Dokument-ID: 1111590

Vorschrift

Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts

Inhaltsverzeichnis

Artikel 86m
Vorabbescheinigung

idF ABl. L 321/2019 | Datum des Inkrafttretens 01.01.2020

(1) Die Mitgliedstaaten benennen das Gericht, den Notar oder eine sonstige Behörde oder sonstige Behörden, die dafür zuständig ist/sind, die Rechtmäßigkeit von grenzüberschreitenden Umwandlungen für diejenigen Verfahrensabschnitte, für die das Recht des Wegzugsmitgliedstaats maßgebend ist, zu prüfen und eine Vorabbescheinigung auszustellen, aus der hervorgeht, dass alle einschlägigen Voraussetzungen erfüllt und alle Verfahren und Formalitäten im Wegzugsmitgliedstaat ordnungsgemäß erledigt sind (im Folgenden „zuständige Behörde“).

Diese Erledigung von Verfahren und Formalitäten kann die Befriedigung oder Sicherung von monetären oder nichtmonetären Pflichten gegenüber der öffentlichen Hand oder die Erfüllung besonderer sektoraler Anforderungen umfassen, einschließlich der Sicherung von Pflichten, die sich aus laufenden Verfahren ergeben.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gesellschaft ihrem Antrag auf Erteilung einer Vorabbescheinigung Folgendes beifügt:

  1. den Plan für die grenzüberschreitende Umwandlung;
  2. den Bericht und gegebenenfalls die als Anlage beigefügte Stellungnahme nach Artikel 86e sowie den Bericht nach Artikel 86f, sofern sie verfügbar sind;
  3. etwaige gemäß Artikel 86g Absatz 1 übermittelte Bemerkungen; und
  4. Informationen über die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nach Artikel 86h.

(3) Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass dem Antrag der Gesellschaft auf Erteilung einer Vorabbescheinigung zusätzliche Informationen beigefügt werden, wie insbesondere

  1. die Zahl der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Erstellung des Plans für die grenzüberschreitende Umwandlung;
  2. das Bestehen von Tochtergesellschaften und ihre jeweiligen geographischen Standorte;
  3. Informationen zur Befriedigung von Pflichten gegenüber der öffentlichen Hand durch die Gesellschaft.

Für die Zwecke dieses Absatzes können die zuständigen Behörden solche Informationen, wenn sie nicht von der Gesellschaft erteilt werden, von anderen einschlägigen Behörden anfordern.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Antrag nach den Absätzen 2 und 3 einschließlich Informationen und Unterlagen im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen von Titel I Kapitel II vollständig online eingereicht werden kann, ohne dass es notwendig ist, dass die Antragsteller persönlich vor der zuständigen Behörde erscheinen.

(5) In Bezug auf die Einhaltung der Regelung für die Arbeitnehmermitbestimmung in Artikel 86l prüft die zuständige Behörde des Wegzugsmitgliedstaates, ob der Plan für die grenzüberschreitende Umwandlung Angaben zu den Verfahren, nach denen die einschlägigen Regelungen getroffen werden, sowie zu den Optionen für diese Regelungen enthält.

(6) Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 prüft die zuständige Behörde Folgendes:

  1. alle Unterlagen und Informationen, die der zuständigen Behörde gemäß den Absätzen 2 und 3 übermittelt wurden;
  2. gegebenenfalls die Angabe der Gesellschaft, dass das Verfahren nach Artikel 86l Absätze 3 und 4 begonnen hat.

(7) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Prüfung nach Absatz 1 innerhalb von drei Monaten nach dem Tag des Eingangs der Unterlagen und Informationen über die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft zu der grenzüberschreitenden Umwandlung vorgenommen wird. Diese Prüfung muss, je nach Fall, zu folgendem Ergebnis führen:

  1. Wird festgestellt, dass die grenzüberschreitende Umwandlung alle einschlägigen Voraussetzungen erfüllt und dass alle erforderlichen Verfahren und Formalitäten erledigt sind, stellt die zuständige Behörde die Vorabbescheinigung aus.
  2. Wird festgestellt, dass die grenzüberschreitende Umwandlung nicht alle einschlägigen Voraussetzungen erfüllt oder dass nicht alle erforderlichen Verfahren und Formalitäten erledigt sind, stellt die zuständige Behörde die Vorabbescheinigung nicht aus und teilt der Gesellschaft die Gründe für ihre Entscheidung mit; in diesem Fall kann die zuständige Behörde der Gesellschaft die Gelegenheit einräumen, innerhalb einer angemessenen Frist die entsprechenden Bedingungen zu erfüllen oder die Verfahren und Formalitäten zu erledigen.

(8) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständige Behörde keine Vorabbescheinigung ausstellt, wenn im Einklang mit dem nationalen Recht festgestellt wird, dass eine grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken, die dazu führen oder führen sollen, sich Unionsrecht oder nationalem Recht zu entziehen oder es zu umgehen, oder zu kriminellen Zwecken vorgenommen werden soll.

(9) Hat die zuständige Behörde im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 ernste Bedenken, dass die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken, die dazu führen oder führen sollen, sich Unionsrecht oder nationalem Recht zu entziehen oder es zu umgehen, oder zu kriminellen Zwecken vorgenommen werden soll, so berücksichtigt sie relevante Tatsachen und Umstände, wie etwa — sofern relevant und nicht isoliert betrachtet — Anhaltspunkte, die die zuständige Behörde im Verlaufe der Prüfung nach Absatz 1, auch über eine Konsultation der einschlägigen Behörden, bemerkt hat. Die Prüfung für die Zwecke dieses Absatzes wird von Fall zu Fall über ein Verfahren vorgenommen, das dem nationalen Recht unterliegt.

(10) Ist es für die Zwecke der Prüfung nach den Absätzen 8 und 9 notwendig, zusätzliche Informationen zu berücksichtigen oder zusätzliche Untersuchungstätigkeiten durchzuführen, so kann der in Absatz 7 vorgesehene Zeitraum von drei Monaten um höchstens drei Monate verlängert werden.

(11) Ist es wegen der Komplexität des grenzüberschreitenden Verfahrens nicht möglich, die Prüfung innerhalb der in den Absätzen 7 und 10 vorgesehenen Fristen vorzunehmen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Antragsteller über die Gründe für eine etwaige Verzögerung vor Ablauf dieser Fristen unterrichtet wird.

(12) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständige Behörde andere relevante Behörden mit Zuständigkeiten in den verschiedenen, von der grenzüberschreitenden Umwandlung betroffenen Bereichen, einschließlich derjenigen des Zuzugsmitgliedstaats, konsultieren kann und von diesen Behörden sowie von der Gesellschaft Informationen und Unterlagen erhalten kann, die notwendig sind, um die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Umwandlung innerhalb des im nationalen Recht festgelegten Verfahrensrahmens zu prüfen. Für die Zwecke der Prüfung kann sich die zuständige Behörde eines unabhängigen Sachverständigen bedienen.