17.08.2020 | Wohnrecht | ID: 1071017

Liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch bei einer Änderung des denkmalgeschützten Erscheinungsbilds des Hauses vor?

Stanislava Doganova

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG liegt unter anderem vor, wenn das Verhalten geeignet ist, den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters zu schädigen oder zu gefährden.

Geschäftszahl

OGH 24.04.2020, 7 Ob 200/19s

Norm

§ 30 MRG

Leitsatz

Quintessenz:

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG liegt unter anderem vor, wenn das Verhalten geeignet ist, den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters zu schädigen oder zu gefährden. Dies ist bei eigenmächtig vorgenommen Umbauarbeiten durch den Mieter, die zu einer Veränderung des denkmalgeschützten Erscheinungsbilds, zu einer Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen des Hauses sowie zu einem Eingriff in die Bausubstanz führten, der Fall.

OGH: Der gegenständliche Fall handelt von einem Bestandverhältnis betreffend eine Liegenschaft mit einem darauf befindlichen Gebäude, das unter Denkmalschutz steht. Die Mieter nehmen ausdrücklich zur Kenntnis, dass das Objekt unter Denkmalschutz gestellt ist. Außerdem verpflichten sich die Mieter dazu, sämtliche andere baubehördliche Bewilligungen einzuholen, sofern Umbaumaßnahmen geplant sind sowie dazu, die Vermieter von ihren Plänen in Kenntnis zu setzen sowie entsprechende Umbaupläne vorzulegen. Allerdings wurden von den Mietern eigenmächtige Umbauarbeiten vorgenommen, die zu einer Veränderung des denkmalgeschützten Erscheinungsbilds, zu einer Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen des Hauses sowie zu einem Eingriff in die Bausubstanz führten, für welche es offenkundig keine Zustimmung der Vermieter gab. Außerdem fehlten für diese Umbautätigkeiten die erforderlichen behördlichen Genehmigungen. Das Bestandverhältnis wurde letztlich durch die Vermieter unter Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG gekündigt. 

Der Oberste Gerichtshof hält hiezu fest, dass die Vornahme von baulichen Veränderungen durch den Mieter ohne Zustimmung des Bestandgebers die Auflösung des Bestandvertrages gemäß § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG rechtfertigt, wenn die vom Mieter vorgenommenen Veränderungen für die Bestandsache erheblich nachteilig sind. Sachgemäß durchgeführte Vorkehrungen zur Verbesserung oder Modernisierung des Bestandgegenstands können den Auflösungstatbestand grundsätzlich nicht erfüllen. Derartige bauliche Veränderungen, die den Intentionen des Bestandgebers zuwiderlaufen, können aber dann einen erheblich nachteiligen Gebrauch des Bestandgegenstands bewirken, wenn dadurch wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Bestandgebers verletzt werden oder wenn die Gefahr der Verletzung solcher Interessen droht. 

§ 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG eröffnet die Möglichkeit einer Auflösung des Bestandverhältnisses, wenn das für sein Weiterbestehen erforderliche Vertrauen weggefallen ist. Vertragswidriges Verhalten ist somit Grundlage für einen Auflösungsanspruch. Verschulden seitens des Mieters ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste, wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters zugrunde zu legen ist.

Im vorliegenden Fall steht das Objekt unter Denkmalschutz und das Interesse der Kläger an der Erhaltung des Objekts in seiner bestehenden und denkmalgeschützten Form ist als wichtiges Interesse zu qualifizieren. Insbesondere Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes sind nicht mit den Intentionen der Vermieter in Einklang zu bringen. Durch die eigenmächtigen Umbauarbeiten ohne Einholung erforderlicher behördlicher Bewilligungen sowie ohne Einhaltung von Vorgaben der Vermieter, zu denen sich die Mieter zuvor vertraglich verpflichtet haben, ist das für das Weiterbestehen des Bestandvertrages erforderliche Vertrauen weggefallen. Das Vorliegen des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG ist daher zu bejahen. 

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