Dokument-ID: 320076

Vorschrift

CLP-Verordnung

Inhaltsverzeichnis

3.4 Sensibilisierung der Atemwege oder der Haut

3.4.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

3.4.1.1. Sensibilisierung der Atemwege: eine Überempfindlichkeit der Atemwege nach dem Einatmen eines Stoffes oder Gemisches. (ABl. L 86/2019)

3.4.1.2. Sensibilisierung der Haut: eine allergische Reaktion, die nach einem Hautkontakt mit einem Stoff oder einem Gemisch auftritt. (ABl. L 86/2019)

3.4.1.3. Für die Zwecke vorliegenden Abschnitts wird die Sensibilisierung in zwei Phasen unterteilt: In der ersten Phase (Induktion) entwickelt sich nach Exposition gegenüber einem Allergen ein spezielles immunologisches Gedächtnis. Die zweite Phase besteht in der Auslösung einer zell- oder antikörpervermittelten allergischen Reaktion bei Exposition eines sensibilisierten Individuums gegenüber einem Allergen (Auslösephase).

3.4.1.4. Wie die Hautsensibilisierung zeigt auch die Sensibilisierung der Atemwege das gleiche Muster einer Induktion gefolgt von Auslösephasen. Auch bei der Hautsensibilisierung ist eine Induktionsphase erforderlich, in der das Immunsystem erst lernt zu reagieren; klinische Symptome können dann auftreten, wenn eine weitere Exposition ausreicht, um eine sichtbare Reaktion des Epithels hervorzurufen (Auslösephase). Prädiktive Tests folgen daher normalerweise diesem Muster mit einer Induktionsphase, wobei die spätere Allergieantwort mit einer standardisierten Auslösephase erfasst wird, die üblicherweise aus einem Epikutantest (Patchtest) besteht. Der lokale Lymphknotentest ist insofern eine Ausnahme, als mit ihm die Induktionsreaktion direkt gemessen wird. Nachweise für eine Hautsensibilisierung beim Menschen werden in der Regel über einen diagnostischen Epikutantest bewertet.

3.4.1.5. Sowohl bei der Haut- als auch bei der Atemwegssensibilisierung erfolgt die Auslösung bereits bei einer niedrigeren Exposition als die Induktion. Vorschriften zur Warnung sensibilisierter Personen vor einem besonderen Allergen in einem Gemisch sind in Anhang II Abschnitt 2.8 zu finden. (ABl. L 83/2011)

3.4.1.6. Die Gefahrenklasse der Sensibilisierung von Atemwegen oder Haut gliedert sich in:

  • Sensibilisierung der Atemwege und
  • Sensibilisierung der Haut.

3.4.2. Einstufungskriterien für Stoffe (ABl. L 83/2011)

3.4.2.1. Inhalationsallergene

3.4.2.1.1. Gefahrenkategorien

3.4.2.1.1.1. Inhalationsallergene sind in die Kategorie 1 einzustufen, wenn die Daten für die Einstufung in eine Unterkategorie nicht ausreichen.

3.4.2.1.1.2. Bei ausreichender Datenlage ermöglicht es eine verfeinerte Bewertung nach Abschnitt 3.4.2.1.1.3, ein Inhalationsallergen als starkes Allergen in Unterkategorie 1A oder als sonstiges Inhalationsallergen in Unterkategorie 1B einzustufen.

3.4.2.1.1.3. Entweder beim Menschen oder beim Tier beobachtete Wirkungen begründen in der Regel eine über das Verfahren der Beweiskraftermittlung erfolgende Einstufung als Inhalationsallergen. Stoffe können im Wege der Beweiskraftermittlung anhand der Kriterien von Tabelle 3.4.1 und aufgrund zuverlässiger und hochwertiger Nachweise aus Fallstudien, epidemiologischen Studien und/oder Beobachtungen bei geeigneten Studien an Versuchstieren einer der beiden Unterkategorien 1A oder 1B zugeordnet werden.

