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WEKA (asc) | News | 19.02.2020

Präsentismus – krank in der Arbeit

Viele Arbeitnehmer gehen, obwohl sie krank sind, zur Arbeit. Dies ist in Zeiten von Coronavirus, Grippe und Co gefährlich und kann eine Reihe negativer Konsequenzen nach sich ziehen. Warum eine betriebliche Prävention wichtig ist lesen Sie hier.

In den letzten Jahren haben Betriebe und Unternehmen zunehmend Augenmerk auf die Senkung von Krankenständen gesetzt. Ein niedriger, beziehungsweise gesunkener Krankenstand bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sich die Gesundheit der Beschäftigten tatsächlich verbessert hat. Zahlreiche Studien zeigen nämlich auf, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz Erkrankungbzw dem Vorliegen von Krankheitssymptomen arbeiten gehen. Dieses Verhalten wird im europäischen Raum als Präsentismus bezeichnet. Dieses Phänomen kann gerade derzeit negative Konsequenzen nach sich ziehen (Stichwort: Coronavirus) und erhöht die Ansteckungsgefahr für andere enorm.

Gründe für Präsentismus

Es werden in der Fachliteratur sehr unterschiedliche Gründe beschrieben, warum Menschen trotz gesundheitlicher Probleme, beziehungsweise obwohl sie sich krank fühlen, in die Arbeit gehen. Dazu zählen unter anderem:

  • Personen mit erhöhter Verausgabungsbereitschaft bzw exzessiver Arbeitshaltung, denen es schwer fällt Grenzen zu setzen
  • Persönliche Einstellung trotz Erkrankung leistungsfähig zu bleiben, eine Einschränkung nicht zugeben zu wollen
  • Privaten Belastungen oder Problemen entfliehen zu wollen
  • Betreuungspflichten
  • Nicht als krank gelten zu wollen
  • Loyalität zum Arbeitgeber/zur Arbeitgeberin
  • Loyalität/Pflichtgefühl gegenüber Kolleginnen und Kollegen (jemand anderer muss einspringen, Mehrarbeit erledigen …)
  • Verantwortung gegenüber Kundinnen und Kunden, zB Patient/innen unbedingt wahrnehmen wollen (höheres Präsentismusvorkommen im Bildungs- und Gesundheitssystem und personenbezogenen Dienstleistungen)
  • Angst den Arbeitsplatz bei Fehlen zu verlieren bzw Sorge um negative berufliche Konsequenzen

Zum Teil liegen also die Gründe für Präsentismus in der Person selbst, zum Teil werden sie durch Faktoren in der Unternehmenskultur oder der Tätigkeit gefördert.

Frauen haben eine höhere Neigung zu Präsentismus als Männer.

Ist die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden durch Respekt, Vertrauen und Unterstützung gekennzeichnet, ist die Wahrscheinlichkeit für Präsentismus geringer, weil das Sicherheitsgefühl für die Betroffenen höher ist.

Präsentismusverhalten zieht eine Reihe von negativen Konsequenzen nach sich

Es werden Zusammenhänge zwischen Präsentismus und späteren Fehlzeiten zur Langzeitarbeitsunfähigkeit oder auch weiterer negativer gesundheitlicher Entwicklung der Betroffenen beschrieben (zB erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Burn-out, psychische Probleme usw).

Aber auch die Unternehmen und Betriebe haben mit negativen Folgen von Präsentismus zu rechnen:

  • Es kommt eventuell später zu längeren Ausfällen und damit höheren Krankheitskosten und Produktivitätsverlusten
  • Zudem können erkrankte Personen einen wesentlichen Risikofaktor für ihre Mitmenschen darstellen – gerade in Zeiten des Coronavirus – (zB Ansteckung …).
  • Menschen mit Präsentismus sind mit ihrer Arbeit unzufriedener.

Betriebliche Prävention von Präsentismus

Auf der einen Seite ist an personenbezogene Maßnahmen zu denken, wie die Sensibilisierung und Training auf der individuellen Ebene bei Personen mit mangelnder Abgrenzungsfähigkeit oder exzessivem Arbeitsstil, zB mittels Coachings.

Anderseits müssen arbeitsbezogene Maßnahmen gesetzt werden, das sind zum Beispiel:

  • Führungskräfte unterstützen, eine Vertrauenskultur aufzubauen, um Angst vor negativen Konsequenzen aufgrund von Fehlen zu vermindern
  • Umgang mit Krankheit, Enttabuisieren, „ein normales Ausmaß“ an Krankenstand als Teil einer gesunden Unternehmenskultur betrachten
  • Verhältnisorientierte und verhaltensorientierte Gesundheitsförderung implementieren
  • Handlungsspielräume zulassen
  • Arbeitsanforderung zur Erfüllung der Aufgaben realistisch gestalten, tatsächliche Entlastung schaffen
  • Kollegiale Unterstützung anregen und leben
  • Vorbildwirkung von Führungskräften (nicht krank arbeiten gehen)
  • Betriebliche Sozialarbeit/Unterstützung bei familiären Problemen/Belastungen anbieten

Es kann manchmal auch angebracht sein, jemanden nach Hause zur Regeneration zu schicken, wenn der Verdacht auf eine Erkrankung oder auf ein gesundheitliches Problem besteht.

Hinweis:

Liegt der Verdacht vor, dass es sich um den Coronavirus handeln könnte, empfiehlt es sich die Gesundheitsberatung unter der Telefonnummer 1450 zu kontaktieren. Nähere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie im Beitrag "Was bedeutet das Coronavirus für Unternehmen?"

Dieser Beitrag ist eine gekürzte Fassung des Beitrags von Dr. Irene Kloimüller im Praxishandbuch Betriebsratsarbeit.

BR

Den Beitrag sowie weitere Informationen finden Sie in unserem Praxishandbuch Betriebsratsarbeit.

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