühren bewegter Teile verhindern oder deren Stillsetzen bewirken. Dazu gehören insbesondere Sicherungen mit Annäherungsreaktion (zB Lichtschranken), abweisende Einrichtungen, Schalteinrichtungen ohne Selbsthaltung oder ortsbindende Einrichtungen (wie zB Zweihandschaltungen). (entspricht § 45 Abs 2 AM-VO alt)
  4. Soweit aufgrund der Arbeitsvorgänge eine Sicherung der Gefahrenstellen auch nicht mit Schutzeinrichtungen nach Abs 5 möglich ist, sind die Arbeitnehmer über die Gefahrenstellen zu informieren und jährlich in der Vermeidung von Verletzungsgefahren zu unterweisen. Zu diesen Gefahrenstellen gehören insbesondere Schneidstellen an Sägemaschinen und Schneidmaschinen. Die bisher geltenden Regelungen verlangten lediglich eine Sicherung des zum Schneiden nicht benützten Teiles des Sägeblattes bzw des Messers. Zur Hintanhaltung von Unfällen an solchen ungesicherten Gefahrenstellen erscheint eine jährliche Unterweisung der Arbeitnehmer eine adäquate Maßnahme.
  5. Schutzeinrichtungen müssen wie folgt beschaffen sein:

    a) Sie müssen stabil gebaut sein.

    b) Sie dürfen keine zusätzlichen Gefahren verursachen und bei der Arbeit möglichst wenig behindern.

    c) Sie dürfen nicht auf einfache Weise umgangen oder unwirksam gemacht werden können.

    d) Sie dürfen Beobachtungs- und Überwachungsvorgänge, wie zB von Arbeitsvorgängen, nicht mehr als notwendig einschränken.

    e) Sie müssen die für den Einbau oder Austausch von Teilen sowie für Rüst- oder Wartungsarbeiten erforderlichen Eingriffe möglichst ohne Demontage der Schutzeinrichtungen zulassen, wobei der Zugang auf den für die Arbeit notwendigen Bereich beschränkt sein muss. (entspricht § 41 Abs 1 AM-VO alt)

  6. Es ist dafür zu sorgen, dass Schutzeinrichtungen nach Abs 3 auch dann vorhanden sind, wenn die Arbeitsmittel in allgemein nicht zugänglichen, versperrten Betriebsräumen, wie Aufzugstriebwerks- oder Transmissionsräumen, aufgestellt sind. Das gilt nicht, wenn durch andere technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass Arbeitnehmer durch ein unbeabsichtigtes Einschalten der Arbeitsmittel nicht gefährdet werden. (entspricht § 43 Abs 10 AM-VO alt)

Gefahren, die von Arbeitsmitteln ausgehen können – § 44 AM-VO

  1. Arbeitsmittel müssen so ausgelegt werden, dass Arbeitnehmer durch Freisetzung von Arbeitsstoffen (zB Gase, Dämpfe, Rauch, Staub, Flüssigkeiten), die in dem Arbeitsmittel verwendet werden, nicht gefährdet werden können. Erforderlichenfalls müssen die Arbeitsmittel mit Einrichtungen ausgestattet sein, die den Anschluss an eine Absauganlage ermöglichen. Abgasleitungen von Verbrennungskraftmaschinen müssen druckfest ausgeführt sein. (entspricht § 41 Abs 12, 13 und 15 AM-VO alt)
  2. Können bei der Verwendung von Arbeitsmitteln Späne, Splitter oder ähnliche Teile wegfliegen und dadurch Gefahren für die Arbeitnehmer entstehen, müssen

    a) die Arbeitsmittel mit Schutzeinrichtungen ausgestattet sein, die das Wegfliegen verhindern (zB Verdeckungen, Verkleidungen, Schutzhauben, Schutzfenster, Absauganlagen, Rückschlagsicherungen) oder, wenn dies aufgrund der Arbeitsvorgänge nicht möglich ist,

    b) Maßnahmen getroffen sein, die Gefährdung zu verhindern (zB Umwehrungen oder räumliche Trennung). (Entspricht § 45 Abs 10 AM-VO alt)

  3. Arbeitsmittel müssen so ausgelegt werden, dass Arbeitnehmer nicht gefährdet werden können durch

    a) Brand oder Erhitzung des Arbeitsmittels oder

    b) Explosionen des Arbeitsmittels oder von Stoffen, die in dem Arbeitsmittel erzeugt, verwendet oder gelagert werden.

    (entspricht § 41 Abs 14 und 16 AM-VO alt bzw Anhang 1 Pkt 2.18 der Richtlinie 89/655/EWG)

  4. Teile von Arbeitsmitteln, die eine Oberflächentemperatur von mehr als 60 °C oder von weniger als -20 °C erreichen können und sich innerhalb des Schutzabstands nach Anhang C befinden, sind so zu sichern, dass die Arbeitnehmer sie nicht berühren oder ihnen gefährlich nahe kommen können. Das gilt nicht, wenn die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ergeben hat, dass aufgrund der konkreten Verhältnisse in Abhängigkeit von Temperatur, Wärmeleitfähigkeit und Eigenschaft der Oberfläche sowie von Art und Dauer der möglichen Berührung keine Gefährdung der Arbeitnehmer besteht.

    (entspricht § 41 Abs 11 AM-VO alt bzw Anhang 1 Pkt 2.10 der Richtlinie 89/655/EWG)

  5. Soweit eine Sicherung nach Abs 4 aufgrund der Arbeitsvorgänge nicht möglich ist, ist der Gefahrenbereich zu kennzeichnen und dafür zu sorgen, dass sich dem betreffenden Teil nur Arbeitnehmer nähern können, die über die Gefahr besonders informiert wurden und geeignete persönliche Schutzausrüstung tragen.

    (entspricht § 41 Abs 11AM –VO alt bzw Anhang 1 Pkt 2.10 der Richtlinie 89/655/EWG)

  6. Lasereinrichtungen müssen so beschaffen sein, dass unbeabsichtigtes Strahlenverhindert wird und so abgeschirmt sein, dass weder durch die Nutzstrahlung noch durch reflektierte oder gestreute Strahlung und Sekundärstrahlung Gesundheitsgefahren auftreten, oder, wenn dies aus technischen Gründen nicht möglich ist, andere Schutzmaßnahmen getroffen sind. Die optischen Einrichtungen zur Beobachtung oder Einstellung von Lasereinrichtungen müssen so beschaffen sein, dass durch die Laserstrahlung keine Gesundheitsgefährdung eintritt.

    (entspricht § 41 Abs 18 AM-VO alt)

Autorin: Andrea Thomann