14.12.2022 | Datenschutz & IT | ID: 1128208

Datenschutz: Überwachung von Arbeitnehmern – was darf der Arbeitgeber?

Albert Scherzer

Lesen Sie in diesem Beitrag, was Unternehmen bei der Überwachung von Arbeitnehmern zB hinsichtlich Internetnutzung und E-Mailverkehr beachten müssen. Wo liegen die Grenzen der Zulässigkeit der Videoüberwachung?

Die Bedeutung des Betriebsrats

Alle Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde und somit die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer berühren, sind nur insoweit zulässig, als der Betriebsrat mit dem Unternehmen eine Betriebsvereinbarung getroffen hat, welche die genaue Nutzung von Daten über die Arbeitnehmer zum Gegenstand hat. Dies setzt freilich das Bestehen eines Betriebsrats voraus. In Betrieben, die über keinen Betriebsrat verfügen, dürfen derartige Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, nur mit ausdrücklicher Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers erfolgen. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde „verletzen“, sind absolut unzulässig. Hierunter fällt etwa die permanente Totalüberwachung des Mitarbeiters oder auch die Überwachung in intimen Situationen, wie etwa in Wasch- und Toilettenräumlichkeiten.

Als Kontrollmaßnahme gemäß § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG wird „die systematische Überwachung von Eigenschaften, Handlungen oder des allgemeinen Verhaltens von Arbeitnehmern durch den Betriebsinhaber“ bezeichnet. Davon mitumfasst sind Regelungen, die festlegen, wann, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Art und Weise Arbeitnehmer bei Erbringung der Arbeitsleistung kontrolliert werden dürfen.

Bei Maßnahmen oder Systemen, die die objektive Eignung zur Kontrolle der Arbeitnehmer/innen erfüllen, ist dann gemäß § 96. Abs 1 Z 3 ArbVG bzw § 10 Abs 1 AVRAG zu prüfen, ob dadurch die Menschenwürde berührt wird.

Überwachung von Internetnutzung und E-Mailverkehr

Untersagt ein Arbeitgeber prinzipiell die private Nutzung von Internet und dazugehöriger Struktur, werden sämtliche Daten, die in seinem System des Arbeitgebers enthalten sind, als geschäftliche Daten qualifiziert. In diesem Fall hat der Arbeitgeber kompletten Zugang. Wurden Privatnutzungen allerdings nicht gänzlich untersagt, sind sowohl geschäftliche als auch private Daten auf den Speichern zu finden. Auf den privaten E-Mailverkehr darf der Arbeitgeber sich keinesfalls Zugang verschaffen, da dies auch verfassungsrechtlich aufgrund des Briefgeheimnisses untersagt wäre.

Soll der E-Mail-Verkehr auch privat nutzbar sein, empfiehlt sich daher eine genaue Festhaltung der Regelungen hinsichtlich des Zugriffs des Arbeitgebers auf die E-Mail-Konten der beschäftigten Arbeitnehmer. Wie weit die Kontrollrechte in der Praxis tatsächlich gehen, richtet sich in erster Linie nach dem Inhalt einer diesbezüglichen Betriebsvereinbarung (siehe oben). Die Frage, ob die Menschenwürde berührt wird, ist nicht mit einer simplen Formel zu beantworten. Es sind vielmehr in jedem Einzelfall die Interessen der Arbeitnehmer jenen des Arbeitgebers gegenüberzustellen. Der Arbeitgeber hat primär das Interesse am Erhalt eines funktionsfähigen EDV-Systems, demgegenüber steht das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seiner Privatsphäre. Falls Kontrollmaßnahmen so weit gehen, dass sie den betroffenen Arbeitnehmern das Gefühl geben, permanent überwacht zu werden, ist die Grenze jedenfalls überschritten.
Ein 100%iger Schutz der Privatsphäre ist häufig nicht möglich, dennoch muss diese zumindest im Kernbereich unangetastet bleiben. Es könnte etwa eine Regelung getroffen werden, welche es dem Arbeitgeber vorerst uneingeschränkt ermöglicht, auf die E-Mail-Konten der Arbeitnehmer zuzugreifen, da dies erforderlich scheint, um insbesondere den Zugang zum unternehmensbezogenen E-Mail-Verkehr zu gewährleisten. Andererseits soll der Zugriff auf Mails in jenem Moment verboten sein, sobald der Arbeitgeber feststellen kann, dass es sich um private Inhalte handelt. Dies könnte bereits bei einer entsprechenden Betreffzeile der Fall sein. Liegt im Unternehmen eine entsprechende Betriebsvereinbarung vor, ist dennoch eine ausdrückliche Einverständniserklärung jedes Arbeitnehmers dringend zu empfehlen. Nach Auffassung des Höchstgerichts wird an eine solche Zustimmungserklärung ein enger Rahmen der Zulässigkeit gezogen.

Das Auslesen von Kommunikationsdaten von Arbeitnehmern erfordert stets eine stichhaltige Begründung. In diesem Bereich sind auch die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Datenschutzgesetzes (DSG) zu beachten. Im Regelfall darf eine genauere Überprüfung nur erfolgen, wenn sich im Rahmen von Routinekontrollen Auffälligkeiten besonderer Intensität ergeben, die eine genauere Überprüfung erforderlich machen. Wird dies seitens des Arbeitgebers nicht beachtet, drohen hohe Verwaltungsstrafen sowie Schadenersatzforderungen der betroffenen Arbeitnehmer aufgrund der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte.

Grenzen der Zulässigkeit der Videoüberwachung

Mittels Etablierung von Videoüberwachungseinrichtungen kommt es zur Berührung der Grundrechte auf Datenschutz und Privatsphäre. Die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes halten eindeutig fest, dass Videoüberwachung zum Zwecke der Kontrolle von Mitarbeitern untersagt ist. 

