12.06.2024 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1175164

Maschinensicherheit als Grundlage für einen reibungslosen Ablauf im Unternehmen

WEKA (ama)

Nur wenn Sie die Neuregelungen der Maschinenverordnung (MVO 2023) kennen, können Sie einen sicheren Umgang mit Maschinen sicherstellen.

Wer ist für die Maschinensicherheit verantwortlich?

Die Maschinensicherheit ist ein Thema, das nicht nur für Sicherheitsfachkräfte relevant ist, sondern auch für die Produktionsleitung, die Instandhaltung, und weitere technische Führungskräfte. Im Vordergrund steht dabei immer die Sicherheit der Arbeitnehmer/innen im Umgang mit der Maschine oder Anlage, um Unfälle im Unternehmen effektiv zu vermeiden. (zB aufgrund manipulierter Schutzeinrichtungen).

Doch neben den Gefährdungen für Arbeitnehmer/innen steht auch viel für das Unternehmen auf dem Spiel: Entsteht ein Sach- oder Personenschaden, kann es zu verwaltungs- und strafrechtlichen Sanktionen kommen und damit zu massiven finanziellen Belastungen für das Unternehmen, die vermeidbar sind.

Zudem können sich technische Leitungs- und Führungskräfte, die ihre Aufsichts- und Kontrollpflichten bzgl der Arbeitssicherheit vernachlässigen, persönlich haftbar machen.

Rechtliche Grundlagen im Überblick

Unterschiedliche Verordnungen und harmonisierten Normen, die im Zusammenhang mit der Maschinensicherheit stehen, gewährleisten die Sicherheit der Arbeitnehmer/innen:

  • MSV 2010 bzw MVO 2023/1230
  • ÖNORM EN ISO 12100
  • AM-VO

Die MVO 2023

Die europäische Maschinenverordnung MVO 2023/1230 ist seit 19.07.2023 in Kraft. Ab Januar 2027 wird die MSV 2010 durch diese Verordnung abgelöst. Mit dieser Verordnung werden wesentliche neue Regelungen zur digitalen Sicherheit von Maschinen und dazugehörigen Produkten (zB selbstständig in Verkehr gebrachte Sicherheitsbauteile) verbindlich für Hersteller von Maschinen vorgeschrieben. An dieser Stelle ein allgemeiner Überblick über die diesbezüglichen wesentlichen Neuerungen:

  • Die grundlegenden Anforderungen der MVO umfassen nicht nur Anforderungen an physische Bauteile, sondern auch Anforderungen an digitale Komponenten (siehe Erwägungsgrund 19 der MVO).
  • Auch eine wesentliche digitale Veränderung an Maschinen, durch die neue oder erhöhte Gefahren entstehen, ist als wesentliche Änderung zu betrachten und bewirkt ein neuerliches Inverkehrbringen, wenn neue signifikante Schutzmaßnahmen erforderlich werden (siehe Erwägungsgründe 26 und 42 der MVO).
  • Gegen Risiken in Zusammenhang mit neuen Technologien und solche, die durch böswillige Dritte hervorgerufen werden und sich auf die Sicherheit von Maschinen und dazugehörigen Produkten auswirken können, müssen Maßnahmen durch den Hersteller ergriffen werden. Die Vorschriften zur Cybersicherheit der EU (Richtlinie 2022/2555/EU, Cybersicherheitszertifizierung gem VO (EU) 2019/881) sind zusätzlich anzuwenden (siehe Erwägungsgründe 25 und 51 der MVO).
  • Gehen von Maschinen, die eine WLAN-Funktion enthalten, Risiken aus, die mit der WLAN-Funktion im Zusammenhang stehen, so sind zusätzlich die Bestimmungen der Richtlinie über Funkanlagen 2014/53/EU anzuwenden.
  • In die allgemeinen grundlegenden Sicherheitsanforderungen wurde ein neuer Punkt „Schutz gegen Korrumpierung“, Anhang III, 1.1.9.) aufgenommen, der fordert, dass Software und Daten von Maschinen entsprechend gesichert und geschützt werden müssen.
  • Generell wurden in die relevanten Abschnitte und Bestimmungen des Anhangs III (die grundlegenden Sicherheitsanforderungen) Bestimmungen zur digitalen Sicherheit aufgenommen, zB bei 1.2. „Steuerungen und Befehlseinrichtungen“.
  • In den Anhang I der MVO (Maschinenkategorien, für die aufwendigere Verfahren zur Konformitätsbewertung anzuwenden sind) wurden auch Maschinen sowie Sicherheitsbauteile mit selbst entwickelndem Verhalten unter Verwendung von Ansätzen des maschinellen Lernens aufgenommen (Anhang I, Teil A, Z 5 und 6).

