14.11.2020 | Bau & Immobilien | ID: 1076010

Elektrotechnikverordnung 2020: wichtige Neuerungen für Bauprojekte

WEKA (kp)

Seit 10.07.2020 regelt die ETV 2020 die Sicherheitsstandards für elektrische Anlagen. Relevant ist sie bei Neubauten, Umbauten und der Nachrüstung bestehender Anlagen. Über die Auswirkungen auf Bauprojekte informiert Sie dieser Beitrag.

Mängel bei elektrischen Anlagen sind immer noch ein häufiger Grund für folgenschwere Brände. Die elektrotechnischen Vorschriften haben deshalb den Rang von Schutzvorschriften. Für Bauprojekte ist die Anwendung der aktuellen elektrotechnischen Vorschriften und Normen deshalb wesentlich.

Die Elektrotechnikverordnung 2020 (ETV 2020) konkretisiert und aktualisiert die Anforderungen an die Sicherheit von elektrotechnischen Anlagen laut § 3 Elektrotechnikgesetz. Die neuen Anforderungen gelten sehr umfassend, ua für Wohngebäude, Arbeitsstätten, öffentliche Gebäude, Baustellen, landwirtschaftliche Gebäude, Photovoltaikanlagen uvm.

Was ist neu für Bauprojekte?

  • Die ETV 2020 unterscheidet zwischen „verbindlich erklärten“ (Anhang I) und „kundgemachten“ (Anhang II) elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften.
  • OVE E 8101 wurde die zentrale Norm für elektrische Niederspannungsanlagen, auch auf Baustellen
  • Der Brandschutz hat größeren Stellenwert als bisher
  • Auf das Brandschutzkonzept von Brandschutzverantwortlichen dürfen sich Elektrotechniker verlassen
  • Der EMV-Schutz ist schon bei der Planung zu berücksichtigen
  • Erstprüfung, Risikobeurteilung sowie „Dokumentation“ anstelle von „Anlagenbuch“
  • Höhere Aufwände bei der Planung und Umsetzung, die mit höheren Kosten verbunden sein können bzw werden.

Die Normen im Anhang II sind zwar nur „kundgemacht“, sind aber ebenfalls für Bauprojekte von großer Bedeutung. Denn wenden Elektrotechniker bei der Planung oder Ausführung die „kundgemachten“ Normen an, werden auch die Anforderungen des § 3 Abs 1 und 2 Elektrotechnikgesetz automatisch als erfüllt angesehen.

Elektrotechniknorm OVE E 8101 als neuer Standard

Sie ist schon 2019 erschienen und jetzt im Anhang II der ETV 2020 als „kundgemacht“ gelistet. Sie ist für Ausschreibungen und Bauprojekte zentral und muss auch für elektrische Niederspannungsanlagen auf Baustellen angewendet werden (Teil 7-704).

Die Norm muss käuflich erworben werden. Die ETV 2020 referenziert für den Erwerb in § 3 Abs 3 ETV 2020 ganz konkret auf den OVE.

Hinweis:

Die bisherigen Normenreihen ÖVE/ÖNORM E 8001 und 8002, sind in der ETV 2020 nicht mehr gelistet. Für neue Bauprojekte sind sie nicht mehr anwendbar, da sie die Sicherheitskriterien des Elektrotechnikgesetzes nicht mehr erfüllen. Für laufende Projekte gibt es aber Übergangsfristen (siehe unten).

Erweiterte Brandschutzanforderungen

Die elektrotechnischen Planungen haben laut ETV 2020 das Brandschutzkonzept zu berücksichtigen. Es gibt dadurch eine neue wichtige Schnittstelle bei Bauplanung und -ausführung. Elektrotechniker dürfen sich auf die Expertise der Brandschutzplaner verlassen:

  • Maßnahmen zum Schutz vor Bränden, die von elektrischen Betriebsmitteln ausgehen
  • Maßnahmen bei besonderen Brandrisiken
  • Schutz gegen Verbrennungen und Überhitzung
  • Besondere Anforderungen für die Evakuierung im Notfall
  • Besondere Anforderungen an den Funktionserhalt im Brandfall

Bereits seit 2017 gilt für Kabel die EU-Bauprodukteverordnung mit besonderen Zertifizierungspflichten. Ist das bisher häufig noch untergegangen, wird jetzt allen Auftraggebern unbedingt empfohlen, für Planungen und Installationen nur mehr entsprechend zertifizierte Kabel zu verlangen.

Pflicht zur Risikobeurteilung und Erstprüfung

Eine Risikobeurteilung muss laut §§ 4 und 5 ETV 2020 bei Neuplanungen oder Umbauten immer dann durchgeführt werden, wenn besondere örtliche oder sachliche Verhältnisse vorliegen, die in den elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften nicht berücksichtigt sind. Erforderlich ist sie zusätzlich auch dann, wenn diese Normen nicht vollständig angewendet werden. Die Pflicht gilt für elektrische Anlagen und auch für nichtelektrische Anlagen im Gefährdungs- und Störungsbereich elektrischer Anlagen (§§ 4 und 5).

Ausdrücklich in § 6 der ETV 2020 gefordert ist die Pflicht zur Erstprüfung, wenn eine Anlage erstmalig in Betrieb genommen wird. Bei ihr muss nachgewiesen werden, dass die Erfordernisse des § Abs 1 und 2 Elektrotechnikgesetz erfüllt sind. Werden die relevanten elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften angewendet, ist die Anforderung an diese Erstprüfung als erfüllt anzusehen.

Übergangsfristen für laufende Projekte

Die ETV 2020 sieht in § 9 diese Übergangsfristen vor:

  • Für die Anwendung der SNT-Vorschriften der ETV 2002, Nr 2 bis 38 sowie 45 bis 61 bis 09.07.2021.
  • Bei Projekten, die schon in einem fortgeschrittenen Stadium sind, kann diese Frist bis 6 Wochen vor Ablauf per Antrag (an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) um bis zu vier weitere Jahre verlängert werden.
  • Die Risikobeurteilung kann bis zu 5 Jahre entfallen, wenn die SNT-Vorschriften Nr 1, 39, 44 sowie 62 bis75 aus der ETV 2002 zur Anwendung kommen

www.ris.bka.gv.at

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