Unter bestimmten Umständen kann im Einzelfall jedoch ein überwiegendes berechtigtes Interesse des Unternehmens vorliegen. In diesem Fall ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Eine Videoüberwachung kann somit überhaupt nur dann in Betracht kommen, sofern kein gelinderes Mittel zur Verfügung steht. Etwa die Installation von Sicherungseinrichtungen oder auch die Überwachung mittels dafür vorgesehenem Personal können als Alternativen in Betracht kommen. Ein berechtigtes Interesse könnte etwa dann gegeben sein, wenn die Videoüberwachung zum Schutz von Personen oder Gegenständen im Betrieb erforderlich ist, insbesondere im Falle bereits erfolgter Rechtsverletzungen in der Vergangenheit, ebenso wenn ein besonderes Gefährdungspotenzial vorliegt, wie etwa im Rahmen der Tätigkeiten von Kreditinstituten.

Sollte diese prinzipielle Prüfung ergeben, dass Videoüberwachung aus rechtlicher Sicht zulässig ist, sind folgende Maßnahmen sicherzustellen:

  • DATENSICHERHEIT: Das Videomaterial muss für Unbefugte unzugänglich sein.
  • INTEGRITÄT: Es muss sichergestellt sein, dass Dritte keine Möglichkeit haben, die Videoaufzeichnungen nachträglich zu verändern bzw zu bearbeiten.
  • AUFZEICHNUNGSPFLICHT: Jede Verarbeitung bzw Aufzeichnung der Videodaten muss dokumentiert werden (ausgenommen im Falle der bloßen Echtzeitüberwachung).
  • AUSSCHILDERUNGSPFLICHT: Videoüberwachungen müssen für potenziell Betroffene sichtbar gemacht werden, wie etwa durch ein Kamerasymbol. Auch die datenschutzrechtlichen Informationspflichten sind kenntlich zu machen.
  • LÖSCHPFLICHT: Die Videodaten sind jedenfalls innerhalb von 72 Stunden nach der Aufzeichnung rückstandslos zu löschen. Bei längerer Speicherdauer ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, wobei dies separat zu dokumentieren und zu begründen ist (schriftlich).

Jede der soeben dargestellten Videoüberwachungen muss in das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten aufgenommen werden. Geht mit einer Videoüberwachung ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen einher, muss eine Folgeabschätzung erstellt werden.

Telefonate und Dienstfahrten 

Das heimliche Abhören sowie Aufzeichnen von Telefonaten der Belegschaft ist sowohl bei Privatgesprächen als auch bei dienstlichen Konversationen gänzlich verboten. Denn auch beim dienstlichen Telefonat werden nicht nur sachliche Informationen ausgetauscht, sondern es schwingt immer auch eine persönliche Ebene mit. Dies gilt auch insbesondere deshalb, da im Falle des Abhörens nicht nur der Mitarbeiter, sondern auch der Gesprächspartner betroffen ist. Automationsunterstützte Telefonregistrieranlagen berühren die Menschenwürde und sind daher zustimmungspflichtig.

Die permanente Ortung des Aufenthaltsortes von Dienstfahrzeugen und die damit verbundene Überwachung des Aufenthaltsortes des Arbeitnehmers erfordern ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers, um dies zu rechtfertigen. Dies könnte unter Umständen im Fall eines Geldtransporters bejaht werden. Fahrtenbücher und Aufzeichnungen über auswärtige Termine und Fahrtstrecken sowie eine allfällige Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon sind aber in den meisten Fällen als gelinderes Mittel im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung anzusehen.

Der Einsatz von GPS-Lokalisierung ist jedenfalls zustimmungspflichtig, da hierdurch Bewegungsprofile der Arbeitnehmer entstehen, die zweifellos die Menschenwürde berühren.

Überwachung im Krankenstand 

Die Überwachung von Arbeitnehmern im Krankenstand gehört zu den gesetzlich geregelten Rechten, zu denen ein Berufsdetektiv befugt ist. Beobachtung und Kontrolle der Treue von Arbeitnehmern, also die Überwachung bei Verdacht der missbräuchlichen Inanspruchnahme eines Krankenstandes sind daher möglich.

Vorausgesetzt, arbeitsrechtliche Verfehlungen bestehen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Entlassung des Arbeitnehmers unverzüglich aussprechen, um nicht ungewollterweise auf die Ausübung des Entlassungsrechtes zu verzichten. Falls ein zweifelhafter Sachverhalt vorliegt, den der Arbeitgeber mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht aufklären kann, muss diesem das Recht zugebilligt werden, bis zur einwandfreien Klarstellung mit der Entlassung zuzuwarten. Dies sprach der OGH in der Vergangenheit aus.

Es steht fest, dass konkrete Verdachtsmomente gegen den Arbeitnehmer in Bezug auf vertragswidriges Verhalten bestehen müssen. Ohne konkrete Verdachtsmomente kann ein solcher willkürlicher Eingriff in die Privatsphäre nicht zulässig sein. Außerdem kann ein solcher Eingriff dann gerechtfertigt werden, wenn ein höherrangiges rechtliches Interesse des Eingreifenden vorliegt. Es ist somit eine Interessensabwägung zwischen den Interessen der Beteiligten erforderlich. Der Arbeitgeber darf also nur dann in die Privatsphäre des Arbeitnehmers rechtlich zulässig eingreifen können, wenn er ein „bedeutendes“ Interesse verfolgt, wie etwa die Beobachtung des Arbeitnehmers, um einen konkreten Verdacht zu klären.

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