3.4.2.1.1.4. Stoffe sind nach den Kriterien von Tabelle 3.4.1 als Inhalationsallergene einzustufen:

Tabelle 3.4.1

Gefahrenkategorie und Gefahrenunterkategorien für Inhalationsallergene

Kategorie

Kriterien

Kategorie 1

Falls die Daten für die Einstufung von Stoffen in Unterkategorien nicht ausreichend sind, sind diese nach folgenden Kriterien als Inhalationsallergene (Kategorie 1) einzustufen:

  1. aufgrund von Nachweisen beim Menschen, dass der Stoff eine spezifische Überempfindlichkeit der Atemwege verursachen kann, und/oder
  2. aufgrund positiver Befunde aus einem geeigneten Tierversuch.

Unterkategorie 1A:

Stoffe, bei denen es besonders häufig zu einem Auftreten beim Menschen kommt oder bei denen das Auftreten einer hohen Sensibilisierungsrate beim Menschen aufgrund von Tierversuchen oder anderen Versuchen wahrscheinlich ist (*). Auch die Schwere der Reaktion kann berücksichtigt werden.

Unterkategorie 1B:

Stoffe, bei denen es mit geringer oder mäßiger Häufigkeit zu einem Auftreten beim Menschen kommt oder bei denen aufgrund von Tierversuchen oder anderen Versuchen das Auftreten einer niedrigen bis mäßigen Sensibilisierungsrate beim Menschen wahrscheinlich ist (*). Auch die Schwere der Reaktion kann berücksichtigt werden.

(*) Zum heutigen Zeitpunkt ist noch kein etabliertes und validiertes Tiermodell für die Prüfung der Überempfindlichkeit der Atemwege verfügbar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Beurteilung der Beweiskraft von aus Tierstudien stammenden Daten wertvolle Informationen liefern.

3.4.2.1.1 Erfahrungen beim Menschen

3.4.2.1.1.1 Nachweise dafür, dass ein Stoff eine spezifische Überempfindlichkeit der Atemwege hervorrufen kann, ergeben sich in der Regel aus Erfahrungen beim Menschen. Die Überempfindlichkeit äußert sich dabei üblicherweise als Asthma, jedoch können auch andere Überempfindlichkeitsreaktionen wie Rhinitis/Konjunktivitis und Alveolitis auftreten. Hierbei handelt es sich um klinische Erscheinungsbilder einer allergischen Reaktion. Der Nachweis eines immunologischen Mechanismus ist hier nicht erforderlich.

3.4.2.1.1.2 Bei der Bewertung der Erfahrungen beim Menschen ist für eine Entscheidung über die Einstufung zusätzlich zu den fallbezogenen Nachweisen Folgendes zu berücksichtigen:

  1. der Umfang der exponierten Bevölkerungsgruppe,
  2. das Ausmaß der Exposition.

Die Verwendung von Humandaten wird in den Abschnitten 1.1.1.2, 1.1.1.3 und 1.1.1.4 behandelt.

3.4.2.1.2.3 Die oben genannten Nachweise können sein:

  1. die Krankengeschichte und Daten aus geeigneten Lungenfunktionsprüfungen im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber diesem Stoff, gestützt durch weitere Nachweise wie:
    1. immunologische Untersuchungen in vivo (z. B. Prick-Test),
    2.  immunologische Untersuchungen in vitro (z. B. serologische Tests),
    3. Studien, die andere spezifische Überempfindlichkeitsreaktionen anzeigen können, bei denen aber keine immunologischen Wirkmechanismen nachgewiesen wurden (z. B. wiederholte geringfügige Reizung, pharmakologisch vermittelte Wirkungen),
    4. Ähnlichkeit mit der chemischen Struktur von Stoffen, die bekanntermaßen Atemwegsüberempfindlichkeit hervorrufen;
  2. Daten aus einem oder mehreren positiven bronchialen Provokationstests, die mit dem Stoff gemäß anerkannter Leitlinien für die Bestimmung spezifischer Überempfindlichkeitsreaktionen durchgeführt wurden.

3.4.2.1.2.4 Die Krankengeschichte muss die medizinische und die berufliche Vorgeschichte des Patienten berücksichtigen, um einen Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber einem bestimmten Stoff und der Entstehung einer Überempfindlichkeit der Atemwege herleiten zu können. In Betracht zu ziehen sind hierbei weitere ins Gewicht fallende Faktoren, sowohl aus dem häuslichen Bereich als auch vom Arbeitsplatz, Beginn und Verlauf der Krankheit, die familiäre Vorgeschichte und die Krankengeschichte des betroffenen Patienten. Die Krankengeschichte muss auch Aufschluss über andere allergische Erkrankungen oder Atemwegsbeschwerden von Kindheit an sowie die Rauchgewohnheiten geben.

