Dokument-ID: 306793

Judikatur | Entscheidung

2007/08/0119, VwGH; 16. Februar 2011

GZ: 2007/08/0119 | Gericht: VwGH vom 16.02.2011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, namens der W Gesellschaft mbH in G eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 20. April 2007, Zl BMSG 229668/0002-II/A/3/2005, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien:

1. K H V in Wien, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65–67,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14–16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 10. März 2003 wurde ausgesprochen, dass der Erstmitbeteiligte in seiner Tätigkeit als Chefredakteur für das Fachmagazin V „der Z GmbH (seit 09.10.1993 W GmbH)“ in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 30. September 2000 der Voll- (Kranken-, Unfall- Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer unterlegen sei.

2. Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch der W GmbH wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 30. März 2005 teilweise Folge gegeben, wobei mit Spruchpunkt A die Voll- (Kranken-, Unfall- Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht des Erstmitbeteiligten als Dienstnehmer aufgrund seiner Tätigkeit als Journalist des Fachmagazins V für die W GmbH in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 1998 und mit Spruchpunkt B die die Voll- (Kranken-, Unfall- Pensions-)Versicherungspflicht des Erstmitbeteiligten als freier Dienstnehmer aufgrund seiner Tätigkeit als Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins V für die W GmbH in der Zeit vom 1. Jänner 1999 bis einschließlich 11. August 2000 festgestellt wurde.

Gegen diese Spruchpunkte des Einspruchsbescheids erhob die „W Gesellschaft mbH z.Hd. GF N H“ Berufung an die belangte Behörde.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Erstmitbeteiligte „aufgrund seiner Tätigkeit für die Z Gesellschaft m.b.H., die mit Generalversammlungsbeschluss vom 05.07.1999 in W Gesellschaft m.b.H. umbenannt wurde, von 01.10.1998 bis 11.08.2000 der Versicherungspflicht nach § 4 Abs 4 ASVG“ unterlegen sei.

Dieser Bescheid wurde nach der Zustellverfügung der belangten Behörde an die mitbeteiligten Parteien sowie an „G H, ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten W GmbH“, zu Handen des Rechtsvertreters der Berufungswerberin, zugestellt.

4. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die belangte Behörde im Berufungsverfahren Einsicht in das Firmenbuch nahm und dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin mit Schreiben vom 10. November 2005 vorhielt, „dass die W GmbH mit Umwandlungsbeschluss gemäß § 5 UmwG vom 03.08.2005 in die W GmbH & Co Nfg. KG umgewandelt“ worden sei. Aus § 2 Abs 2 UmwG gehe hervor, dass das Vermögen der Kapitalgesellschaft einschließlich der Schulden auf den Hauptgesellschafter der Nachfolgegesellschaft übergehe. Persönlich haftender Gesellschafter der W GmbH & Co Nfg. KG sei die Z GmbH. Der Rechtsvertreter der Berufungswerberin werde ersucht, dazu Stellung zu nehmen, wer aus seiner Sicht nunmehr Berufungswerberin sei und ob er weiterhin deren Rechtsvertreter sei.

Der Rechtsvertreter der Berufungswerberin teilte mit Schreiben vom 24. November 2005 mit, „von allen drei in Rede stehenden Gesellschaften beauftragt und bevollmächtigt“ zu sein. Als Berufungswerberin sei nach wie vor die „W Gesellschaft mbH“ anzusehen, weil sie auch jene Gesellschaft sei, der die „bekämpften Bescheide“ zugestellt worden seien.

5. Nach dem im Verwaltungsakt erliegenden Firmenbuchauszug der W GmbH ergibt sich, dass die Löschung dieser Gesellschaft aufgrund eines Generalversammlungsbeschlusses vom 3. August 2005 durch Umwandlung gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft W GmbH & Co Nfg. KG am 31. August 2005 eingetragen wurde.

Auch die Beschwerde weist darauf hin, dass die „Beschwerdeführerin (…) seit 31.08.2005 im Firmenbuch gelöscht“ sei.

6. Gemäß § 5 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Umwandlung von Handelsgesellschaften (UmwG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung BGBl Nr 304/1996 (Art XIV EU GesRÄG) kann die Hauptversammlung (Generalversammlung) einer Kapitalgesellschaft die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft und zugleich die Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf die offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft beschließen.

Gemäß § 5 Abs 5 UmwG sind die §§ 2 bis 4 UmwG sinngemäß anzuwenden. Die Personengesellschaft entsteht mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Firmenbuch.

