13.09.2023 | Nachhaltigkeit | ID: 1145065

Die EU Taxonomie-Verordnung: Gekommen, um zu bleiben

Nikolaus Sauerschnig

RA Mag. Nikolaus Sauerschnig, LL.M. erläutert die wichtigsten Eckpunkte zur EU Taxonomie-Verordnung (EUTAX). Mit 2024 ist eine Erweiterung des Anwendungsbereichs geplant. Was bedeutet das für Unternehmen?

Die EU Taxonomie-Verordnung („EUTAX“) ist zwar bereits seit 12.07.2020 in Kraft, stellt betroffene Unternehmen aber weiterhin vor große Herausforderungen. 2024 soll zudem eine Erweiterung des Anwendungsbereichs erfolgen, wodurch die mit der EUTAX verbundenen Verpflichtungen auch weitere Unternehmen treffen. Was die EUTAX für Folgen für Unternehmen hat und wie diese damit bestmöglich umgehen, erfahren Sie in diesem Beitrag[1]

Einleitung und Ziel der Taxonomie-Verordnung (EUTAX)

Die EUTAX ist Teil des europäischen Green Deals, mit dem die EU das Ziel verfolgt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Um dieses wünschenswerte Ziel zu erreichen, werden auch Unternehmen in die Pflicht genommen, um einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft zu leisten.

Mit der EUTAX wurde ein Instrument geschaffen, mit dem definiert wird, unter welchen Voraussetzungen Wirtschaftstätigkeiten von Unternehmen ökologisch nachhaltig sind. Dadurch soll erreicht werden, dass Kapitalströme hin zu grünen Investitionen durchgesetzt werden und Investoren vor Greenwashing geschützt werden.

Welche Unternehmen sind von der Taxonomie-Verordnung (EUTAX) betroffen?

Die EUTAX gilt derzeit für Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der EU Non-Financial Reporting Directive (NFRD) fallen, die in Österreich als NaDiVeG umgesetzt wurde. Dabei handelt es sich um Unternehmen mit mehr als 500 Dienstnehmern[2] sowie einer Bilanzsumme von über EUR 20 Millionen oder mit Umsatzerlösen von über EUR 40 Millionen, die kapitalmarktorientiert oder Finanzdienstleister sind.

Erweiterung des Anwendungsbereichs der EUTAX (voraussichtlich) 2024

Wie bereits zu Beginn erwähnt, soll voraussichtlich 2024 eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der EUTAX erfolgen. Grund dafür ist, dass die NFRD durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) abgelöst wird. Dies führt dazu, dass die EUTAX auch auf die folgenden Unternehmen anzuwenden ist:

  • Unternehmen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:

 mehr als

    • 250 Dienstnehmer;
    • EUR 20 Millionen Bilanzsumme;
    • EUR 40 Millionen Umsatz;
  • Unternehmen, die an einem europäischen Markt notiert sind (ausgenommen sind dabei lediglich kleine Unternehmen mit weniger als zehn Dienstnehmern);

Berichtspflicht

Sind Unternehmen vom Anwendungsbereich der EUTAX erfasst, trifft diese eine umfassende Berichterstattungspflicht. Dabei müssen Unternehmen offenlegen, inwieweit ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten nachhaltig iS der EUTAX sind. Dies erfolgt insbesondere durch Angabe des Anteils der nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten im Zusammenhang mit den Kennzahlen Umsatzerlöse (Turnover), Investitionsausgaben (Capex) sowie Betriebsausgaben (Opex). Daneben müssen Erläuterungen zur Ermittlung der taxonomiekonformen Aktivitäten und zur Berechnungsmethode der Kennzahlen vorgenommen werden.

Wann ist eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig?

Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist nachhaltig iS der EUTAX, wenn sie einen Beitrag zu mindestens einem der sechs in der EUTAX definierten Umweltziele leistet:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung bzw Verminderung von Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Bioversität und der Ökosysteme

Diese Zielerreichung der Unternehmen muss dabei so ausgestaltet sein, dass keine Beeinträchtigung anderer Umweltziele erfolgt und bestimmte Mindestschutzkriterien eingehalten werden (zB soziale Mindeststandards), dazu sogleich ausführlich.

Welche wirtschaftlichen Tätigkeiten konkret einen Beitrag zu den obigen Umweltzielen leisten (können), ist in delegierten Rechtsakten geregelt. Für die Umweltziele 1. und 2. sind bereits entsprechende Rechtsakte für 13 Sektoren ausgearbeitet worden (zB Energie, Verkehr, Baugewerbe und Immobilien, Erziehung und Unterricht, Warenherstellung sowie Kunst, Unterhaltung und Erholung). Die Rechtsakte für die weiteren Umweltziele sind derzeit in Begutachtung und sollen bald folgen.

