Dokument-ID: 712260

WEKA (wed) | News | 28.11.2014

Die Begrenzung der zwischengeschalteten GmbH

Wird zur Geschäftsführung einer GmbH eine andere GmbH zwischengeschaltet und vermutet die Finanzbehörde ein Scheingeschäft zur Umgehung lohnabhängiger Abgaben, so hat sie sich hiermit in ihrem Berufungsvorbringen auseinanderzusetzen.

Geschäftszahl

VwGH 4.9.2014, 2011/15/0149-6

Norm

§§ 22, 23 BAO

Leitsatz

Quintessenz:

Wird mit der Geschäftsführung einer GmbH eine andere GmbH beauftragt und führt der Geschäftsführer der zweiten GmbH die Geschäfte der ersten, so besteht eine Rechtsbeziehung zur Gesellschaft, bei der er angestellt ist und von der er in seiner Funktion gestellt wurde. Vermutet die Finanzbehörde, dass die Zwischenschaltung erfolgte, um die anfallenden lohnabhängigen Abgaben zu umgehen, hat sie sich in ihrem Berufungsvorbringen damit auseinanderzusetzen.

VwGH: Grundsätzlich ist es zulässig, dass der Geschäftsführer einer GmbH nicht mit der GmbH selbst den Anstellungsvertrag abschließt, sondern eine GmbH selbst gründet, die dann den Anstellungsvertrag eingeht und ihn als Geschäftsführer in die andere GmbH entsendet. Die gesellschaftsrechtliche Bestellung einer natürlichen Person zum Geschäftsführer ist von deren dienstrechtlicher Anstellung zu unterscheiden. Kommt es zu Anstellung eines Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft bei einer anderen Kapitalgesellschaft, steht er in einer Rechtsbeziehung zu jener Gesellschaft, deren Geschäfte er führt. Daneben steht er in einer Rechtsbeziehung zur Gesellschaft, bei der er angestellt ist und von der er in seiner Gesellschaftsführerfunktion verliehen worden ist. Wichtig ist in diesem Kontext der Begriff der Drittanstellung. Der Vorteil der Drittanstellung besteht darin, dass sie steuerlich um Einiges günstiger ist, da die Geschäftsführer-GmbH die Bezüge kassiert und diese steuergünstig thesaurieren kann. Ist die Drittanstellung eines Geschäftsführers seriös gemeint und wird sie auch dementsprechend vollzogen, können dem Geschäftsführer die Bezüge seitens der ihn beschäftigenden Gesellschaft sowie der verleihenden Gesellschaft zugerechnet werden, die ihr für die Zurverfügungstellung des Geschäftsführers zukommen. Weil die steuerliche Betrachtung die Separation zwischen Gesellschafts- und Geschäftsführersphäre erfordert, gilt das auch in dem Fall, wenn der Geschäftsführer alleiniger Gesellschafter der gestellenden Kapitalgesellschaft ist. Dies gilt nicht, wenn die Zwischenschaltung nur deshalb erfolgte, um die sonst anfallenden lohnabhängigen Abgaben zu umgehen.

Der VwGH stellte im vorliegenden Fall fest, dass die Festlegung von entsendbaren Personen in Consulting- und Managementverträgen sowie die Unmöglichkeit einer Gestellung aufgrund der Personalstruktur einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft zwar Indizien für das Vorliegen einer missbräuchlichen Gestaltung im Sinnes des § 22 BAO bzw eines Scheingeschäfts im Sinne des § 23 BAO darstelle, jedoch nicht die belangte Behörde von ihrer Verpflichtung enthöben, sich mit dem Berufungsvorbringen auseinander zu setzen, wonach außersteuerliche Gründe für die Zwischenschaltung der Kapitalgesellschaft ausschlaggebend gewesen seien.

Wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde der angefochtene Bescheid betreffend Haftung des Arbeitgebers gemäß § 82 EStG 1988, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag aufgehoben.

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