22.01.2024 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1159863

Recht auf eine Toilette am Arbeitsplatz?

Johann Schöffthaler

Gastautor Johann Schöffthaler, BA MA, erläutert, die rechtlichen Bestimmungen für Arbeitsstätten bezüglich eines Zugangs zu einer Toilette. Was gilt jedoch für Beschäftigte an auswärtigen Arbeitsstellen, wie zB Busfahrer:innen?

Aus Sicht des Arbeitnehmer:innenschutzes ist dies im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) für Arbeitsstätten folgend geregelt.

§ 27 ASchG – Sanitäre Vorkehrungen in Arbeitsstätten: inkl Toilette

§ 27. (3) Den Arbeitnehmern sind in der Nähe der Arbeitsplätze, der Aufenthaltsräume, der Umkleideräume und der Waschgelegenheiten oder Waschräume in ausreichender Anzahl geeignete Toiletten zur Verfügung zu stellen. In Vorräumen von Toiletten muss eine Waschgelegenheit vorhanden sein, sofern sich nicht in unmittelbarer Nähe der Toiletten eine Waschgelegenheit befindet. Werden in einer Arbeitsstätte regelmäßig mindestens fünf Arbeitnehmer und mindestens fünf Arbeitnehmerinnen beschäftigt, so hat bei den Toiletten eine Trennung nach Geschlecht zu erfolgen.

Hinweis:

Die Betonung liegt hier auf Arbeitsstätten, jedoch nicht für auswärtige Arbeitsstellen!

Was ist eine auswärtige Arbeitsstelle?

Auswärtige Arbeitsstellen im Sinne des ASchG sind alle Orte außerhalb von Arbeitsstätten, an denen andere Arbeiten als Bauarbeiten durchgeführt werden insbesondere auch die Stellen in Verkehrsmitteln, auf denen Arbeiten ausgeführt werden.

Verständlicherweise ist es für Arbeitgeber:innen schwer Toiletten auf einer auswärtigen Arbeitsstelle, wie zB für LKW-und Buslenker:innen zu organisieren. Aber ob sie dadurch komplett freigestellt sind, nichts zu tun, ist eine andere Frage, welche hier thematisiert wird.

Praxisbeispiel: Öffentlicher Nahverkehr

Gerade im öffentlichen Nahverkehr liegt es in der Natur der Dienstleistung, dass gerade in den Stoßzeiten, in der Früh und am Nachmittag (Schüler:innen, Pendler:innen, etc), am meisten Nachfrage herrscht, dazwischen aber „Ruhepausen“ für die Lenker:innen von mehreren Stunden bestehen, die an Orten ohne Infrastruktur wie Toiletten, Aufenthaltsräume, etc, verbracht werden müssen. Dh Buslenker:innen stehen mit ihren Bussen mehrere Stunden ohne die Möglichkeit in ihrer Ruhepause, somit in ihrer Freizeit, eine Toilette aufsuchen zu können.

Jedem Menschen ist das schon passiert, dass keine Toilette in der Nähe war und weiß, wie unangenehm das ist. Deshalb trinken zB viele Buslenker:innen sehr wenig, um diesem „Drang nach Erleichterung“ so weit als möglich zu unterdrücken. Dies ist einer der Gründe, warum in Arbeitsstätten die Toiletten in der Nähe einzurichten sind.

Wie weit darf die nächste Toilette in Arbeitsstätten entfernt sein?

Erläuterung des ASchG: Maximal zulässige Entfernung zwischen Arbeitsplatz und Toiletten:

In der Nähe der Arbeitsplätze befinden sich Toiletten dann, wenn sie von den Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m Gehlinie entfernt sind, und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, auf dem Weg höchstens eine Geschoßhöhe zu überwinden ist.

Gesundheitlichen Risiken

Wie drastisch jedoch die gesundheitlichen Folgen einer ständig unterdrückten Blase ausfallen und welche langfristigen Schäden auftreten können ist vielen Menschen aktiv nicht bewusst. Aussagen von Ärzte:innen bestätigen, dass anhaltende körperliche Schäden die drastischste Konsequenz wären, wenn man seinen Urin und Harndrang regelmäßig zurückhält.

Hinzu kommt noch das Thema altersgerechtes Arbeiten, Sittlichkeit und die Menschenwürde in diesen Fällen. Die Zumutbarkeit, dass Arbeitnehmer:innen in der „freien Natur“ ihren menschlichen Bedürfnis (zB Toilettengang) nachkommen müssen, ist schwer nachvollziehbar.

Recht auf eine Toilette: Rechtliche Bestimmungen

Wie sieht es jetzt mit den gesetzlichen Grundlagen in Österreich aus?

Geht man zum Ursprung zurück, wie zB dem „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966“ steht in Artikel 12 Absatz 1 und 2 b) geschrieben:

„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit an.

Die von den Vertragsstaaten zu unternehmenden Schritte zur vollen Verwirklichung dieses Rechts umfassen die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung aller Aspekte der Umwelt- und der Arbeitshygiene;“

Diese Rechte wurden im Jahr 1966 völkerrechtlich festgehalten. Bei der Resolution der VN-Generalversammlung zu Wasser und Sanitärversorgung handelt es sich um eine für die Mitgliedsstaaten rechtlich nicht bindende Resolution.

In Österreich gibt es das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). Bezüglich der Fürsorgepflicht seitens des Dienstgebers findet man folgendes:

§ 1157 Absatz 1 ABGB: „Der Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine Kosten dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden.“

Weiters gibt es das Angestelltengesetz (Bundesgesetz vom 11. Mai 1921 über den Dienstvertrag der Privatangestellten (Angestelltengesetz - AngG). Das Anwendungsgebiet des Gesetzes ist in den §§ 1 und 2 geregelt.

Hier findet man § 18 AngG, wonach:

(4) Der Dienstgeber hat jene Maßnahmen zur Wahrung der Sittlichkeit zu treffen, die durch das Alter und Geschlecht der Angestellten geboten sind.

Fazit

Zusammenfassend kommt man zu dem Schluss, dass die Frage, wo endet die Fürsorgepflicht von Dienstgeber:innen bzw was umfasst die Fürsorgepflicht, eigentlich ziemlich ausführlich gesetzlich geregelt ist. Eine Interpretation, dass Dienstgeber:innen keine organisatorischen Maßnahmen bezüglich des menschlichen Bedürfnisses bzw den Zugang zu Toiletten bei auswärtigen Arbeitsstellen zu ermöglichen, ist hier nur schwer argumentierbar.

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