3.4.2.1.2.5 Positive bronchiale Provokationstests allein gelten schon als ausreichende Belege für eine Einstufung. In der Praxis werden allerdings viele Befunde der vorgenannten Untersuchungen bereits vorliegen.

3.4.2.1.3. Tierstudien

3.4.2.1.3.1. Zu den Daten aus geeigneten Tierstudien (8), die als Hinweis darauf gewertet werden können, dass ein Stoff beim Einatmen Sensibilisierungen beim Menschen (9) hervorrufen kann, gehören beispielsweise:

  1. Bestimmung des Immunglobulin E (IgE) und anderer spezifischer immunologischer Parameter, beispielsweise an Mäusen,
  2. spezifische Lungenreaktionen bei Meerschweinchen.

(8) Zum heutigen Zeitpunkt ist noch kein etabliertes und validiertes Tiermodell für die Prüfung der Überempfindlichkeit der Atemwege verfügbar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Beurteilung der Beweiskraft von aus Tierstudien stammenden Daten wertvolle Informationen liefern.

(9) Die Mechanismen, über die ein Stoff Asthmasymptome hervorruft, sind noch nicht vollständig bekannt. Zu Präventionszwecken gelten diese Stoffe jedoch als Atemwegsallergene. Lässt sich anhand der Datenlage allerdings nachweisen, dass diese Stoffe nur bei Personen mit bronchialer Überempfindlichkeit Asthmasymptome durch Reizung erzeugen, sind sie nicht als Atemwegsallergene zu betrachten.

3.4.2.2. Hautallergene

3.4.2.2.1 Gefahrenkategorien

3.4.2.2.1.1. Hautallergene sind in die Kategorie 1 einzustufen, wenn die Daten für die Einstufung in eine Unterkategorie nicht ausreichen.

3.4.2.2.1.2. Bei ausreichender Datenlage ermöglicht es eine verfeinerte Bewertung nach Abschnitt 3.4.2.2.1.3, ein Hautallergen als starkes Allergen in Unterkategorie 1A oder als sonstiges Hautallergen in Unterkategorie 1B einzustufen.

3.4.2.2.1.3. Entweder beim Menschen oder beim Tier beobachtete Wirkungen begründen in der Regel eine über das Verfahren der Beweiskraftermittlung erfolgende Einstufung als Hautallergen gemäß Abschnitt 3.4.2.2.2. Stoffe können im Wege der Beweiskraftermittlung anhand der Kriterien von Tabelle 3.4.2 und aufgrund zuverlässiger und hochwertiger Nachweise, die aus Fallstudien, epidemiologischen Studien und/oder Beobachtungen bei geeigneten Studien an Versuchstieren entsprechend den Leitwerten in den Abschnitten 3.4.2.2.2.1 und 3.4.2.2.3.2 bei Unterkategorie 1A und den Leitwerten in den Abschnitten 3.4.2.2.2.2 und 3.4.2.2.3.3 bei Unterkategorie 1B abgeleitet wurden, einer der beiden Unterkategorien 1A oder 1B zugeordnet werden.

3.4.2.2.1.4. Stoffe sind nach den Kriterien von Tabelle 3.4.2 als Hautallergene einzustufen:

Tabelle 3.4.2

Gefahrenkategorie und Gefahrenunterkategorien für Hautallergene

Kategorie

Kriterien

Kategorie 1

Falls die Daten für die Einstufung von Stoffen in Unterkategorien nicht ausreichend sind, sind diese nach folgenden Kriterien als Hautallergene (Kategorie 1) einzustufen:

  1. aufgrund von Nachweisen beim Menschen, dass der Stoff bei einer erheblichen Anzahl von Personen eine Sensibilisierung durch Hautkontakt verursachen kann oder
  2. aufgrund positiver Befunde aus einem geeigneten Tierversuch (siehe dazu die spezifischen Kriterien in Abschnitt 3.4.2.2.4.1).

