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WEKA (mwo) | News | 08.07.2015

Vermögensübertragung bei Verschmelzung nach § 234 Abs 1 AktG

Die Verschmelzung GmbH mit AG ist als Gesamtrechtsnachfolge zu betrachten. Es wird ein Anspruch auf Vermögensübertragung begründet, nicht jedoch auf Anteilsübereignung, weshalb kein Grunderwerbsteuertatbestand nach § 1 Abs 3 GrEStG erfüllt ist.

Geschäftszahl

VwGH 16.12.2014, 2013/16/0188

Norm

§§ 225a Abs 3 Z 2, 234 Abs 1 AktG; §§ 1 Abs 1 Z 1, 1 Abs 3 Z 2 GrEStG

Leitsatz

Quintessenz:

Die Verschmelzung einer GmbH mit einer AG gemäß § 234 Abs 1 AktG stellt einen Fall der Gesamtrechtsnachfolge dar, weswegen das Vermögen der übertragenden Gesellschaft als Ganzes auf die übernehmende Gesellschaft übertragen wird. Insofern wird ein Anspruch auf Übertragung des Vermögens begründet, nicht jedoch ein Anspruch auf Anteilsübereignung, der einen Grunderwerbsteuertatbestand nach § 1 Abs 3 GrEStG erfüllen würde.

VwGH: § 234 Abs 1 AktG normiert die Verschmelzung einer GmbH auf eine AG durch Übertragung des Gesellschaftsvermögens auf die Aktiengesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bei gleichzeitiger Gewährung von Aktien der übernehmenden AG.

Im vorliegenden Fall stand im Vermögen der übertragenden GmbH ein Superädifikat, weswegen die belangte Behörde der beschwerdeführenden AG für den Verschmelzungsvorgang bescheidmäßig eine Grunderwerbsteuer festschrieb.

Bei der Bekämpfung dieses Bescheides behauptete die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Rechts auf Unterlassung der Vorschreibung von Grunderwerbsteuer für eine von der Verschmelzung getrennte Anteilsvereinigung.

Die belangte Behörde nahm nämlich an, dass neben dem – unbestrittenerweise erfüllten – Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG auch eine Anteilsvereinigung (ohne vorausgehendes schuldrechtliches Rechtsgeschäft) vorliege, die den Tatbestand des § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG erfülle.

Der VwGH hält dieser Auffassung der belangten Behörde entgegen, dass im Zuge einer Verschmelzung nach § 234 Abs 1 AktG nicht alle Anteile der übertragenden Gesellschaft, sondern das ganze Vermögen der Gesellschaft an die übernehmende Gesellschaft übertragen werde (vgl das hg Erkenntnis vom 4. November 1994, 94/16/0177).

Insofern wurde beim zugrundeliegenden Verschmelzungsvorgang kein Anspruch auf Anteilsübereignung begründet, der in weiterer Folge die Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs 3 GrEStG nach sich gezogen hätte.

Die belangte Behörde vertrat mitunter auch die Ansicht, dass das Treuhandverhältnis zwischen der Y-AG, die vor der Verschmelzung zu 2 % an der übertragenden GmbH beteiligt war, und der Beschwerdeführerin bereits vor der Verschmelzung aufgelöst worden sei, da die Y-AG nicht zu einer Anteilseignerin der übernehmenden AG geworden ist.

In diesem Zusammenhang weist der VwGH darauf hin, dass eine Vereinbarung über die Auflösung der Treuhandschaft, die eine Vereinigung der Anteile an der GmbH bei der Beschwerdeführerin zur Folge hätte, nicht aus dem Verschmelzungsvertrag abzuleiten sei. Die im Verschmelzungsvertrag enthaltene Passage, wonach die Beschwerdeführerin sämtliche Anteile der übertragenden Gesellschaft iSd § 224 Abs 1 und 4 AktG besitze, sei lediglich als klarstellende Formulierung des Ist-Zustandes, nicht hingegen als Vereinbarung anzusehen (vgl dazu die hg Erkenntnisse vom 28. September 1998,98/16/0221, und vom 27. Mai 1999, 98/16/0304 bis 0307, VWSlg 7.410/F, in denen eigenständige Vereinbarungen bejaht wurden).

Der VwGH stellt letztlich klar, dass durch Erlöschen der übertragenden GmbH (mit Eintragung der Verschmelzung bei der übernehmenden Gesellschaft) iSd § 225a Abs 3 Z 2 AktG die Anteile an ihr untergegangen seien. Dies kann der Ansicht der belangten Behörde, wonach die Y-AG vor der Verschmelzung ohne schuldrechtliche Vereinbarung ihre Anteile an der übertragenden GmbH übertragen habe, entgegengehalten werden.

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