Dokument-ID: 357006

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

1.10.1.1. Konzentrationsverschmelzung

369
Bei Konzentrationsverschmelzungen mit Gewährung neuer oder bestehender Anteile an die Anteilsinhaber der übertragenden Körperschaft ist im Hinblick auf die Tatsache, dass nur Vermögen vereinigt wird, ohne dass ein Vermögenstransfer zwischen einer Körperschaft und Anteilsinhabern Platz greift, der Evidenzkontenstand der übernehmenden Körperschaft – unabhängig davon, ob bilanzmäßig ein positives oder negatives Vermögen übergeht – um den Evidenzkontenstand der übertragenden Körperschaft zu erhöhen. Im Ergebnis werden die Einlagenbeträge addiert.

370
Auch bei Schwester-Verschmelzungen, bei denen eine mögliche Anteilsgewährung unterbleibt (§ 224 Abs. 2 Z 1 AktG) sind – wie bei Konzentrationsverschmelzungen – die Evidenzkontenstände zu addieren. Bei einer mittelbaren Schwesternbeziehung (zB Verschmelzung einer Enkelkörperschaft auf die Tantenkörperschaft) sind gesellschaftsrechtliche Maßnahmen zur Vermeidung einer verschmelzungsveranlassten gesellschaftsrechtlich verbotenen Einlagenrückgewähr hinsichtlich der Einlagen- bzw. Einlagenrückzahlungstatbestände für sich zu beurteilen (siehe Rz 375).

Auch bei Importverschmelzungen ist grundsätzlich eine Addition der Evidenzkontenstände vorzunehmen, wobei eine allfällige Aufwertung des übernommenen Vermögens auf den gemeinen Wert gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 UmgrStG zu einer korrespondierenden Erhöhung der Innenfinanzierung bei der übernehmenden Körperschaft führt (bei unternehmensrechtlicher Buchwertfortführung im Zeitpunkt der Realisierung oder bei unternehmensrechtlicher Aufwertung in jenem Zeitpunkt und Ausmaß, in dem die Aufwertungsbeträge nach den Vorschriften des UGB ausgeschüttet werden können); zu einer Erhöhung des Einlagenevidenzkontenstandes um den Aufwertungsbetrag kommt es hingegen nicht. Dies gilt für ab dem 30.4.2017 unterzeichnete Verträge.

Eine allfällige Ausschüttungsfiktion gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 UmgrStG ist systematisch vorgelagert und daher von der Aufwertung unberührt.

371
Mit der Evidenzkontenstandvereinigung wird automatisch der in § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 für Gewinnteile vorgesehenen Korrektur Rechnung getragen. Bei der Zuordnung des Einlagen-Evidenzkontostandes der übertragenden Gesellschaft bei der übernehmenden Körperschaft ist wie folgt vorzugehen:

  • Bis zur Höhe einer vorgenommenen Kapitalerhöhung sind die Einlagen im „Indisponible Einlagen-Subkonto“ zu erfassen (alternativ kann das Nennkapital-Subkonto der übernehmenden Gesellschaft in dieser Höhe aufgestockt werden).
  • Soweit die gebundene Kapitalrücklage gemäß § 229 Abs. 5 UGB im Zuge der Verschmelzung erhöht wurde, sind weitere zu übernehmende Einlagenstände ebenso im "Indisponible Einlagen-Subkonto" (alternativ im Gebundene Kapitalrücklagen-Subkonto) zu erfassen.
  • Soweit eine ungebundene Kapitalrücklage im Zuge der Verschmelzung erhöht wurde, sind zu übernehmende Einlagenstände im „Disponible Einlagen-Subkonto“ (alternativ im Ungebundene Kapitalrücklagen-Subkonto) zu erfassen.
  • Ein danach verbleibender Evidenzkontenstand ist in das „Disponible Einlagen-Subkonto“ (alternativ in das Bilanzgewinn-Subkonto) aufzunehmen (auch wenn es unternehmensrechtlich bei der übernehmenden Gesellschaft keinen Bilanzgewinn, sondern einen Verlust gibt).

372
Bei der Konzentrationsverschmelzung werden somit die Einlagen-Evidenzkontenstände der ehemals getrennten Gesellschaften in Summe bei der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt.