Unterkategorie 1A:

Es ist davon auszugehen, dass Stoffe, bei denen es sehr häufig zu einem Auftreten beim Menschen kommt und/oder bei denen eine hohe Sensibilisierungsstärke beim Tier zu beobachten ist, beim Menschen eine erhebliche Sensibilisierung auslösen können. Auch die Schwere der Reaktion kann berücksichtigt werden.

Unterkategorie 1B:

Es ist davon auszugehen, dass Stoffe, bei denen es mit geringer bis mäßiger Häufigkeit zu einem Auftreten beim Menschen kommt und/oder bei denen eine geringe bis mäßige Sensibilisierungsstärke beim Tier zu beobachten ist, beim Menschen eine Sensibilisierung auslösen können. Auch die Schwere der Reaktion kann berücksichtigt werden.

3.4.2.2.2 Erfahrungen beim Menschen

3.4.2.2.2.1 Die Nachweise für die Unterkategorie 1A aufgrund von Erfahrungen beim Menschen können Folgendes umfassen:

  1. positive Reaktionen bei ≤ 500 µg/cm2 (HRIPT, HMT — Induzierungsschwelle);
  2. Ergebnisse diagnostischer Epikutantests, bei denen in einer definierten Population eine relativ hohe und bedeutende Inzidenz von Reaktionen im Verhältnis zu einer relativ geringen Exposition auftritt;
  3. andere epidemiologische Nachweise, bei denen eine relativ hohe und bedeutende Inzidenz von allergischen Kontaktdermatitiden im Verhältnis zu einer relativ geringen Exposition auftritt.

3.4.2.2.2.2 Die Nachweise für die Unterkategorie 1B aufgrund von Erfahrungen beim Menschen können Folgendes umfassen:

  1. positive Reaktionen bei > 500 µg/cm2 (HRIPT, HMT — Induktionsschwelle);
  2. Ergebnisse diagnostischer Epikutantests, bei denen in einer definierten Population eine relativ geringe, aber bedeutende Inzidenz von Reaktionen im Verhältnis zu einer relativ starken Exposition auftritt;
  3. andere epidemiologische Nachweise, bei denen eine relativ geringe, aber bedeutende Inzidenz von allergischen Kontaktdermatitiden im Verhältnis zu einer relativ starken Exposition auftritt.

Die Verwendung von Humandaten wird in den Abschnitten 1.1.1.3, 1.1.1.4 und 1.1.1.5 behandelt.

3.4.2.2.3 Tierstudien

3.4.2.2.3.1. Für Kategorie 1 gilt bei der Anwendung einer Adjuvans-Prüfmethode für die Sensibilisierung der Haut eine Reaktion bei mindestens 30 % der Versuchstiere als positiver Befund. Bei einem Test ohne Adjuvans an Meerschweinchen gilt eine Reaktion bei mindestens 15 % der Versuchstiere als positiver Befund. Für Kategorie 1 gilt ein Stimulationsindex von Drei oder höher beim lokalen Lymphknotentest als positiver Befund. Testmethoden zur Hautsensibilisierung sind in der OECD-Leitlinie 406 (Meerschweinchen-Maximierungstest und Mehrschweinchentest nach Bühler) und der OECD-Leitlinie 429 (lokaler Lymphknotentest) beschrieben. Andere Methoden sind zulässig, sofern sie ordnungsgemäß validiert sind und eine wissenschaftliche Begründung angegeben wird. Der MEST (Mouse Ear Swelling Test) wäre beispielsweise ein zuverlässiger Screening-Test für die Erkennung mäßiger bis starker Allergene und könnte als erste Stufe bei der Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials verwendet werden.

