12.10.2020 | Datenschutz & IT | ID: 1075537

Videoüberwachung – neue Rechtsgrundlage durch DSGVO und damit einhergehender Paradigmenwechsel

Teresa Maria Atzelsdorfer

Bisher wurde das kontroverse Thema der Videoüberwachung im § 13 DSG geregelt. Mit Einführung der DSGVO und den darin enthaltenen unbestimmteren Grundsätzen der Datenminimierung und Informationspflichten kehrt jedoch Rechtsunsicherheit ein.

Die Datenschutzbehörde (DSB) hat entschieden, dass eine Videoaufnahme, auch eine sich in öffentliche Bereiche erstreckende, und die nach §§ 12 und 13 DSG zulässige Dauer der Speicherung der entsprechenden Videoaufnahmen rechtswidrig sei. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hatte daher am 25.11.2019 (GZ: W211 2210458-1) als höhere Instanz über die Entscheidung der DSB zu urteilen. Dabei teilte es das Ergebnis der DSB zwar, sprach aber deutlich aus, dass die Bestimmungen des DSG – und damit auch die für Videoüberwachungen einschlägigen §§ 12 und 13 DSG – aufgrund fehlender Öffnungsklauseln in der DSGVO nicht anwendbar sind.

Daraus folgt die Beurteilung der Frage der Zulässigkeit nach den unbestimmteren Kriterien der DSGVO. In Österreich gibt es dazu noch kein höchstrichterliches Urteil. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) jenes Urteil des BVwG bestätigen wird, da auch die deutsche höchstrichterliche Spruchpraxis ident ist.

Was bedeutet dies für die Praxis?

Die DSGVO unterscheidet im Gegensatz zum DSG zwei Kategorien personenbezogener Daten: einerseits „gewöhnliche“ personenbezogene Daten und andererseits besondere Kategorien personenbezogener Daten. Infolgedessen existieren für diese beiden Datenkategorien verschiedene mögliche Rechtfertigungsgründe.

  • Für „gewöhnliche“ personenbezogene Daten werden die bisherigen Rechtfertigungsgründe nach dem DSG für Videoüberwachungen (Einwilligung, berechtigtes Interesse) durch die DSGVO vor allem um den Rechtfertigungsgrund der „Erfüllung eines Vertrages“ erweitert.
  • Für besondere Kategorien personenbezogener Daten (ehemals „sensible“ Daten) entfällt der in der bisherigen Spruchpraxis nach dem DSG äußerst relevante Rechtfertigungsgrund des „berechtigten Interesses“ bei Vorliegen sensibler Daten.

§ 13 DSG enthält darüber hinaus konkrete Anordnungen für die zulässige Speicherdauer, welche infolge dieses Urteils nicht mehr (unmittelbar) anwendbar sind. Ebenso behandelt § 13 DSG die Regelungen zur Kennzeichnungspflicht von Videoanlagen: Daten dürfen nur bis zu 72 Stunden gespeichert werden, eine Speicherung darüber hinaus muss gesondert begründet werden. Die Anordnungen des § 13 DSG werden durch die allgemeinen bzw allgemeineren Grundsätze der Datenminimierung und durch die Informationspflicht nach Art 13 DSGVO ersetzt. Die mangelnde Bestimmtheit dieser Begriffe der DSGVO – im Gegensatz zu der klaren Anordnung des DSG – birgt eine Rechtsunsicherheit, sofern diese Begriffe abweichend von der bisherigen gesetzlichen Regelung ausgelegt werden.

Zulässigkeit der Videoüberwachung in Zukunft

Es ist damit zu rechnen, dass dieser radikale Paradigmenwechsel sicherlich neue Argumentationsmöglichkeiten für die Zulässigkeit von Videoüberwachungen und die Dauer der Speicherung von Videodaten eröffnen wird. Es lässt sich aber noch nicht abschätzen, ob sich die Gerichte bei der Auslegung der unbestimmteren Begriffe der DSGVO an die Regelungen der §§ 12 und 13 DSG und die dazu ergangene Spruchpraxis anlehnen werden, oder ob sie bei der Auslegung der Begriffe der DSGVO neue Wege einschlagen.

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