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WEKA (api) | News | 18.04.2017

Trifft die Vorstände einer Privatstiftung von Todes wegen die Handelndenhaftung nach § 7 Abs 2 PSG?

Wurde eine Privatstiftung zwar bereits errichtet, aber ist sie durch Firmenbucheintragung noch nicht entstanden, haften die Handelnden für Handlungen im Namen der Stiftung zur ungeteilten Hand. Sind Stiftungsvorstände als Handelnde anzusehen?

Geschäftszahl

OGH 26. Jänner 2017, 3 Ob 247/16v

Norm

§ 7 Abs 2 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Wurde eine Privatstiftung zwar bereits errichtet, aber ist sie durch die Firmenbucheintragung noch nicht entstanden, dann haften die Handelnden für Handlungen im Namen der Stiftung zur ungeteilten Hand. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 2 Abs 1 GmbHG sind die Stiftungsvorstände als Handelnde anzusehen. Voraussetzung ist ein Handeln im Namen der Stiftung, wobei es keine Rolle spielt, ob sich die Stiftungsvorstände durch einen bevollmächtigten Vertreter bei den Handlungen vertreten lassen.

OGH: In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde eine Privatstiftung durch das Kodizill einer Frau gegründet, die die Beklagten sowie einen Rechtsanwalt als Stiftungsvorstände einsetzte. Nach ihrem Tod gaben sowohl die klagende Tochter als auch die Mitglieder des Stiftungsvorstandes im Namen der Stiftung Erbantrittserklärungen jeweils bezogen auf den gesamten Nachlass ab, was zu einem Erbrechtsstreit geführt hat. Die Privatstiftung in Gründung wurde während des Verfahrens aufgrund einer durch die restlichen Stiftungsvorstände erteilten Vollmacht durch den Rechtsanwalt vertreten, der die Handlungen immer im Namen der Stiftung setzte.

Bei einer Privatstiftung handelt es sich um einen Rechtsträger, der von dem Stiftungsvorstand vertreten und verwalten wird und dessen Zweck und Organisation grundsätzlich vom Stifter bestimmt wird. Die Errichtung erfolgt gem § 7 Abs 1 PSG durch eine Stiftungserklärung und entsteht letztendlich mit der Eintragung in das Firmenbuch. Eine Privatstiftung von Todes wegen wird im Gegensatz dazu durch eine letztwillige Stiftungserklärung errichtet. Durch die Errichtung und Vermögenswidmung wird das Vermögen verselbstständigt und eigentümerlos und wird folglich nach dem Ermessen des Stiftungsvorstandes und nach dem Zweck der Stiftung verwendet.

Vor der Eintragung in Firmenbuch wird die Privatstiftung durch die berufenen Organe vertreten und kann als „Vorstiftung“ bereits wirksam Verträge abschließen. Die Privatstiftung von Todes wegen ist dabei als Rechtsträger eigener Art anzusehen, auf den soweit wie möglich die Bestimmungen des PSG anzuwenden sind. Bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 148/15f hat der OGH festgehalten, dass die Vertretungsbefugnis des Stiftungsvorstands in Hinsicht auf eine Vorstiftung gerichtliche und außergerichtliche Vertretungen sowie außergewöhnliche und gewöhnliche Handlungen umfasst.

Im Stadium der Vorstiftung, also vor der erfolgten Eintragung ins Firmenbuch, haften gem § 7 Abs 2 PSG die Handelnden für Handlungen im Namen der Privatstiftung zur ungeteilten Hand. Da diese Bestimmung den § 34 Abs 1 AktG und § 2 Abs 1 GmbHG nachempfunden wurde, kann die Rechtsprechung des OGHs zu § 2 Abs 1 GmbHG, der zufolge der Begriff „Handelnder“ auf den Geschäftsführer der Vorgesellschaft zu beschränken ist, auch auf die Privatstiftung umgelegt werden, sodass die in § 7 Abs 2 PSG genannten „Handelnden“ nur die Stiftungsvorstände sein können.

Voraussetzung für die Haftung als Handelnde nach § 7 Abs 2 PSG ist ein tatsächliches Handeln im Namen der Privatstiftung oder der Vorstiftung. In besagten Fall ist dies erfüllt, da die Beklagten gemeinsam mit dem Rechtsanwalt als Stiftungsvorstände die Erbantrittserklärung abgaben und diesem danach die Vollmacht erteilten, im restlichen Verfahren für die Stiftung zu handeln. Diese Handlungen waren auch Teil der ihnen als Vorstände erteilten Vertretungsbefugnis.

Da die Vorstiftung Rechts- und Parteifähigkeit besitzt, kann sie am Rechtsverkehr teilnehmen, also Rechtsgeschäfte abschließen oder gerichtliche bzw verwaltungsbehördliche Verfahren einleiten und an diesen teilnehmen. Als Konsequenz daraus ist die Handelndenhaftung auch auf die Folgen eines gerichtlichen Verfahrens, an der die Stiftung als Partei involviert war, auszudehnen. Die Einwände der Beklagten, dass eine Handelndenhaftung eine Privatstiftung von Todes wegen nicht durchführbar machen, lehnte der OGH mit der Begründung ab, dass die Erbantrittserklärung, die zu dem Verfahren geführt hatte, nicht notwendig war, da für die Gründung und Schaffung einer wirtschaftlichen Existenz die Verfolgung der Legatsansprüche ausgereicht hätte. Darüber hinaus gehört das Tragen der Prozesskosten zum normalen Risiko einer Prozessführung und gilt allgemein für die Anspruchsverfolgung vor Gericht. Daher gäbe es auch keinen Grund, die Organe einer Privatstiftung von Todes wegen von diesem Risiko auszunehmen.

Die Handelndenhaftung der Beklagten Stiftungsvorstände für die Folgen des Erbrechtsstreits wurde somit zu Recht bejaht, vor allem, weil man auch dann als Handelnder anzusehen ist, wenn man sich als Geschäftsführer oder Stiftungsvorstand durch einen bevollmächtigten Vertreter vertreten lässt.

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