20.04.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1113405

Homeoffice im rechtlichen Fokus

Albert Scherzer

Durch das 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz und das Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021 wurden erstmals rechtliche Grundlagen für Arbeit im „Home-Office“ geschaffen.

Dies betrifft das ArbVG, AVRAG, ASchG, ASVG, EStG und DHG. Die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Normen sind seit 01.04.2021, die steuerrechtlichen Regelungen rückwirkend seit 01.01.2021 in Kraft. Im Dezember 2020 veröffentlichte das Bundesministerium für Arbeit (BMA) zwei Leitfäden zu „Ergonomisches Arbeiten im Homeoffice“ sowie „Organisatorische Spielregeln im Homeoffice“. Homeoffice ist dabei keinesfalls mit der Heimarbeit nach dem Heimarbeitergesetz zu verwechseln.

Was ist eigentlich Homeoffice? 

Erbringt ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung, liegt Homeoffice im Sinne des AVRAG vor. Es umfasst dabei die Erbringung von Arbeitsleistungen in der Privatwohnung des Arbeitnehmers, aber nicht etwa die Arbeit in einem öffentlichen Co-Working-Space. Der Begriff umfasst auch ein Wohnhaus, einen Nebenwohnsitz, die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten. Arbeit im Homeoffice bedeutet nicht nur die Erbringung der Arbeitsleistung unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik (Laptop und PC), sondern umfasst auch die Erbringung von Arbeitsleistungen mit anderen Mitteln im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wie zB die Bearbeitung von Papierunterlagen.

Alles Vereinbarungssache!

Zwingende Grundlage ist die vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, da die Verlagerung des Ortes der Erbringung der Arbeitsleistung regelmäßig eine grundlegende Abweichung von der bisherigen arbeitsvertragsrechtlichen Vereinbarung darstellt. Da Homeoffice nur einvernehmlich möglich ist, kann es nicht vom Arbeitgeber einseitig angeordnet werden. Der Arbeitnehmer hat aber auch keinen Rechtsanspruch auf Homeoffice.

Arbeit im Homeoffice ist zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber aus Beweisgründen schriftlich zu vereinbaren (§ 2h Abs 2 AVRAG). Das Fehlen der Schriftlichkeit führt nicht zur Nichtigkeit der Vereinbarung.

Inhalt der Homeoffice-Vereinbarung

Jede Homeoffice-Vereinbarung sollte eine Befristung oder Kündigungsregelung enthalten. Für die Praxis empfiehlt es sich, klare Regelungen

  • zur Dauer (bestimmte oder unbestimmte Dauer) sowie
  • zur ordentlichen Kündigung (Kündigungsfristen und -termine, zB Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsletzten oder zum Quartal)

vorzusehen.

Die Homeoffice-Vereinbarung kann – auch ohne entsprechende vertragliche Regelung – von einer Arbeitsvertragspartei bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Letzten eines Kalendermonats gelöst werden. Ein wichtiger Grund kann etwa in wesentlichen Veränderungen der betrieblichen Erfordernisse oder wesentlichen Veränderungen der Wohnsituation des Arbeitnehmers gelegen sein, die die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice nicht mehr erlauben.

Wer muss für die Arbeitsmittel aufkommen? 

Es ist die Pflicht des Arbeitgebers die für das regelmäßige Arbeiten im Homeoffice erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen. Davon kann durch Vereinbarung (Einzelvereinbarung oder Betriebsvereinbarung) abgewichen werden, wenn der Arbeitgeber die angemessenen und erforderlichen Kosten für die von dem Arbeitnehmer für die Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung gestellten digitalen Arbeitsmittel trägt. Die Kosten können auch pauschaliert abgegolten werden.

In der Regel ist der Arbeitgeber zur Bereitstellung von gegebenenfalls erforderlichen digitalen Arbeitsmitteln im Zusammenhang mit regelmäßigem Arbeiten im Homeoffice verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht dann nicht, wenn die Ausübung von Homeoffice lediglich im Anlassfall („Eintagsfliege“) erfolgt ist, ohne dass von den Arbeitsvertragsparteien weitere regelmäßige Einsätze im Homeoffice beabsichtigt wären. Werden ausnahmsweise digitale Arbeitsmittel vom Arbeitnehmer bereitgestellt, hat der Arbeitgeber einen angemessenen und erforderlichen Kostenersatz zu leisten. Unter digitalen Arbeitsmitteln sind die erforderliche IT-Hardware und Software, die tatsächlich notwendige Datenverbindung und erforderlichenfalls ein Diensthandy zu verstehen.

Arbeitszeit

Für Homeoffice kommen das Arbeitszeitgesetz (AZG) und das Arbeitsruhegesetz (ARG) uneingeschränkt zur Anwendung.

Bei Homeoffice-Arbeit ist der Arbeitsort nicht im Betrieb des Arbeitgebers gelegen, sondern in der eigenen Wohnung des Arbeitnehmers. § 2 Abs 2 AZG hält diesbezüglich fest, dass Arbeitszeit auch die Zeit ist, während der ein im Übrigen im Betrieb Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung beschäftigt wird. Es gelten somit alle Bestimmungen des AZG und des ARG, wie zB die Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit, die Pausenregelungen und die Verpflichtung zur Arbeitszeitaufzeichnung.

Auch bei Homeoffice ist die Lage der Normalarbeitszeit und ihre Änderung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Die Verpflichtung, eine Verteilung der Arbeitszeit vorzunehmen – wie auch in anderen Arbeitsverhältnissen –, besteht auch bei Homeoffice-Arbeit.