Umstellung von MSV 2010 auf MVO 2023

Im Gegensatz zum Übergang von der ersten Maschinenrichtlinie 89/392 (in Österreich umgesetzt durch die MSV) auf die zweite Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (in Österreich umgesetzt durch die MSV 2010) sieht die MVO (Verordnung (EU) 2023/1230) keine Phase der möglichen gleichzeitigen Anwendung vor.

Die Richtlinie 2006/42/EG wird mit Wirkung vom 14.01.2027 aufgehoben, ab diesem Tag ist die Verordnung (EU) 2023/1230 über Maschinen (MVO 2023) anzuwenden.

EG-Baumusterprüfbescheinigungen und Zulassungen, die gem Art 12 der Richtlinie 2006/42/EG (MSV 2010) ausgestellt bzw erteilt wurden, bleiben bis zu ihrem Ablauf gültig. Die Ausstellung bzw Erteilung muss somit vor dem 14.01.2027 erfolgen.

Einzelne Bestimmungen der MVO, die jedoch europäische oder einzelstaatliche Behörden betreffen, treten bereits früher in Kraft, zB die Notifizierung von Konformitätsbewertungsstellen nach Art 26 bis 42 der MVO.

Durch die MVO gelten neue Bestimmungen für Maschinen im Vergleich zur MSV 2010. Hersteller müssen sich demnach genau informieren, welche Anforderungen sich geändert haben, um sich den neuen Standards anzupassen.

Umbau und Retrofit von Maschinen nach MVO 2023

Auch in Bezug auf Retrofit wird sich einiges durch die MVO 2023/1230 ändern. „Retrofit“ (engl.: Nachrüstung, Umbau) bezeichnet die Umrüstung von Bestandsanlagen oder -maschinen im Sinne einer Optimierung. Künftig wird der Umbau bzw das Retrofit in der Maschinenverordnung 2023/1230 behandelt. Sie beinhaltet ein Ablaufschema, das dem Umbauer hilft, ein Retrofit bzw einen Umbau gesetzeskonform durchzuführen. In Folge müssen auch die nationalen Bestimmungen zum Thema Umbau zurückgezogen werden. In Österreich sind diese Bestimmungen im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) angeführt.

Eine kostenlose Checkliste zur Durchführung eines Retrofits finden Sie hier.

Rückblick: Die MSV 2010

Am 31. Juli 2008 wurde im BGBl II 282/2008 [CELEX-Nr: 32006L0042] die MSV 2010 kundgemacht. Die MSV 2010 ist die Umsetzung der europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, veröffentlicht am 09. Juni 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union. Die MSV 2010 ist mit Ende 2009 (siehe § 22 dieser VO) in Kraft getreten und hat die alte MSV aus dem Jahr 1994 (auf europäischer Ebene die Richtlinie 98/37/EG) abgelöst. Am 21.10.2009 wurde die MRL durch die Richtlinie 2009/127/EG (ABl L 310) novelliert und vor allem um die Thematik „Maschinen zur Ausbringung von Pestiziden“ erweitert. Durch diese Richtlinie wurde auch der Umweltschutz in der MRL thematisiert. Diese Änderungsrichtlinie musste auch in Österreich bis 15. Juni 2011 umgesetzt werden.

Die MSV 2010 ist eine Inverkehrbringervorschrift nach dem Gewerberecht, richtet sich also in erster Linie an Hersteller und In-Verkehr-Bringer von Maschinen und nicht an den Käufer bzw Verwender.

ÖNORM EN ISO 12100 – Grundlagennorm der Maschinensicherheit

Die Norm legt die grundsätzliche Terminologie, Leitsätze sowie eine Methodologie fest, um sichere Maschinen konstruieren zu können. Es werden Leitsätze zur Risikobeurteilung und Risikominderung aufgestellt, mit denen Konstrukteure dabei unterstützt werden, die entsprechenden GSA der MSV 2010 zu erfüllen. Weiters werden Verfahren zur Identifizierung von Gefährdungen sowie in Folge zur Risikoeinschätzung und Risikobewertung von Maschinen sowie zur Beseitigung von Gefährdungen bzw einer hinreichenden Risikominderung beschrieben. Weiters wird ein Leitfaden für die Dokumentation und den Nachweis der Risikobeurteilung und des Risikominderungsprozesses genormt.