Nach § 2 Abs 2 Z 1 und Z 2 UmwG treten mit der Eintragung der Umwandlung bei der übertragenden Gesellschaft (unter anderem) folgende Rechtswirkungen ein:

„1. Das Vermögen der Kapitalgesellschaft geht einschließlich der Schulden auf den Hauptgesellschafter über. Treffen aus gegenseitigen Verträgen, die zur Zeit der Umwandlung von keiner Seite vollständig erfüllt sind, Abnahme-, Lieferungs- oder ähnliche Verpflichtungen zusammen, die miteinander unvereinbar sind oder die beide zu erfüllen eine schwere Unbilligkeit für den Hauptgesellschafter bedeuten würde, so bestimmt sich der Umfang der Verpflichtungen nach Billigkeit unter Würdigung der vertraglichen Rechte aller Beteiligten.

2. Die Kapitalgesellschaft erlischt, einer besonderen Löschung bedarf es nicht.“

Mit Eintragung der Umwandlung ist die Gesellschaft beendet. Die Durchführung eines Liquidationsverfahrens ist wegen des Vermögensübergangs im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht notwendig. Auflösung und Vollbeendigung fallen zusammen (Kalss, Kommentar zur Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung² (2010) S 1181).

7. Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass die W Gesellschaft m.b.H. mit der – am 31. August 2005 erfolgten – Eintragung der Umwandlung vollbeendigt war und ihr damit keine Rechts- und Parteifähigkeit in dem vor der belangten Behörde anhängigen Verwaltungsverfahren mehr zukam. Auch in diesem Verwaltungsverfahren trat daher die aus der Umwandlung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge hervorgegangene Rechtsnachfolgerin – die W GmbH & Co Nfg. KG – an die Stelle der W Gesellschaft m.b.H. Die belangte Behörde hätte daher auch den verfahrensabschließenden Bescheid der W GmbH & Co Nfg. KG zustellen müssen.

Der an „G H, ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten W GmbH“ adressierte angefochtene Bescheid (zur möglichen Deutung der an ein vertretungsbefugtes Organ einer juristischen Person adressierten Erledigung als gegenüber der vertretenen juristischen Person ergangen vgl etwa das hg Erkenntnis vom 22. Juni 1995, Zl 92/06/0129) ist jedoch an die gelöschte Gesellschaft und damit insoweit ins Leere gegangen (vgl – zu einer nach dem Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften (1954) erfolgten Umwandlung – schon das hg Erkenntnis vom 7. August 1992, Zl 89/14/0218).

Der ausdrückliche Hinweis in der Zustellverfügung, wonach der namentlich als Empfänger bezeichnete H „ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten“ Gesellschaft sei, steht auch der Annahme einer berichtigungsfähigen Fehlbezeichnung entgegen, zumal der belangten Behörde die während des anhängigen Berufungsverfahrens erfolgte Umwandlung bekannt war und sie – in Kenntnis der relevanten gesellschaftsrechtlichen Umstände und nach Befassung des Rechtsvertreters der Berufungswerberin – sodann ausdrücklich nicht der Rechtsnachfolgerin, sondern der inzwischen gelöschten und vollbeendigten Gesellschaft zustellen wollte.

8. Wird in einem Einparteienverfahren ein Bescheid an eine Gesellschaft gerichtet, deren Umwandlung bereits im Firmenbuch eingetragen und die damit gelöscht ist, so handelt es sich um einen „Nichtbescheid“ (vgl etwa den hg Beschluss vom 25. Juni 2002, Zl 2001/17/0215). Im Mehrparteienverfahren ist der Bescheid hingegen mit wirksamer Zustellung an eine der Parteien jedenfalls erlassen (vgl zB das Erkenntnis vom 26. Mai 1986, Slg Nr 12157/A).

Im Beschwerdefall wurde der Bescheid den mitbeteiligten Parteien wirksam zugestellt und daher offenkundig wirksam erlassen, sodass grundsätzlich auch hinsichtlich jener Partei, der dieser Bescheid noch nicht zugestellt wurde (vgl § 26 Abs 2 VwGG) ein tauglicher Anfechtungsgegenstand im Rahmen einer Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vorliegt.

Da aber der Bescheid für die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits (nach Umwandlung) gelöschte W Gesellschaft mbH keine Rechtswirkungen mehr entfalten konnte, kann dieser nicht mehr bestehenden W Gesellschaft mbH auch keine Rechts- und Parteifähigkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Beschwerde gegen diesen Bescheid zukommen.

9. Die namens des nicht rechtsfähigen Gebildes der (gelöschten und voll beendeten) W Gesellschaft mbH eingebrachte Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Ein Kostenzuspruch findet nicht statt, weil einem nicht rechtsfähigen Gebilde Kosten nicht auferlegt werden können (vgl den hg Beschluss vom 2. Juli 1992, Zl 92/07/0039).

Leitsätze