28.04.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1113955

OGH-Entscheidungen zur Beendigung von Dienstverhältnissen bei Nichteinhaltung von COVID-19-Maßnahmen

Sylvia Unger

Der Oberste Gerichtshof (OGH) musste sich inzwischen bereits mehrmals mit der Beendigung von Dienstverhältnissen in Zusammenhang mit der Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz auseinandersetzen – ein kurzer Überblick.

Entscheidung 1 (OGH 25.11.2021, 9 ObA 130/21i) – Mund-Nasen-Schutz

Eine Arbeitnehmerin wurde gekündigt, da sie sich weigerte am Arbeitsplatz einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Sie begründete ihr Verhalten vor allem damit, dass das „Coronavirus genauso gefährlich sei, wie das Influenzavirus“ und damit, dass der Verfassungsgerichtshof bereits mehrere Verordnungsstellen im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen aufgehoben habe. Daher ging sie davon aus, sich gesetzmäßig zu verhalten. Die Arbeitnehmerin erachtete die darauffolgende Kündigung als Diskriminierung aufgrund ihrer Weltanschauung. Daher wurde diese von ihr angefochten.

Der OGH hat schon in älterer Rechtsprechung den Begriff „Weltanschauung“ als „Sammelbezeichnung für alle ideologischen, politischen und ähnlichen Leitauffassungen vom Leben und von der Welt“ definiert. Darauf aufbauend qualifizierte er die Weigerung des Maskentragens nicht als Weltanschauung, sondern vielmehr als punktuelle Kritik an der Maßnahme selbst. Auch das an sich richtige Einhalten der Gesetze stufte der OGH nicht unter den Begriff der Weltanschauung ein. Demnach lag keine Diskriminierung vor. Die Kündigung war zulässig.

Entscheidung 2 (OGH 14 09 2021, 8 ObA 42/21s) – Corona-Tests

Ein Arbeitnehmer eines Alten- und Pflegeheims weigerte sich wöchentliche Corona-Tests durchzuführen. Er erachtete die Tests als einen Eingriff in seine physische und psychische Integrität. Zusätzlich zweifelte er an der Sinnhaftigkeit der Testungen. Aufgrund dessen wurde der Arbeitnehmer entlassen.

Arbeitnehmer von Alten- und Pflegeheimen waren gemäß Covid-19-Notmaßnahmenverorodnungen verpflichtet, sich regelmäßig gegen das Coronavirus testen zu lassen. Bei allfälliger Verweigerung traf den Arbeitgeber die Pflicht, dem Arbeitnehmer den Zutritt zur Betriebsstätte zu verweigern. Ein Arbeitnehmer ist aufgrund des Arbeitsvertrages dazu verpflichtet, alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um seiner Arbeit nachgehen zu können. Daher musste er sich an die Verordnung halten und dementsprechend wöchentlich Covid-Testungen unterziehen.

Der OGH stellte klar, dass es nicht im Ermessen eines Arbeitnehmers liegt, die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zu hinterfragen. Demzufolge war die Entlassung des Arbeitnehmers rechtswirksam.

Entscheidung 3 (OGH 14.09.2021, 8 ObA 54/21f) – Erscheinen am Arbeitsplatz trotz Infektionsgefahr

Bei einer Arbeitnehmerin bestand der Verdacht, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben und sie musste sich einem Covid-Test unterziehen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses durfte sie nicht zur Arbeit erscheinen. Am darauffolgenden Tag kam sie, trotz angeordneter Absonderung und ohne Testergebnis, in die Arbeit. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine Entlassung aus, welche von ihr angefochten wurde.

Die Arbeitnehmerin argumentierte, dass eine nachträgliche Beurteilung der Tatsachen maßgeblich sei. Das Testergebnis fiel negativ aus. Daher ging sie rückblickend davon aus, dass sie mangels Erkrankung zur Arbeit erscheinen durfte. Der OGH sah jedoch die Tatsache, dass sie die Wohnung nicht verlassen durfte, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, als auschlaggebend. Diese Beurteilung basiert vor allem darauf, dass die Arbeitnehmerin ohne Ergebnis eine Infektion nicht ausschließen konnte und demnach eine Gefährdung der Gesundheit ihrer Kollegen zumindest fahrlässig in Kauf nahm.

Die Entlassung war demnach gerechtfertigt.

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