Arbeitszeitaufzeichnungen 

Für Arbeitnehmer, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können oder ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben, sind ausschließlich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen. Es müssen sohin lediglich die kalendertäglichen Salden der Nettoarbeitszeit aufgezeichnet werden.

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeit aufzuzeichnen. Gem § 26 Abs 2 AZG kann der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen vom Arbeitnehmer zu führen sind. In diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Führung dieser Aufzeichnungen anzuleiten.

Es wird empfohlen, die Verpflichtung der eigenständigen Führung der Arbeitszeitaufzeichnungen durch den Arbeitnehmer im Dienstvertrag ausdrücklich schriftlich zu vereinbaren.

Da der Arbeitnehmer in der eigenen Wohnung durch den Arbeitgeber nicht kontrollierbar ist, besteht das Risiko für den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer ungewollt vermehrt Mehr- oder Überstunden leistet bzw verzeichnet. Aus diesem Grund wird Arbeitgebern empfohlen, die Richtigkeit und Plausibilität der vom Arbeitnehmer geführten und regelmäßig – wöchentlich bzw zumindest monatlich – abgegebenen Arbeitszeitaufzeichnungen entsprechend zu prüfen und mit einem entsprechenden Vermerk mit seiner Unterschrift schriftlich zu bestätigen.

Bedeutung von Betriebsvereinbarungen

Es kann seit der Novelle die Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice durch Betriebsvereinbarung getroffen werden, sofern ein Betriebsrat besteht. Mit dieser Betriebsvereinbarung ist eine Regelung von Homeoffice auf betrieblicher Ebene möglich. Umfasst sind auch Aspekte, die sonst unter freiwillige Betriebsvereinbarungen fallen, wie die Regelung des (pauschalen) Kostenersatzes.

Die Betriebsvereinbarung über Homeoffice soll die Rahmenbedingungen auf betrieblicher Ebene festlegen und eine Grundlage für die – jedenfalls notwendige – Einzelvereinbarung gem § 2h AVRAG bilden. Unberührt bleiben allfällige Betriebsvereinbarungen gem § 96 ArbVG oder § 96a ArbVG. Auch bei Homeoffice ist für Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich. Wird durch Homeoffice ein System zur automationsunterstützten Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers iSd § 96a Abs 1 Z 1 ArbVG eingeführt, so bedarf dies der ersetzbaren Zustimmung des Betriebsrates.

Nicht den Datenschutz vergessen

Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass entsprechende Maßnahmen getroffen werden, um den Schutz der vom Arbeitnehmer verarbeiteten Daten zu gewährleisten. Dies ist insbesondere in Hinblick auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit 28.05.2018 anwendbar ist und hohe Geldstrafen vorsieht, von besonderer Bedeutung.

Im Homeoffice gelten die gleichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers. In der Homeoffice-Vereinbarung sollten daher auch datenschutzrechtliche Aspekte geregelt werden:

  • Genaue Umschreibung der datenschutzrechtlichen Verantwortung für die Datenverarbeitung und die Datensicherheit im Homeoffice, insbesondere, wenn mit digitalen Arbeitsmitteln des Arbeitnehmers gearbeitet wird
  • Auflagen zur sicheren Verwahrung von Zugangsdaten und Passwörtern zu digitalen Geräten im Homeoffice
  • Vorgaben für die sichere Verwahrung des digitalen Gerätes sowie von Datenträgern und Ausdrucken
  • Sichere Löschung von personenbezogenen Daten auf den digitalen Geräten des Arbeitnehmers
  • Verwendung von externen Datenträgern und deren Absicherung (zB Verschlüsselung)
  • Hinweise auf die ebenso im Homeoffice geltende Meldepflicht für Datenschutzverletzungen (Data Breach) sowie
  • Die Haftung für Schäden durch Datenschutzverletzungen (1301/A XXVII. GP IA 5)

Haftungsregelung – Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG)

Erleidet der Arbeitgeber durch im gemeinsamen Haushalt mit dem Arbeitnehmer lebende Personen im Zusammenhang mit Arbeiten im Homeoffice Schäden, so sind die Bestimmungen des DHG sinngemäß anwendbar. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Regelungen des DHG auch in Fällen der Zufügung von Schäden etwa an digitalen Arbeitsmitteln oder abgespeicherten Arbeitsergebnissen (zB Bauplänen) durch Angehörige oder Haustiere gelten. Diese Fälle sind so zu behandeln, als wäre der Arbeitnehmer Schadensverursacher.

Wie sind Unfälle zu Hause zu bewerten? 

Schon im Rahmen des 3. COVID-19-Gesetzes wurden zeitlich befristete Sonderregelungen im ASVG geschaffen, wonach Unfälle, die sich im Homeoffice ereignen, als Arbeitsunfälle gelten. Eine Umsetzung ins Dauerrecht erfolgte sodann. Dies ist unabhängig davon, ob man zu Hause ein abgegrenztes Arbeitszimmer hat oder nicht. Diese Sonderregelungen wurden nun ins Dauerrecht übergeführt. Als Arbeitsunfälle gelten somit auch Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung in der Wohnung der versicherten Person (Homeoffice) ereignen (§ 175 Abs 1a ASVG). Durch eine Gleichstellung der Wohnung im Homeoffice mit der Arbeitsstätte in § 175 Abs 1b ASVG werden auch Wegunfälle vom Homeoffice aus erfasst.

Steuerliche Auswirkungen beachten

Im Rahmen des 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetzes sind auch steuerrechtliche Regelungen zum Homeoffice durch den österreichischen Gesetzgeber beschlossen worden. Diese sind hier nicht angeführt, aber selbstverständlich von Bedeutung für den Arbeitnehmer

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