Dokument-ID: 1027225

Andreas Gerhartl | News | 27.05.2019

Abgeltung von Zeitausgleich im Insolvenzverfahren

Der OGH entschied vor Kurzen, dass Entgelt für nicht verbrauchte Zeitguthaben Insolvenzforderungen darstellen, wenn die betreffenden Leistungen vor Insolvenzeröffnung erbracht wurden.

Sachverhalt

Am 10. Februar 2017 wurde über das Vermögen eines als GmbH geführten Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 8. März 2017 erfolgte die Schließung des Unternehmens.

Im Zuge des Insolvenzverfahrens begehrten zwei Arbeitnehmer des Unternehmens Insolvenz-Entgelt. Diese hatten aufgrund einer Gleitzeitregelung Anspruch auf Zeitausgleich für in der Zeit vom 1. September 2016 bis 10. Februar 207 erbrachte Leistungen in Höhe von 44,75 bzw (zumindest) 50 Stunden. Das Entgelt für diesen Zeitausgleich wurde von der IEF-Service GmbH anerkannt und bezahlt. Die IEF-Service GmbH klagte den Insolvenzverwalter in Folge auf Rückzahlung dieses Betrages.

Insolvenz- oder Masseforderung?

Strittig war die Qualifikation der geltend gemachten Forderung als Insolvenz- oder Masseforderung. Die IEF-Service GmbH argumentierte, die Insolvenzeröffnung lasse ein bestehendes Zeitguthaben unberührt, sodass dieses auch noch danach verbraucht werden kann, solange das Arbeitsverhältnis aufrecht ist. Es handle sich daher um eine Masseforderung.

Der Insolvenzverwalter entgegnete, dass es sich um keine Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt handle, da die Arbeitsleistung bereits vor Insolvenzeröffnung erbracht wurde. Somit liege eine Insolvenzforderung vor.

Entscheidung des OGH

Der OGH wies die Klage ab. Er begründete dies damit, dass die Erbringung der normalen Arbeitsleistung, wenn kein Zeitausgleich konsumiert wird, keine Mehrleistung nach Insolvenzeröffnung darstellt. Das bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für nicht verbrauchte Zeitguthaben zu bezahlende Entgelt wird daher für Leistungen geschuldet, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (zusätzlich zur normalen Arbeitsleistung) erbracht wurden. Die grundsätzliche Möglichkeit, diese Überstunden auch durch Zeitausgleich abgegolten zu bekommen, ändert daran nichts. Es handelt sich daher um eine Insolvenzforderung.

Ein Widerspruch zur bisherigen Rsp wurde vom OGH verneint, da in vergangenen Fällen, jeweils die Arbeitsleistung bzw die Zahlung des vereinbarten Entgelts für Perioden nach Konkurseröffnung zu beurteilen waren (OGH 16.11.2005, 8 ObA 24/05w; 13.7.2006, 8 ObA 86/05p). Der OGH räumte zwar ein, dass die Entscheidung vom 22.10.2012, 9 ObA 50/12m, so verstanden werden könnte, dass Zeitguthaben vor der Insolvenzeröffnung, die in der Folge nicht konsumiert wurde, jedenfalls als Masseforderungen zu qualifizieren sind, stellte aber klar, dass diese Ansicht keinesfalls weiter aufrecht erhalten wird.

Da im vorliegenden Fall sämtliche Zeitguthaben aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung resultieren, wurde das Klagebegehren abgewiesen.

OGH 25.03.2019, 8 ObA 50/18h