3.4.2.2.3.2. Die Ergebnisse von Tierversuchen für die Unterkategorie 1A können Daten mit den Werten nach Tabelle 3.4.3 umfassen:

Tabelle 3.4.3

Ergebnisse von Tierversuchen für die Unterkategorie 1A

Assay

Kriterien

Lokaler Lymphknotentest

EC3-Wert ≤ 2 %

Meerschweinchen-Maximierungstest

≥ 30 % mit Reaktion bei ≤ 0,1 % der intradermalen Induktionsdosis oder
≥ 60 % mit Reaktion bei > 0,1 % bis ≤ 1 % der intradermalen Induktionsdosis

Bühler-Assay

≥ 15 % mit Reaktion bei ≤ 0,2 % der topischen Induktionsdosis oder
≥ 60 % mit Reaktion bei > 0,2 % bis ≤ 20 % der topischen Induktionsdosis

3.4.2.2.3.3. Die Ergebnisse von Tierversuchen für die Unterkategorie 1B können Daten mit den Werten nach Tabelle 3.4.4 umfassen:

Tabelle 3.4.4

Ergebnisse von Tierversuchen für die Unterkategorie 1B

Assay

Kriterien

Lokaler Lymphknotentest

EC3-Wert > 2 %

Meerschweinchen-Maximierungstest

≥ 30 % bis < 60 % mit Reaktion bei > 0,1 % bis ≤ 1 % der intradermalen Induktionsdosis oder
≥ 30 % mit Reaktion bei > 1 % der intradermalen Induktionsdosis

Bühler-Assay

≥ 15 % bis < 60 % mit Reaktion bei > 0,2 % bis ≤ 20 % der topischen Induktionsdosis oder
≥ 15 % mit Reaktion bei > 20 % der topischen Induktionsdosis

3.4.2.2.4 Besondere Erwägungen

3.4.2.2.4.1 Zur Einstufung eines Stoffes müssen einer oder mehrere der folgenden Nachweise vorliegen und einer Beweiskraftermittlung unterzogen werden:

  1. positive Daten aus Epikutantests, in der Regel aus mehr als einer dermatologischen Klinik;
  2. epidemiologische Untersuchungen, die zeigen, dass der Stoff eine allergische Kontaktdermatitis verursacht. Besonders aufmerksam sind Fälle zu betrachten, in denen ein hoher Anteil der Exponierten charakteristische Symptome zeigt, selbst wenn die Zahl der Fälle insgesamt klein ist;
  3. positive Daten aus geeigneten Tierstudien;
  4. positive Daten aus experimentellen Studien an menschlichen Probanden (siehe Abschnitt 1.3.2.4.7);
  5. gut dokumentierte Fälle von allergischer Kontaktdermatitis, in der Regel aus mehr als einer dermatologischen Klinik;
  6. auch die Schwere der Reaktion kann berücksichtigt werden.

3.4.2.2.4.2. Nachweise aus Studien an Tieren sind generell weit zuverlässiger als aus der Exposition von Menschen gewonnene Nachweise. Falls Nachweise aus beiden Quellen verfügbar sind und die Ergebnisse einander widersprechen, müssen allerdings Qualität und Zuverlässigkeit der Nachweise aus beiden Quellen bewertet werden, um die Frage der Einstufung von Fall zu Fall beantworten zu können. Normalerweise werden Erfahrungen beim Menschen nicht aus kontrollierten Versuchen mit Freiwilligen zu Einstufungszwecken, sondern vielmehr im Rahmen einer Risikobewertung zur Bestätigung negativer Tierversuche gewonnen. Positive Daten über eine Hautsensibilisierung beim Menschen stammen daher gewöhnlich aus Fall-Kontroll-Studien oder anderen weniger klar definierten Untersuchungen. Derartige Befunde müssen deshalb sorgfältig bewertet werden, weil die Häufigkeit der Fälle neben den intrinsischen Stoffeigenschaften auch Faktoren wie die Exposition, Bioverfügbarkeit, individuelle Prädisposition und die ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen widerspiegelt. Negative Erfahrungen beim Menschen sollten normalerweise keine positiven Befunde aus Tierstudien widerlegen. Sowohl bei den an Menschen als auch bei den an Tieren gewonnenen Daten ist die Wirkung des Vehikels zu berücksichtigen.

3.4.2.2.4.3. Trifft keine der vorstehenden Bedingungen zu, erübrigt sich eine Einstufung des Stoffes als Hautallergen. Allerdings kann eine Kombination von zwei oder mehreren der nachstehend aufgeführten Indikatoren für die Hautsensibilisierung zu einer anderen Entscheidung führen. Dies ist von Fall zu Fall zu prüfen.