Beispiel:

Das bilanzielle Eigenkapital der übertragenden A-GmbH beträgt zum Verschmelzungsstichtag 900 (Nennkapital 500, Kapitalrücklage 100, Bilanzgewinn 300, wobei keine Ausschüttung nach dem Verschmelzungsstichtag erfolgt). Das Einlagen-Evidenzkonto entspricht dem unternehmensrechtlichen Einlagenstand und weist daher 600 aus (Nennkapital und Kapitalrücklage). Die disponible Innenfinanzierung beträgt 300. Die zu Buchwerten (§ 202 Abs. 2 UGB) durchgeführte Verschmelzung führt bei der übernehmenden B-GmbH zu

  1. einer Kapitalerhöhung in Höhe von 100
  2. einer Kapitalerhöhung in Höhe von 700
  3. einer Kapitalerhöhung in Höhe von 1.200
  4. keiner Kapitalerhöhung (§ 224 Abs. 2 Z 1 AktG)

Zu a) Die B-GmbH muss einlagenbedingt eine Kapitalrücklage von 800 bilden. Der übernommene Evidenzkontenbetrag von 600 ist in Höhe von 100 auf das Indisponible Einlagen-Subkonto (alternativ: Nennkapital-Subkonto) zu übertragen. Die restlichen 500 stellen entweder ebenfalls indisponible Einlagen (bei Bildung einer gebundenen Kapitalrücklage) oder disponible Einlagen (bei Bildung einer ungebundenen Kapitalrücklage) dar. Da auf Kapitalrücklage ein Betrag von 800 eingestellt wird, stellen die restlichen 300 einen Gewinnteil im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 dar. Die disponible Innenfinanzierung ist bei der übernehmenden Körperschaft um 300 zu erhöhen (Addition).

Zu b) Die B-GmbH muss einlagenbedingt eine Kapitalrücklage von 200 bilden. Der übernommene Evidenzkontenbetrag von 600 ist zur Gänze auf das Indisponible Einlagen-Subkonto (alternativ: Nennkapital-Subkonto) zu übertragen. Da die Kapitalerhöhung 700 beträgt, ergibt sich in Höhe der restlichen 100 ein im Nennkapital enthaltener Gewinnteil im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988. Die disponible Innenfinanzierung ist bei der übernehmenden Körperschaft um 300 zu erhöhen (Addition).

Zu c) Die B-GmbH kann, da die Kapitalerhöhung den Buchwert des übernommenen Vermögens übersteigt, der Verkehrswert aber entsprechend hoch ist, den Unterschiedsbetrag in Höhe von 300 als Umgründungsmehrwert bzw. zusätzlich gegebenenfalls auch als Firmenwert aktivieren. Der übernommene Evidenzkontenbetrag von 600 ist zur Gänze auf das Indisponible Einlagen-Subkonto (alternativ: Nennkapital-Subkonto) zu übertragen. Da die Kapitalerhöhung 1.200 beträgt, kann in Höhe der restlichen 600 eine Einlagenrückzahlung nicht Platz greifen, im Falle einer ordentlichen Kapitalherabsetzung über 600 hinaus erhöht sich die Innenfinanzierung (siehe dazu Abschnitt 3.4.3. Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass des BMF vom 27. September 2017, BMF-010203/0309-IV/6/2017, BMF-AV Nr. 155/2017) und es liegt in diesem Ausmaß daher eine Gewinnausschüttung vor. Die disponible Innenfinanzierung ist bei der übernehmenden Körperschaft um 300 zu erhöhen (Addition).

Zu d) Die B-GmbH muss einlagenbedingt eine Kapitalrücklage von 900 bilden. Der übernommene Evidenzkontenbetrag von 600 stellt disponible Einlagen (Bildung einer ungebundenen Kapitalrücklage) dar. Da auf Kapitalrücklage ein Betrag von 900 eingestellt wird, stellen die restlichen 300 einen Gewinnteil im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 dar. Die disponible Innenfinanzierung ist bei der übernehmenden Körperschaft um 300 zu erhöhen (Addition).

Entwicklung der Evidenzkontenstände zu Variante a) bei Buchung auf eine ungebundene Kapitalrücklage:

Die A- GmbH weist in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.02 folgende Eigenkapitalstruktur und am Evidenzkonto folgenden Einlagenstand aus:

Jahresabschluss

31.12.02

Nennkapital

500

ungebundeneKapitalrücklagen

100

ungebundene Gewinnrücklagen

0

Bilanzgewinn

300

Evidenzsubkonten

31.12.02

indisponible Einlagen

500

disponible Einlagen

100

Innenfinanzierung

300

Die B-GmbH weist in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.02 (vor Verschmelzung) folgende Eigenkapitalstruktur und am Evidenzkonto folgenden Einlagenstand aus:

Jahresabschluss

31.12.02

Nennkapital

500

ungebundene Kapitalrücklagen

200

ungebundene Gewinnrücklagen

200

Bilanzgewinn

500

Evidenzsubkonten

31.12.02

indisponible Einlagen

500

disponible Einlagen

200

Innenfinanzierung

700

Das Evidenzkonto der B-GmbH zeigt folgende Entwicklung im Einlagenstand:

Evidenzsubkonten

Beginn WJ 03

Zugang

Abgang

Umbuchungen

Ende WJ 03

indisponible Einlagen

500

+100

 

 

600

disponible Einlagen

200

+500

 

 

700

Innenfinanzierung

700

+300

 

 

1.000