Bedeutet Taxonomiefähigkeit gleich Taxonomiekonformität? – die vorzunehmende Prüfung

Haben sich Unternehmen nach Prüfung des Anwendungsbereichs bis zu den delegierten Rechtsakten (für die ersten beiden Umweltziele) durchgekämpft, beginnt die eigentliche Prüfung der Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit. Diese erfolgt in zwei Schritten:

Zunächst ist zu prüfen, ob die wirtschaftliche Tätigkeit taxonomiefähig ist, sie also das Potential hat, nachhaltig zu sein. Dies ist grundsätzlich gegeben, wenn die einschlägige wirtschaftliche Tätigkeit in einem der delegierten Rechtsakte genannt ist.

Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die taxonomiefähige wirtschaftliche Tätigkeit auch taxonomiekonform, sohin nachhaltig iSd EUTAX ist. Zur Durchführung der Prüfung finden sich in den delegierten Rechtsakten technische Bewertungskriterien („Technical Screening Criteria“ – „TSC“). Anhand dieser Kriterien ist zu eruieren, ob die wirtschaftliche Tätigkeit einen Beitrag zu einem der Umweltziele leistet und dabei keine erhebliche Beeinträchtigung der anderen Umweltziele erfolgt („Do no significant harm“ – „DNSH“). Schließlich ist die Erfüllung der sozialen Mindeststandards (zB Einhaltung Menschenrechte, Antikorruption, Dienstnehmerschutzvorschriften, etc) zu beurteilen. Sind alle diese Kriterien erfüllt, ist die wirtschaftliche Tätigkeit taxonomiekonform und damit nachhaltig iSd EUTAX.

Prüfung am Beispiel Gebäudeentwicklung

Um die für Unternehmen vorzunehmende Prüfung der Taxonomiekonformität zu verdeutlichen, ein kurzes Beispiel:[3]

Beispiel:

Das Unternehmen A ist auf die Entwicklung von Immobilienneuprojekten spezialisiert. Diese Tätigkeit („Entwicklung von Bauprojekten“) ist gemäß Punkt 7.1. der delegierten Verordnung 2021/2139 grundsätzlich taxonomiefähig. Damit diese Tätigkeit auch taxonomiekonform ist, müssen mehrere technische Bewertungskriterien erfüllt sein, etwa muss der Primärenergiebedarf mindestens 10 % unter dem Schwellenwert eines Niedrigstenergiegebäudes liegen.

Nächster Schritt ist die Beurteilung, ob keine erheblichen Beeinträchtigungen der genannten Umweltziele erfolgen. In unserem Beispiel wäre etwa eine Beeinträchtigung von Umweltziel 6 (Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme) gegeben, wenn der Neubau auf unbebautem Land mit anerkanntem hohem Wert hinsichtlich der biologischen Vielfalt und Flächen, die als Lebensräume gefährdeter Arten für Flora und Fauna dienen, erfolgen würde.

Abschließend ist die Einhaltung sozialen Mindeststandards zu prüfen, beispielsweise ob für die eingesetzten Dienstnehmer die einschlägigen Dienstnehmerschutzvorschriften eingehalten werden.

Ist alles erfüllt, ist die wirtschaftliche Tätigkeit von A taxonomiekonform.

Ausblick

Zwei der wesentlichsten Aspekte der weiteren Entwicklungen zur Taxonomie-Verordnung (EUTAX) wurden ohnehin bereits im Beitrag erwähnt: Durch die Ablöse der NFRD durch die CSRD erfolgt eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der EUTAX. Zudem ist in naher Zukunft mit den delegierten Rechtsakten zu den übrigen Umweltzielen zu rechnen.

Mit den in der Taxonomie-Verordnung (EUTAX) genannten Umweltzielen soll darüber hinaus auch noch nicht das Ende erreicht sein. Neben Überlegungen zu weiteren Nachhaltigkeitszielen, wie Governance, ist vor allem die Umsetzung einer Sozial-Taxonomie in Arbeit, womit Unternehmen auch beurteilen müssten, wie sozial nachhaltig ihre Tätigkeiten sind[3]

Eins kann daher jedenfalls mit Sicherheit gesagt werden, die EUTAX ist nicht nur gekommen, um zu bleiben, sondern wird in den nächsten Jahren wohl noch erweitert werden.

Autor

Mag. Nikolaus Sauerschnig, LL.M. ist Rechtsanwalt in Kooperation mit Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte GmbH & Co KG (Wien).

_________________

Fußnoten:

[1] Zur besseren Lesbarkeit wird im Beitrag die männliche Form verwendet. Die Angaben beziehen sich aber natürlich auf Angehörige aller Geschlechter.

[2] https://www.bdo.at/de-at/publikationen/esg-in-real-estate/eu-taxonomie-verordnung#red4

[3] Der Abschlussbericht zur Sozial-Taxonomie ist unter https://commission.europa.eu/document/d07e1f1e-3a1f-4d55-add4-a130f26b33e3_de abrufbar.

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