07.10.2020 | Zivilrecht | ID: 1075204

Rechtliches Schicksal des „digitalen Nachlasses“

Albert Scherzer

Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche rechtlichen Aspekte bezüglich eines digitalen Nachlasses beachten werden sollten. Was ist bei unterlassener Vorsorge zu tun?

Was versteht man unter „digitalem Nachlass?

Als digitaler Nachlass bezeichnet man alle vererblichen Daten einer Person, die online nach dem Tod im Internet weiter bestehen, oder die die Person offline an einem Gerät gespeichert hat. Das sind insbesondere

  • Profile auf sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter, Xing, LinkedIn etc)
  • E-Mail-Konten
  • Konten bei Online-Diensten (PayPal, Spotify, Netflix)
  • Online Banking
  • Kryptowährungen
  • uvm

Eine Ausnahme bilden Dienste wie iTunes, welche Inhalte wie Musik lediglich verleihen. Der Leihvertrag erlischt ex lege mit dem Ableben. Anspruch auf Nutzungsrechte eines Verstorbenen gibt es folglich keinen.

Vorsorge als optimale Option

Es empfiehlt sich, eine Liste mit allen Online-Mitgliedschaften, Profilen und sonstigen Accounts, gegebenenfalls inklusive Benutzernamen und Passwörtern, zu erstellen. Diese Liste sollte an einem sicheren Ort verwahrt werden (Dokumentenmappe) oder eventuell sogar bei einem Notar hinterlegt werden.

Eine Alternative zur physischen Liste der Zugangsdaten ist die Nutzung eines Passwort-Managers. Dabei handelt es sich um ein Programm, in dem alle Zugangsdaten gespeichert sind und mit einem einzigen Hauptpasswort abgerufen werden. Dieses Hauptpasswort sollte schließlich hinterlegt werden.

Daneben ist natürlich auch die gewünschte Verfahrensweise für die Hinterbliebenen festzuhalten. Grundsätzlich gibt es folgende vier Möglichkeiten, mit dem digitalen Nachlass umzugehen:

  • Erhaltung
  • Löschung
  • Archivierung
  • Übertragung der Daten

Die meisten sozialen Netzwerke bieten mittlerweile Optionen an, um für den Todesfall vorzusorgen.

Was ist bei unterlassener Vorsorge zu tun?

Hat der Verstorbene keine Verfügungen getroffen, stellt sich die Frage, was mit seinen digitalen Daten im Falle des Todes zu geschehen hat. Grundsätzlich treten die gesetzlichen Erben nach der Einantwortung in alle Rechte, Pflichten und Rechtsverhältnisse des Verstorbenen ein. Auch im Internet geschlossene Verträge des Verstorbenen gehen somit auf die Erben über. Die Erben haben als Universalsukzessoren sowohl die Zugangs- als auch die Nutzungsrechte an allen Rechten des Verstorbenen, soweit sie nicht höchstpersönlicher Natur sind. Es ist im Hinblick auf die sozialen Medien strittig, ob ein privat gehaltener Social-Media-Account höchstpersönlich anzusehen ist oder nicht. Dies wurde zuletzt von einem deutschen Gericht bejaht.

Mit Internetsuchmaschinen kann nach dem Namen oder E-Mail-Adressen des Verstorbenen gesucht werden. Auch nach Spitznamen oder Namenskürzeln sollte gesucht werden, um alle relevanten Daten und Accounts ausfindig zu machen. Es empfiehlt sich zur Sichtung hinsichtlich digitaler Präsenzen auch die Befragung jener Personen, die mit dem Erblasser häufig in Kontakt standen.

Sobald der digitale Nachlass festgestellt wurde, können die einzelnen Dienste bzw Netzwerke kontaktiert und über den Todesfall benachrichtigt werden. In der Regel wird die Sterbeurkunde, oft aber auch die Einantwortungsurkunde, benötigt. Um Missbrauch zu vermeiden, prüfen die Unternehmen solche Anträge in der Regel genau, was Zeit in Anspruch nimmt.

Unklar bleibt aufgrund der AGBs der Betreiber, wie die Erben mit den digitalen Daten ab Einantwortung verfahren sollen und dürfen, wenn die Daten erst einmal gesichert sind. Dies hängt in erster Linie davon ab, welche Vorgehensweisen die Online-Dienste für den digitalen Nachlass vorsehen. Derzeit reichen die Möglichkeiten vom „Einfrieren“ des Accounts, dem Erlöschen des Accounts mit dem Erbfall oder nach längerer Inaktivität bis zum „Löschen lassen“ durch die Hinterbliebenen. Soweit sich die Daten auf einem Datenträger befinden, steht es den Erben frei, mit den Daten zu verfahren, wie sie möchten, wenn der Verstorbene nichts vorgesehen hat. Schwieriger ist es, wenn die Daten ausgelagert sind und beispielsweise in einer Cloud gespeichert sind.

Checkliste für die digitale Vorsorge

  • Welche Daten/Accounts/Online-Mitgliedschaften bestehen?
  • Wie lauten die jeweiligen Zugangsdaten?
  • Was soll mit dem jeweiligen Account/den jeweiligen Daten geschehen?
  • Wer soll sich darum kümmern?

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