  1. Isoliert auftretende Fälle allergischer Kontaktdermatitis;
  2. epidemiologische Untersuchungen von begrenzter Aussagekraft, weil beispielsweise Zufall oder Störfaktoren („bias“, „confounding“) nicht mit hinreichender Zuverlässigkeit vollständig ausgeschlossen worden sind;
  3. Daten aus Tierversuchen, die nach geltenden Standards durchgeführt wurden und deren Ergebnisse die in Abschnitt 3.4.2.2.3 angegebenen Kriterien für einen positiven Befund zwar nicht erfüllen, sich jedoch diesen so weit nähern, dass sie als positiver Hinweis gelten können;
  4. durch andere als Standardverfahren gewonnene positive Befunde;
  5. Positive Ergebnisse von strukturell eng verwandten Analoga.

3.4.2.2.4.4. Immunologische Kontakturtikaria

Stoffe, die die Kriterien für die Einstufung als Inhalationsallergene erfüllen, können außerdem immunologische Kontakturtikaria verursachen. Hier ist zu erwägen, ob diese Stoffe auch als Hautallergene einzustufen sind. Bei Stoffen, die eine immunologische Kontakturtikaria hervorrufen, jedoch nicht den Kriterien für Inhalationsallergene genügen, sollte auch geprüft werden, ob sie als Hautallergen eingestuft werden sollten.

Es ist noch kein anerkanntes Tiermodell verfügbar, um Stoffe zu erkennen, die immunologische Kontakturtikaria hervorrufen. Die Einstufung erfolgt deshalb in der Regel aufgrund von Erfahrungen beim Menschen, die denen bei der Hautsensibilisierung ähneln.

(*) Zum heutigen Zeitpunkt ist noch kein etabliertes und validiertes Tiermodell für die Prüfung der Überempfindlichkeit der Atemwege verfügbar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Beurteilung der Beweiskraft von aus Tierstudien stammenden Daten wertvolle Informationen liefern.
(**) Die Mechanismen, über die ein Stoff Asthmasymptome hervorruft, sind noch nicht vollständig bekannt. Zu Präventionszwecken gelten diese Stoffe jedoch als Atemwegsallergene. Lässt sich anhand der Datenlage allerdings nachweisen, dass diese Stoffe nur bei Personen mit bronchialer Überempfindlichkeit Asthmasymptome durch Reizung erzeugen, sollten sie nicht als Atemwegsallergene betrachtet werden.

3.4.3. Einstufungskriterien für Gemische

3.4.3.1. Einstufung von Gemischen, bei denen Daten für das komplette Gemisch vorliegen

3.4.3.1.1 Liegen für das Gemisch zuverlässige und qualitativ hochwertige Daten aus Erfahrungen beim Menschen oder aus geeigneten Studien an Versuchstieren vor, wie bei den Kriterien für Stoffe beschrieben, dann kann das Gemisch durch Ermittlung der Beweiskraft dieser Daten eingestuft werden. Bei der Bewertung der Daten zu Gemischen muss man sich sorgfältig vergewissern, dass die Ergebnisse in Bezug auf die Expositionshöhen schlüssig sind.

3.4.3.2. Einstufung von Gemischen, bei denen keine Daten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze

3.4.3.2.1 Wurde nicht das Gemisch selbst auf seine sensibilisierenden Eigenschaften geprüft, liegen jedoch ausreichende Daten über seine einzelnen Bestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vor, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, dann sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsvorschriften des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden.

3.4.3.3. Einstufung von Gemischen, wenn Daten für alle oder nur manche Bestandteile des Gemisches vorliegen

3.4.3.3.1 Das Gemisch ist als Inhalations- oder Hautallergen einzustufen, wenn mindestens einer seiner Bestandteile als Inhalations- oder Hautallergen eingestuft worden ist und dessen Konzentration den jeweiligen allgemeinen Konzentrationsgrenzwert für Feststoffe/Flüssigkeiten und Gase gemäß Tabelle 3.4.5 erreicht oder übersteigt. (ABl. L 83/2011)

3.4.3.3.2. Einige Stoffe, die als Allergene eingestuft sind, können bei einzelnen Personen, die gegenüber dem Stoff oder Gemisch bereits sensibilisiert sind, eine Reaktion hervorrufen, wenn sie in einem Gemisch in Mengen enthalten sind, die unter den in Tabelle 3.4.5 festgelegten Konzentrationen liegen (siehe Hinweis 1 zu Tabelle 3.4.6). (ABl. L 83/2011)

