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WEKA (mpe) | News | 19.08.2014
Nichtbeweisbarer Vorwurf der sexuellen Belästigung rechtfertigt keine Kündigung
Gelingt der ohnehin schwierige Beweis einer sexuellen Belästigung im Arbeitsverhältnis nicht, muss man dann als DienstnehmerIn die Kündigung durch den Arbeitgeber wegen der wissentlichen Erhebung unwahrer Vorwürfe fürchten?
Sachverhalt
Die Klägerin war als Autobuslenkerin in im öffentlichen Dienst in Wien tätig. Die von ihr behauptete sexuelle Belästigung durch ihren unmittelbaren Vorgesetzten ereignete sich auf der Dienststelle, nachdem sie über einen vorangegangen Busunfall Bericht erstattete. Sie zeigte ihren Vorgesetzten in der Folge nach § 7 des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes bei ihrem Dienstgeber wegen Diskriminierung durch sexuelle Belästigung an. Das durch die Beklagte eingeleitete Disziplinarverfahren wurde eingestellt, ohne Beweise für die Behauptung der sexuellen Belästigung hervorgebracht zu haben.
Die gemeinderechtliche Personalkommission kündigte schließlich der Klägerin, da sie wahrheitswidrig behauptet habe, Opfer einer sexuellen Belästigung geworden zu sein, und dadurch gegen die allgemeinen Verhaltenspflichten eines Vertragsbediensteten gemäß § 4 VBO 1995 verstoßen habe.
Die Klägerin begehrt die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses.
Kündigung gerechtfertigt?
Wurde das Klagebegehren in erster Instanz noch abgewiesen, gab das Berufungsgericht der Klägerin bzw der erhobenen Berufung Folge, mit der Begründung, dass es an der Beklagten sei, die Verwirklichung der Kündigungsgründe zu beweisen. Diese habe jedoch nur eine negative Feststellung getroffen, indem sich nicht feststellen ließe, dass der Vorfall der sexuellen Belästigung stattgefunden habe. Hätte die Klägerin durch die Behauptung einer (in der Regel schwer beweisbaren) sexuellen Belästigung einen Kündigungsgrund verwirklicht, müsste ein Dienstnehmer stets im Fall der nicht geglückten Feststellung der Anschuldigung mit dem Verlust des Kündigungsschutzes rechnen.
Der OGH hatte nun der Frage nachzugehen, ob der Kündigungsgrund gem § 45 Abs 2 Z 2 VBO 1995 auch dann verwirklicht ist, wenn die Richtigkeit der Behauptung, sexuell belästigt worden zu sein, nicht geklärt werden kann.
Dazu führt er im Urteil zunächst an, dass die Beweislast für geltend gemachte Kündigungsgründe grundsätzlich den Arbeitgeber trifft.
Darüber hinaus geht die Tendenz in der nationalen sowie europäischen Rechtsentwicklung der letzten Jahre dahin, sexuelle Belästigung im Arbeitsverhältnis zu bekämpfen und den Opfern die Durchsetzung ihrer Rechte soweit als möglich zu erleichtern.
Damit ist allerdings unvereinbar, das gerade im Falle der behaupteten sexuellen Belästigung ohnehin hohe Risiko der Nichtbeweisbarkeit einer Anschuldigung im Zusammenhang mit der Verwirklichung eines Entlassungs- oder Kündigungsgrundes uneingeschränkt der die Anschuldigung erhebenden Person zuzuweisen.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die Beweislast dafür, dass die Klägerin gegen ihren Vorgesetzten wissentlich einen unwahren Vorwurf erhoben hat, die Beklagte trifft. Dieser Beweis ist ihr allerdings zum Zeitpunkt dieser Feststellung nicht gelungen.
OGH, 26.05.2014, 8 ObA 55/13s