In der Norm findet sich eine Begriffsdefinition von 42 wesentlichen und grundlegenden Begriffen der Maschinenkonstruktion bzw Maschinensicherheit. Diese Begriffe werden auch in allen anderen (B und C) Maschinennormen in dieser Bedeutung angewendet. Es werden Begriffe wie inhärent sichere Konstruktion, Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit, vorhersehbare Fehlanwendung oder optoelektronische Schutzeinrichtung definiert.

Eine Checkliste für ein Analyseverfahren zu Risikominimierung finden Sie hier.

Die Arbeitsmittelverordnung

Die Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) ist eine Verordnung zum ASchG und regelt die Benutzung, Prüfung und Beschaffenheit von Arbeitsmitteln. Sie hat vier Abschnitte, wobei die ersten beiden Abschnitte für die Maschinensicherheit relevant sind.

Im 1. Abschnitt sind allgemeine Verpflichtungen zur Benutzung von Arbeitsmitteln geregelt. Es sind dies Bestimmungen über die Information und Unterweisung der Arbeitnehmer und allgemeine Grundsätze für die Benutzung von Arbeitsmitteln, zB Aufstellung, Funktionskontrolle, Erprobung, Wartung, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten. Weiters enthält der 1. Abschnitt die Prüfpflichten.

Der 2. Abschnitt enthält spezifische Regelungen für einzelne Arbeitsmittel bzw einzelne Gruppen von Arbeitsmitteln und gilt ergänzend zu den allgemeinen Bestimmungen des ersten Abschnitts. Es sind dies beispielsweise Regelungen für die Benutzung von Kranen, Hebebühnen, Arbeitskörben, selbstfahrenden Arbeitsmitteln und programmgesteuerten Arbeitsmitteln. Auch hier erfolgt das Zusammenspiel mit der MSV 2010 vor allem über die Betriebsanleitung des Herstellers.

CE-Kennzeichnung

Die CE-Kennzeichnung ist eine EU-weite Kennzeichnung, an der sichtbar wird, ob die EU-weiten Anforderungen an das Produkt in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz erfüllt sind. Die Kennzeichnung übernimmt der Hersteller des Produkts selbst. Dabei muss er aber darauf achten, alle EU-weiten Anforderungen auch tatsächlich zu erfüllen. Tatsächlich erfüllen Schätzungen zufolge ca 70-80 % der Maschinen, die eine CE-Kennzeichnung haben, nicht die grundlegenden Anforderungen der MSV bzw M-VO 2023. Käufer und Anwender sollten deshalb stehts eine sicherheitstechnische Abnahme durchführen, bevor sie eine Maschine in Betrieb nehmen. Worauf Sie bei der Abnahme achten sollten, erfahren Sie im Beitrag „Mangelhafte Maschinen trotz CE-Kennzeichnung".

Außerdem ist er dazu verpflichtet, eine EU-Konformitätserklärung zu verfassen und zu unterzeichnen. (Quelle: CE-Kennzeichnung – EU-Vorschriften, Erteilung des Zertifikats - Your Europe (europa.eu))

Eine kostenlose Checkliste zur CE-Kennzeichnung gem MaschinenVO finden Sie hier.

Maschinensicherheit und neue Technologien

Die Entwicklung moderner Maschinen hat in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Digitalisierung gebracht, Maschinen und Anlagen werden mit leistungsstarken Computern ausgestattet und in eine vernetzte Welt integriert. Das heißt konsequenterweise, dass es vermehrt erforderlich ist, Systeme der IT-Security mit den „klassischen“ Systemen der Sicherheit von Personen (Arbeitnehmer/innen) zu kombinieren. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass diese beiden Zugänge, Safety und Security von der grundsätzlichen Ausrichtung unterschiedliche Strategien verfolgen, aus diesem Grund ist eine Abstimmung der Systeme unbedingt erforderlich.

Sicherheitskonzepte und Sicherheitssteuerungen von Betrieben müssen, im Speziellen bei Maschinen oder ganzen Produktionslinien, konkrete Sicherheitsbedrohungen (Stichwort Cyberattacken) berücksichtigen und abwehren. Das heißt konkret, durch eine entsprechende Abwehrstrategie soll verhindert werden, dass durch gezielt herbeigeführte Fehlfunktionen bzw Fehlschaltungen der sichere Betrieb der Maschine beeinflusst wird.

Eine kostenlose Checkliste zum Thema Cyberangriffe und Maschinensicherheit finden Sie hier.

Während der Zugang der „Security“ die Sicherheit und Funktionsfähigkeit einer Maschine oder Anlage an sich zum zentralen Thema hat, ist der Zugang der „Safety“ immer die Sicherheit und der Gesundheitsschutz von Personen.

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