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Andreas Kampitsch - Michael Petritz | News | 24.01.2017

BFG zum Zeitpunkt der Nachversteuerung von ausländischen Verlusten bei Beendigung der Unternehmensgruppe

Die Gastautoren Mag. Kampitsch und MMag. Petritz erläutern eine jüngste Entscheidung des BFG zum Zeitpunkt der Nachversteuerung bei Auflösung der Gruppe, in welcher das BFG gegen die Ansicht der Finanzverwaltung entschieden hat.

Wohl entgegen der Auffassung der KStR 2013 Rz 1092 entschied das BFG (RV/6100706/2011-RS1), dass die Nachversteuerung im Jahr der Beendigung der Gruppe und nicht im letzten Jahr des aufrechten Bestehens der Gruppe zu erfolgen hat. Eine Revision an den VwGH wurde zugelassen und vom Finanzamt auch erhoben (Amtsrevision). Die endgültige Entscheidung ist daher dem VwGH überlassen.

1. Sachverhalt

Eine Unternehmensgruppe, bestehend seit dem Jahr 2005 aus dem inländischen Gruppenträger und zwei ausländischen Gruppenmitgliedern, wurde infolge der Veräußerung der Anteile an den beiden ausländischen Gruppenmitgliedern mit Notariatsakt vom 10.11.2010 beendet (eine Gruppe muss aus zumindest zwei Körperschaften bestehen). Die Verluste der ausländischen Gruppenmitglieder wurden dem österreichischen Gruppenträger zugerechnet und mussten infolge der Auflösung der Gruppe in Österreich nachversteuert werden. Strittig war der Zeitpunkt der Nachversteuerung: Hat diese im Jahr der Beendigung der Unternehmensgruppe (2010) oder im letzten Jahr des aufrechten Bestehens der Unternehmensgruppe (2009) zu erfolgen? Der Gruppenträger und Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, die Nachversteuerung hätte im Jahr 2010 zu erfolgen, während das Finanzamt in Übereinstimmung mit dem herrschenden Verständnis der KStR 2013 Rz 1092 eine Nachversteuerung im letzten Jahr des Bestehens der Unternehmensgruppe (dh 2009) vorgenommen hatte. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Gruppenträgers.

2. Rechtliche Grundlagen

§ 9 Abs 6 Z 7 KStG normiert, dass im Falle des Ausscheidens eines ausländischen Gruppenmitglieds aus einer Unternehmensgruppe im Jahr des Ausscheidens die Nachversteuerung der geltend gemachten Verluste zu erfolgen habe.

Die Finanzverwaltung vertritt in KStR 2013 Rz 1092 folgende Auffassung: „Löst sich die Gruppe aufgrund eines unterjährigen Ereignisses rückwirkend zum letzten Bilanzstichtag auf und scheidet dadurch auch ein ausländisches Gruppenmitglied aus der Gruppe aus, ist der Nachversteuerungsbetrag im letzten Wirtschaftsjahr, in dem die Gruppe noch bestanden hat, zu erfassen.“ Darauf bezog sich auch das Finanzamt im gegenständlichen Verfahren und argumentierte, dass durch den unterjährigen Verkauf im Jahr 2010 der Gruppenmitglieder die Gruppe rückwirkend mit Ablauf des Jahres 2009 beendet wurde und daher auch in diesem Zeitpunkt die ausländischen Gruppenmitglieder aus der Gruppe ausschieden. Eine Nachversteuerung hätte daher im Jahr 2009 zu erfolgen. Dies war auch die gängige Interpretation dieser Richtlinienstelle durch die Praxis.

Demgegenüber vertrat der Gruppenträger, dass die Nachversteuerung im Jahre 2010 zu erfolgen habe, weil das Jahr des Ausscheidens der ausländischen Gruppenmitglieder das Jahr 2010 wäre (infolge Beendigung der Unternehmensgruppe durch den Verkauf der Gruppenmitglieder). Eine Rückwirkung sei in einem derartigen Fall gesetzlich nicht vorgesehen.

3. Entscheidung des BFG

Das BFG folgte in RV/6100706/2011-RS1 der Ansicht des beschwerdeführenden Gruppenträgers. Die Nachversteuerung habe im Jahr 2010 zu erfolgen, da in diesem Jahr die Gruppe durch den Verkauf der ausländischen Gruppenmitglieder beendet worden sei. Eine Rückwirkung sei im Ertragsteuerrecht nur ausnahmsweise dort möglich, wo dies gesetzlich vorgesehen sei (etwa im Umgründungssteuerrecht). Da eine solche Rückwirkung im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen war, entschied das BFG im Sinne des Gruppenträgers. Es versteht die Aussagen in KStR 2013 Rz 1092 dahingehend (und wohl anders als von der Finanzverwaltung intendiert), dass nur für den Fall eines steuerlich wirksamen rückwirkenden Ereignisses (zB in das vergangene Jahr rückwirkende Umgründung), das rückwirkend die Gruppe beendet, die Nachversteuerung im vergangenen Jahr zu erfolgen habe. Die Revision an den VwGH wurde zugelassen und von der Finanzverwaltung auch erhoben. Eine endgültige Klärung wird daher erst durch den VwGH erfolgen.

Autoren

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz, LL.M. ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M. ist als Berufsanwärter bei der KPMG Alpen-Treuhand GmbH in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Konzernsteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning und die Besteuerung von Kapitalvermögen.