Tabelle 3.4.5

Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte der entweder als Inhalations- oder als Hautallergene eingestuften Bestandteile eines Gemisches, die zur Einstufung des Gemisches führen

Bestandteil eingestuft als:

Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte, die zu folgender Einstufung des Gemisches führen:

sensibilisierend für die Atemwege
Kategorie 1

hautsensibilisierend
Kategorie 1

 fest/flüssig

 gasförmig

 alle Aggregatzustände

sensibilisierend für die Atemwege
Kategorie 1

 ≥ 0,1 %

 ≥ 0,2 %

sensibilisierend für die Atemwege
Unterkategorie 1A

≥ 0,1 %

 ≥ 0,1 %

sensibilisierend für die Atemwege
Unterkategorie 1B

 ≥ 1,0 %

 ≥ 0,2 %

hautsensibilisierend
Kategorie 1

≥ 1,0 %

Hautsensibilisierend
Unterkategorie 1A

 

 

≥ 0,1 %

hautsensibilisierend
Unterkategorie 1B

 

 

≥ 1,0 %

Tabelle 3.4.6

Konzentrationsgrenzwerte für die Auslösung einer allergischen Reaktion durch Bestandteile eines Gemisches

Bestandteil eingestuft als

Konzentrationsgrenzwerte für die Auslösung einer allergischen Reaktion

Sensibilisierend für die Atemwege Kategorie 1

Hautsensibilisierend Kategorie 1

fest/flüssig

gasförmig

alle Aggregatzustände

sensibilisierend für die Atemwege Kategorie 1

≥ 0,1 % (Hinweis 1)

≥ 0,1 % (Hinweis 1)

sensibilisierend für die Atemwege Unterkategorie 1A

≥ 0,01 % (Hinweis 1)

≥ 0,01 % (Hinweis 1)

sensibilisierend für die Atemwege Unterkategorie 1B

≥ 0,1 % (Hinweis 1)

≥ 0,1 % (Hinweis 1)

hautsensibilisierend Kategorie 1

 

 

≥ 0,1 % (Hinweis 1)

hautsensibilisierend Unterkategorie 1A

 

 

≥ 0,01 % (Hinweis 1)

hautsensibilisierend Unterkategorie 1B

 

 

≥ 0,1 % (Hinweis 1)

Hinweis 1:

Dieser Konzentrationsgrenzwert für die Auslösung einer allergischen Reaktion wird für die Anwendung der besonderen Kennzeichnungsvorschriften gemäß Anhang II Abschnitt 2.8 eingesetzt, um bereits sensibilisierte Personen zu schützen. Enthält das Gemisch einen Bestandteil, der diese Konzentration erreicht oder überschreitet, ist ein Sicherheitsdatenblatt erforderlich. Bei sensibilisierenden Stoffen mit einem spezifischen Konzentrationsgrenzwert ist der Konzentrationsgrenzwert für die Auslösung einer allergischen Reaktion auf ein Zehntel des spezifischen Konzentrationsgrenzwerts festzulegen.
(ABl. L 86/2019)

3.4.4. Gefahrenkommunikation

3.4.4.1.

Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 3.4.7 zu verwenden.

Tabelle 3.4.7

Kennzeichnungselemente für die Sensibilisierung der Haut oder der Atemwege

Einstufung

Sensibilisierung der Atemwege

 Sensibilisierung der Haut

Kategorie 1 und Unterkategorien 1A und 1B

Kategorie 1 und Unterkategorien 1A und 1B

GHS-Piktogramm

GHS
GHS

Signalwort

Gefahr

Achtung

Gefahrenhinweis

H334: Kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen

H317: Kann allergische Hautreaktionen verursachen

Sicherheitshinweise – Prävention

P261
P285

P261
P272
P280

Sicherheitshinweise – Reaktion

P304 + P340
P342+ P311

P302 + P352
P333 + P313
P321
P362 + P364

Sicherheitshinweise – Lagerung

Sicherheitshinweise – Entsorgung

P501

P501

(ABl. L 149/2013)